Rechtlich denkbar

Kantine und Maskenfreiheit nur für Geimpfte

Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Wenn Betriebsärzte jetzt die Covid-19-Impfungen vornehmen, gibt es rechtlich einiges zu beachten. Interessant am Rande: Arbeitgeber dürfen Geimpften mehr Rechte einräumen.
Nur in Ausnahmefällen dürfen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter verpflichten, sich impfen zu lassen, umgekehrt dürfen sie sehr wohl die Geimpften belohnen.
Nur in Ausnahmefällen dürfen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter verpflichten, sich impfen zu lassen, umgekehrt dürfen sie sehr wohl die Geimpften belohnen.
Foto: Marc Bruxelle - shutterstock.com

Nahezu zeitgleich mit dem Beginn der Impfungen durch Betriebsärzte sind auch die gesetzlichen Vorgaben zur Impfpriorisierung aufgehoben worden. Geimpft wird, wer möchte - sofern denn ausreichend Impfstoff vorhanden ist. In Betrieben, in denen ein Betriebsrat vorhanden ist, muss dieser in den Ablauf der betrieblichen Impfkampagne einbezogen werden. Er hat ein Mitbestimmungsrecht, da es hier um Fragen des betrieblichen Gesundheitsschutzes geht (Paragraf 87 Absaz 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz).

Natürlich müssen Unternehmen datenschutzrechtliche Fragen ernst nehmen und mit den besonders sensiblen Gesundheitsdaten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sorgsam umgehen. Auch gilt es zu klären, wer die die Impfung formal anbietet. Es kann der Betriebsarzt selbst sein, der die Aufklärung übernimmt, die Impflinge einteilt und die Impfung nebst Dokumentation durchführt und damit formaler Partner im Behandlungsvertrag mit dem Arbeitnehmer ist. Es kann aber auch das Unternehmen sein, was der Fall ist, wenn der Arzt oder das Ärzteteam eng in die Organisation eingebunden ist. Wenn letzteres der Fall ist, kann bei etwaigen Impffolgeschäden nicht nur der Betriebsarzt, sondern auch das Unternehmen in Anspruch genommen werden, wie das Bundesarbeitsgericht anlässlich Grippeimpfungen bereits entschieden hat (BAG, Urt. v. 21.12.2017, 8 AZR 853/16).

Impfen ist ein Angebot, keine Pflicht

"Eine Pflicht der Arbeitnehmer, sich impfen zu lassen, besteht derzeit nicht", sagt Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei FHM Rechtsanwälte sowie Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg. Dies gelte solange, wie es keine gesetzliche Impfpflicht gebe. "Der Gesetzgeber ist aber frei, eine gesetzliche Impfpflicht einzuführen. Das Infektionsschutzgesetz lässt eine solche Möglichkeit ausdrücklich zu", sagt der Arbeitsrechtler und verweist auf eine ältere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 14. 7. 1959 - BVerwG I C 170/56) zur rechtlichen Zulässigkeit einer Impfpflicht gegen Pocken.

Michael Fuhlrott, Professor für Arbeitsrecht: "Sollte es eine gesetzliche Impfpflicht geben, werden Arbeitgeber deren Befolgung natürlich von ihren Arbeitnehmern verlangen dürfen."
Michael Fuhlrott, Professor für Arbeitsrecht: "Sollte es eine gesetzliche Impfpflicht geben, werden Arbeitgeber deren Befolgung natürlich von ihren Arbeitnehmern verlangen dürfen."
Foto: Hochschule Fresenius

Denkbar wäre auch die Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht für Beschäftigte in bestimmten Berufen, etwa im Gesundheitswesen oder in der Altenpflege. Solche berufsspezifische Bestimmungen wären nichts Neues, das zeige die erst 2020 eingeführte Pflicht zur Impfung von Schülern und Lehrern gegen Masern, so Fuhlrott. "Sollte es einmal eine gesetzliche Impfpflicht geben, dürfen Arbeitgeber deren Befolgung von ihren Arbeitnehmern verlangen", so der Arbeitsrechtsanwalt. Derzeit wird eine solche Pflicht in der Politik aber nicht diskutiert. Ob sich das ändern wird, wenn ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht und die Impfquote nicht ausreichend hoch ist, dürfte abzuwarten bleiben.

Impfunwillige können nicht gekündigt werden

Wer sich nicht impfen lassen will, muss deshalb nicht mit einer Kündigung rechnen. Solange Impfen keine Pflicht ist, die im Wege des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts angeordnet werden kann, kann das Nicht-Impfen keine Pflichtverletzung sein. Nur in besonderen Beschäftigungsverhältnissen könnte es Ausnahmen geben, meint Fuhlrott: "Lassen sich Beschäftigte in einem Altenpflegeheim nicht impfen und stellen damit eine ernste Gefahr für die Bewohner dar, oder verlangen die Heimbewohner, sich nur von Geimpften pflegen zu lassen, kann eine Kündigung wegen Wegfalls der persönlichen Eignung des Arbeitnehmers in Betracht kommen." Das sei aber auf Ausnahmefälle beschränkt, da der Arbeitgeber zunächst alles tun müsse, um eine alternative Einsatzmöglichkeit zu finden, so der Arbeitsrechtler.

Belohnungen und mehr Freiheiten erlaubt

Eine Incentivierung der geimpften Arbeitnehmer darf jederzeit erfolgen. Da es sich hierbei um eine Frage des betrieblichen Gesundheitsschutzes handelt und Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber allen Mitarbeitern haben, darf ein Unternehmen "Belohnungen" für seine Impfungen anbieten. Dabei hat er einen großen Spielraum: "Das kann ein Tag Extraurlaub sein oder auch ein finanzieller Anreiz", so Fuhlrott. Auch mehr Freiheiten für geimpfte Arbeitnehmer seien im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zum Arbeitsschutz möglich - wie etwa ein Zutrittsrecht zur Kantine für geimpfte Beschäftigte oder perspektivisch auch eine Befreiung von der Maskenpflicht.

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