Strategien


Tektonische Verschiebungen in der Arbeitswelt

Industrie 4.0 - Fertigung fusioniert mit IT

23.08.2013
Von Walter Simon

Die kommende Industrierevolution - Gewinner und Verlierer

Der Begriff "vierte industrielle Revolution" klingt zunächst einmal ziemlich radikal. Vielleicht sollte man den Buchstaben R streichen, so dass Evolution übrig bleibt. Bestimmte Entwicklungen könnten sich aber als Folge des Mooreschen Beschleunigungsgesetzes und der kurzen Halbwertszeit von Wissen sprunghaft vollziehen. Auch Lean Management war zunächst ein schwaches Signal im Business-Äther, wurde jedoch schnell stärker und gehört heute längst zum Industriealltag.

Die Erwartungen an das neue Industriezeitalter sind hoch. Experten träumen von Produktivitätszuwächsen von bis zu 30 Prozent. Produktivitätsfortschritt im Kontext von Industrie 4.0 bedeutet aber gleichzeitig, menschliche durch maschinelle Arbeit zu ersetzen. Das impliziert einen weiteren Rückgang des prozentualen Anteils der in der Industrie beschäftigten Menschen. Von 1991 bis 2007 fiel dieser Anteil in Deutschland von 29 auf 20 Prozent und wird bis 2020 Schätzungen zufolge nochmals um fünf Prozentpunkte sinken - ohne Berücksichtigung der aus der Industrie 4.0 resultierenden Zusatzeffekte. Nach einer allgemein akzeptierten volkswirtschaftlichen Faustregel steigt die Arbeitslosigkeit um ein Prozent pro drei Prozent gewachsene Wirtschaftsleistung. Gleichwohl wird der Anteil wissensbasierter Tätigkeiten in der Industrie zunehmen, in Forschung und Entwicklung (F&E), Konstruktion, Marketing, Personal- und Rechnungswesen.

Die Folgen: Tektonische Verschiebungen in der Arbeitswelt

Fast gleichzeitig mit dem Beginn der Diskussion um das Industrie-4.0-Szenario gaben zwei renommierte Arbeitsmarktforscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT), Andrew McAfee und Erik Brynjolfsson, ihre Untersuchungsresultate zum Zusammenhang von Digitalisierung und Arbeitsplatzabbau bekannt. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die digitale Revolution mehr Jobs vernichten werde, als sie neue schaffen könne. Die Ökonomen warnten vor tektonischen Verschiebungen in der Arbeitswelt.

Natürlich wissen die MIT-Forscher, dass die digitale Revolution wie alle großen Produktivwellen auch neue Arbeitsplätze schafft. Aber was passiert, wenn sich auch die neu geschaffene Arbeit größtenteils informatisiert und automatisiert verrichten lässt? Viele IT-basierte Tätigkeiten basieren im Endeffekt auf Algorithmen. Je nach dem Grad ihrer Strukturierung können solche Jobs auch von einer Maschine verrichtet werden. Die Liste der Tätigkeiten, in denen Maschinen besser sind als Menschen, wird immer länger. Der Kampf Mensch gegen Technik könnte zugunsten der Technik entschieden werden.

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