Strategien


Digitalisierung und Innovation

Innovations-Management bei der Porsche Holding

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.

Die Basis für Innovationen

Um nachhaltig innovativ zu sein, nennen Immitzer und Trischak drei Voraussetzungen:

  1. Die eigene IT-Wertschöpfung muss hoch sein (klappt nicht wirklich in Outsourcing-Strukturen)

  2. Die IT braucht eine modulare agileagile Architektur und Organisation (klappt nicht mit einer 2-Speed-IT) Alles zu Agile auf CIO.de

  3. Die IT-Governance muss disruptive Themen steuern können, um über einen gemanagten "Ideen-Funnel" schnell zu lernen, welche Ideen funktionieren und welche nicht (klappt nicht mit herkömmlichen IT Governance-Strukturen)

1. IT-Wertschöpfung

Zu 1: Selbermachen sei besser als einkaufen, meint Immitzer. Die Porsche Informatik hat nie auf OutsourcingOutsourcinggesetzt. "Woanders machen hunderte Mitarbeiter nichts anderes als Architektur, Requirement-Management und Providersteuerung", unkt Immitzer. "Hier programmieren fast alle selbst. Und wir gestalten den gesamten Stack: Vom Geschäftsmodell runter bis zum Code - darin liegt die wahre Kraft unseres Systems." Die Informatik der Porsche Holding habe gar kein klassisches Supplier-Management. Das sei auch gut so, denn: "DigitalisierungDigitalisierung ist kein Massen-, sondern ein Boutique-Geschäft", meint Trischak: "Das war bei Musik so, das ist bei Reisen so, und das wird bei Autos auch so sein." Alles zu Digitalisierung auf CIO.de Alles zu Outsourcing auf CIO.de

Wer also digitalisieren will, tue gut daran, IT nicht an Dienstleister auszulagern, nur weil sie das Massengeschäft besser beherrschen. "Aus meiner Telekom-Vergangenheit kann ich sagen: Das Auto wird auch zu einem Bestandteil einer digitalen Servicekette", sagt Immitzer. Und um diese Servicekette sinnvoll zu erweitern, brauche es eben Services, die die anderen Auto-Anbieter nicht oder erst später haben.

Mit Standard-Paketen von IT-Dienstleistern lässt sich das schwerlich erreichen, zumal sich der Automarkt gerade dramatisch ändert: "Unsere IT-Services waren früher händlerzentriert", sagt Trischak: "Jetzt wird unser Feld zunehmend auch ein Endkundenmarkt." Das sei ein klarer Trend in der ganzen Automobilbrache, nicht nur bei der Porsche Holding Salzburg.

2. Architektur und Organisation

Zu 2: Wenn der Endkunde nun schon Boutique-mäßig umworben werden soll, dann geht das am besten mit einer agilen Entwicklung. "Die letzten 15 Jahren waren ERP-geprägt", sagt Immitzer - da möge Entwicklung ja noch mit dem Wasserfall-Ansatz gegangen sein. Aber in einer "Data Driven Economy" sei dieser Ansatz und alle seine Weiterentwicklungen (wie zum Beispiel "Waterfall-Scrum") viel zu langsam. Immitzer und Trischak streben ein Leben in Co-Creation und ohne Pflichtenhefte an: "Wir wollen den Kunden in den Mittelpunkt stellen, wie bei nativen digitalen Plattformen. Der Schlüssel ist, so schnell wie möglich beim Kunden zu sein, um sein kontinuierliches Feedback für die Weiterentwicklung zu nutzen."

Konzernschaufenster der Porsche Holding mit Hauptsitz in Salzburg.
Konzernschaufenster der Porsche Holding mit Hauptsitz in Salzburg.
Foto: Porsche Holding

Ein paar Mal ist das schon geglückt: Über die "Service App" der Porsche Informatik übernimmt das "connected Carconnected Car" die Servicevereinbarung, -abwicklung und -bezahlung mit der Werkstatt - die Kunden brauchen lediglich via App vom Wohnzimmer aus vorgeschlagene Termine bestätigen oder zusätzliche Mängelbehebungen freigeben. Bei "connected" Neuwagen ist die Voraussetzung dazu gegeben. "Die nächsten sieben Jahre werden wir aber noch mehr als 50 Prozent ältere Fahrzeuge auf den Straßen haben", sagt Trischak. Für diese Fälle hat die Porsche Holding die "DiBox" vorgesehen, ein Nachrüst-Set für die OBD-Schnittstelle (On-Board-Diagnose). "Eine App zu bauen ist dabei das Einfachste", sagt Immitzer: "Die Abbildung des gesamten transaktionalen Prozesses und die Einbindung der entsprechenden Altsysteme ist der eigentliche Kunstgriff." Alles zu Connected Car auf CIO.de

Sollten Entwickler dabei bi-modal arbeiten - also nach dem Gartner-Modell der zwei Geschwindigkeiten? Immitzer verneint. Ähnlich wie der BMW-CIO hält er eine Splittung der IT-Teams für kontraproduktiv. Wenn überhaupt, dann sei das Schlagwort bi-modal nur im Innovationsmanagement sinnvoll, wo sich die Projekte tatsächlich in zwei Schubladen sortieren lassen:

  • Transformationsprojekte: "Da muss ich kein neues Modell ansetzen", sagt Trischak, "da passiert alles in planbaren Schritten." Wenn die Porsche Informatik etwa beim Online-Sales einen Online-Bonitätscheck-Check baut: "Da weiß ich, was hinten rauskommen soll, und da kann ich auch einen Business-Case rechnen", sagt Trischak.

  • Disruptive Projekte: "Da weiß ich noch nicht, was hinten rauskommen soll", sagt der CDO. Beispiel Connected Car - Nachrüstset: "Da sei noch völlig unklar, welche Breite an Anwendungen - jenseits von Flottenmanagement und fahrverhaltensabhängigen Versicherungsangeboten - das künftige Ökosystem an Connected Car-Anwendungen haben wird.", sagt Immitzer.

3. IT-Governance

Zu 3: Innovation braucht die richtige Governance. Die Porsche Holding hat dafür einen "Ideentrichter" gebaut, bei dem am Ende nur wenige, und zwar die richtigen Innovationen herauströpfeln. 30 Prozent des gesamten Innovationsprozesses darf dieser Trichter kosten. Das ist relativ viel, gemessen an der Tatsache, dass dann nur noch 70 Prozent für die Weiterentwicklung der wirklich guten Ideen bleiben. Immitzer und Trischak halten das trotzdem für den richtigen Ansatz, denn am Anfang stehen bei der Porsche Holding jede Menge guter und diversifizierter Ideengeber. Diese systematisch abzugreifen, erfordere halt den entsprechenden Aufwand.

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