Wie funktioniert das eigentlich?

IT ist wie ein Biotop

Letzteres weiß Roeltgen spätestens seit der Einführung einer Portfolio-Management-Software für das Privatkundengeschäft: „Die hätte uns fast gekillt“, sagt der Leiter der 18-Mann-IT-Abteilung in Luxemburg. Die Präsentation des namhaften Anbieters war überzeugend. Doch dann stellte sich heraus, dass das Tool „miserabel entwickelt“ und der „Support schlecht“ ist, kommentiert Roeltgen. Nach Krisensitzungen, zurückgehaltenen Zahlungen und vielem Hin und Her gab es nach zwei Jahren zäher Entwicklungsarbeit schließlich eine Version für die 25 Kundenberater, die daraufhin jeden Morgen 20 bis 30 Minuten auf ihre Kundendaten warten mussten, da das System das Netzwerk fast lahm legte. Heute läuft das Programm. Von einem Folgevertrag sah man jedoch zunächst ab. Und Roeltgens Hoffnung, dass aus diesem Prototyp eine konzernweite Lösung werden könnte, schien in weiter Ferne zu sein. Doch vor wenigen Tagen verkaufte der damalige Anbieter seine Software. „Das könnte die Situation schlagartig ändern“, so Roeltgen.

Während der Krise hielt der CEO der Luxemburger Bank mit 240 Mitarbeitern immer an Roeltgen fest. Der Grund: Mit Problemen geht Roeltgen offen um, er verschickt sogar regelmäßig Newsletter, in denen er etwa Softwareproblemen auf den Grund geht und den Mitarbeitern erläutert, warum es dafür keine Lösung gibt.

Damit schlägt Roeltgen einen offensiven Weg ein, den andere IT-Manager in leitenden Funktionen noch nicht wagen. Zu verbreitet ist besonders im Nicht-IT-Management die Meinung, Fehler dürfe es nicht geben. Ein Leser kam regelrecht in Gewissensprobleme, als er Roeltgens Buch in der Hand hielt. „Das kann ich meinem Chef nicht zum Lesen geben“, so der IT-Manager, „für ihn ist die IT perfekt beherrschbar – und in dem Glauben will ich ihn lieber lassen“.

Das ändert nichts an einem Problem, das in Roeltgens Buch einen hohen Stellenwert genießt – schlecht entwickelte Software. Warum, fragt Roeltgen, gibt es für Software eigentlich keine neutralen Qualitäts-Checks – etwa ähnlich den klinischen Studien von neuen Medikamenten in der Pharmaindustrie? Da werden Programme auf die Unternehmen losgelassen, die wirklich nicht frei von Risiken und Nebenwirkungen seien. Solche provokative Thesen mag Roeltgen. Mit 23 Jahren Erfahrung als IT-Mann für BankenBanken, davon 18 Jahre als CIO, kann ihm kaum noch jemand was vormachen. Top-Firmen der Branche Banken

Zur Startseite