Strategien


CIO Herbert Lohninger

IT-Komplettsanierung an der Uni Salzburg

Jens Dose ist Editor in Chief von CIO. Seine Kernthemen drehen sich rund um CIOs, ihre IT-Strategien und Digitalisierungsprojekte.
Der IT-Chef der Salzburger Universität setzt auf zentrales Projektmanagement, Kanban-Teams und viel Kommunikation.
Herbert Lohninger, CIO der Paris London Universität Salzburg, treibt die technische und organisatorische Transformation der Hochschule voran.
Herbert Lohninger, CIO der Paris London Universität Salzburg, treibt die technische und organisatorische Transformation der Hochschule voran.
Foto: Paris London Universität Salzburg

CIO Herbert LohningerHerbert Lohninger will die Paris London Universität Salzburg (PLUS) digitalisieren. Die Herausforderungen: klassische IT-Strukturen hauptsächlich on-premises, heterogene IT-Landschaften und viele Medienbrüche zwischen den Systemen. Zudem hat die Hochschule mit ihrer Verwaltung, Forschung und Lehre sowie mit den Studierenden sehr unterschiedliche Nutzergruppen. Profil von Herbert Lohninger im CIO-Netzwerk

Vor diesem Hintergrund will der IT-Chef zum einen die IT-Systeme konsolidieren und auf den neuesten Stand bringen. Zum anderen sollen Digitalisierungsprojekte koordiniert und Prozesse überarbeitet werden.

Reorganisation der IT

Als erstes überarbeitete das Team um Lohninger das Organigramm der IT und besetzte offene Stellen, die für die Transformation notwendig waren. Der IT-Manager rief ein ProjektmanagementProjektmanagement Office (PMO) ins Leben, das als Stabsstelle direkt bei ihm angesiedelt ist. Dort laufen alle Digitalisierungsprojekte zusammen - auch solche, die von anderen Organisationseinheiten geleitet werden. "Das PMO stellt sicher, dass alle Initiativen mit denselben Methoden arbeiten, überwacht ihren Fortschritt und pflegt einen übergreifenden Plan aller IT- und Digitalisierungsthemen der Universität," erklärt Lohninger. Alles zu Projektmanagement auf CIO.de

Eine weitere Aufgabe besteht darin, einheitliche Werkzeuge bereitzustellen und die Mitarbeiter außerhalb der IT "mitzunehmen". Dazu baute der CIO gemeinsam mit dem Dekan der Naturwissenschaftlichen Fakultät eine "Taskforce DigitalisierungDigitalisierung" auf. Darin kommen Kollegeninnen und Kollegen aus Verwaltung, Forschung und Lehre zusammen, die Berührungspunkte mit Digitalisierung haben. Sie sammeln und gruppieren Themen aus den Organisationseinheiten, aus denen sich die Digitalisierungsprojekte ab 2022 ableiten, die wiederum durch das PMO betreut werden. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

IT-Modernisierung und Cloud Computing

Daneben befasst sich Lohninger mit reinen IT-Themen wie technologische Verbesserungen und der Cloud-TransformationCloud-Transformation: "Wir haben schon ein paar Cloud-Services aus der Vergangenheit im Einsatz, gehen das Thema nun aber mehr strategisch an und bewerten bei allen Systemen, ob sie sich eignen. Manchmal ergeben auch hybride oder On-premises-Lösungen mehr Sinn," so der CIO. Das Ziel ist, Standardlösungen zu nutzen und sie durch Eigenentwicklungen zu ergänzen, wenn es nichts Passendes im Markt gibt. Alles zu Cloud Computing auf CIO.de

Systeme für Personal, Controlling, Rechnungswesen und SAP-Workflows lassen sich laut Lohninger einfach zukaufen. Die IT sei dort lediglich für die Schnittstellen verantwortlich. Die Raumverwaltung der Universität oder spezielle Tools für anonyme Wahlen in den Hochschulgremien müssten dagegen selbst entwickelt werden. Für zukünftige Projekte will der CIO eine neue Development-Strategie erarbeiten. Er prüft unter anderem Low- und No-Code-Konzepte, damit die kleinen Entwickler-Teams schneller Ergebnisse liefern können.

Einheitliche Arbeitsplätze

Eines der Hauptprojekte für 2022 ist der "Digital PLUS Place". Dabei soll ein neuer, einheitlicher Lern- und Arbeitsplatz für Mitarbeiter, Lehrende und Studenten ohne Medienbrüche entstehen. Die bisher getrennten Plattformen will der CIO in einer einzigen zusammenführen. Hier denkt er in Richtung Microsoft 365. Allerdings müssen dazu die IT-Sicherheit und der DatenschutzDatenschutz gewährleistet sein. Alles zu Datenschutz auf CIO.de

Lohninger nutzt die Initiative auch als Ausgangspunkt, um das RechenzentrumRechenzentrum zu erneuern. Hier unternimmt die PLUS erste Gehversuche in der Public Cloud, will aber zuerst eine stabile Basis schaffen. Der Schritt zum mobilen Arbeiten zuhause während der Pandemie habe gezeigt, dass die Uni die nötige Flexibilität bereitstellen kann und auch die Produktivität nicht leide. Alles zu Rechenzentrum auf CIO.de

Mittelfristig will der CIO das Fachwissen der Organisationseinheiten und das Technik-Know-how der IT zusammenbringen. Mit der Verwaltung und der Wissenschaft sollen alle relevanten Kompetenzen eingebunden und gemeinsame Projekte umgesetzt werden. Auch die größte Interessensgruppe der Studenten wird über Interessensvertretungen beteiligt.

Prozesse digitalisieren

Bei all diesen Initiativen denkt Lohninger von den Prozessen her: "Wir haben im Moment halb-digitale Prozesse mit Word-Formularen und dergleichen, aber die Abläufe an sich sind noch aus der analogen Welt." Also überprüft das Team um den CIO etwa die Verwaltungsprozesse darauf, wie viele Schritte nötig sind und wie aufwändig ein Durchlauf des Prozesses ist: "Durch Digitalisierung wollen wir Schritte reduzieren, um am Ende mehr Geschwindigkeit bei weniger Aufwand und Kosten zu erhalten." Wo es keinen Vorteil bringt, Schritte zu reduzieren, bleibt der Prozess wie er ist.

Kann etwas verbessert werden, kommuniziert der CIO intern, welche digitalen Prozesse und Workflows welche Schritte reduzieren würden. Anschließend übernimmt der Projektleiter aus dem PMO die nötigen Schritte. Daraus ergeben sich die kommenden Digitalprojekte der PLUS.

Kanban und Change

Die IT-Abteilung hat sich für diese Aufgabe selbst modernisiert und arbeitet seit 2021 auch mit der Kanban-Methode. "Alles, was weder Beschaffung noch Support ist und länger als vier Stunden dauert, ist automatisch ein Kanban-Ticket," berichtet Lohninger.

Die Abteilung hält einmal die Woche ein halbstündiges Kanban-Meeting für die ganze IT ab. Das nutzt der CIO, um teamübergreifend sichtbar zu machen, was neben Support-Themen an Arbeit zu erledigen ist: Welche Projekte laufen, wer arbeitet woran, welches Team braucht Ressourcen, wer leitet ein Projekt und wer arbeitet zu? Das verbessere die teamübergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit.

Das Team um Lohninger hat das Kanban-Regelwerk für die gesamte IT definiert und die Mitarbeiter in einem virtuellen Team organisiert. Aus jedem organisatorischen Team gibt es einen Kanban-Beauftragten. Diese treffen sich einmal im Quartal, um Verbesserungsvorschläge an dem Framework zu diskutieren.

Analog zu den virtuellen Kanban-Teams soll es auch ein "Culture Team" geben, das gerade formiert wird. Es soll den kulturellen Change intern begleiten, der mit den Digitalisierungsprojekten und der zunehmenden Geschwindigkeit einhergeht. Dabei ist Lohninger wichtig, dass neben Change-affinen Mitarbeitern auch Kritiker Teil des Teams sind. "Wir wollen, dass niemand mit den Veränderungen überfordert ist. Das Culture Team hilft uns, schnell auf Probleme zu reagieren und sie zu lösen." Führungskräfte hat dieses Team nicht, tauscht sich aber regelmäßig mit dem Management aus.

Mitarbeiter abholen

Das Kanban-Board hilft dem CIO zu erkennen, was sich in der IT vereinfachen lässt. Er sieht auf einen Blick, wo gerade viel Arbeit anfällt und ob eventuell Projekte oder Ressourcen verschoben werden können, um notwendige Kapazitäten freizubekommen. "Das klappt sehr gut. Niemand schaufelt Arbeit in das nächste Silo, sondern alle ziehen an einem Strang" kommentiert Lohninger.

Dazu brauchte es Überzeugungsarbeit: "Am Anfang befürchteten einige Kollegen, dass die Arbeit mit Kanban-Tickets eine Bürokratiewelle auslösen würde," erinnert sich der CIO. Daraufhin habe er den Kritikern versprochen, dass es keinerlei Mehraufwand durch die neue Methode geben werde. Das habe er gehalten. In den Verbesserungsmeetings kamen bald keine Themen mehr auf.

Lohninger geht dabei schrittweise vor: "Wir haben uns gemeinsam überlegt, was wir von Kanban wollen, dann haben wir uns die Methodik erarbeitet und dann erst kam das Tooling." Um zu zeigen, dass die Entscheidung bottom-up getroffen wurde, hat nicht der CIO die Ergebnisse der Belegschaft präsentiert, sondern Mitglieder des virtuellen Kanban-Teams.

Zudem arbeiten die Mitarbeiter selbst an der Verbesserung. Das virtuelle Kanban-Team sammelt Feedback, organisierte aber auch den Start. Während einer zweimonatigen Testphase wurde regelmäßig geprüft, wo es Probleme gab und Verbesserungen direkt umgesetzt. Lohninger: "So mussten wir beispielsweise die Verantwortungen klarer definieren: Im Kanban-Tool ist nun sichtbar, wer im Lead ist und welche Mitarbeiter in welchen virtuellen Teams arbeiten."

Technologie nutzbar machen

"Unsere Reise besteht zur einen Hälfte aus Technologie und zur anderen daraus, die Menschen mitzunehmen," sagt Lohninger. Um neue Technologien in die Bereiche außerhalb der IT zu tragen, setzt der CIO auf IT-Koordinatoren in den Organisationseinheiten. Sie sollen als Multiplikatoren fungieren. In zukünftigen regelmäßigen Treffen besprechen sie mit dem IT-Leiter Themen aus dem Business und liefern Feedback und Verbesserungsvorschläge aus dem täglichen Betrieb.

Für Lehrende gibt es Tutoren, die sie in den neuen Technologien schulen. Sie sind in der Abteilung "Lehrinfrastruktur und Studienangebote" an der Hochschule angesiedelt, die auch die digitale Lernplattform verantwortet. Um die Lehrerschaft beim Einsatz und Wechsel auf die neuen Technologien zu begleiten, führten sie gemeinsam mit der IT Stand-up-Meetings und Feedbackschleifen ein.

Als "Blueprint" für die technische Modernisierung der Universität wurde ein Gebäude komplett mit neuer Hörsaal-Technologie ausgestattet. Die Professorinnen und Professoren konnten ihr Feedback in das Design einfließen lassen. So wurden die Touchscreens etwa möglichst einfach und die Bedienung selbsterklärend gehalten. Zudem lag der Fokus auf hybridem Lernen. Der Hörsaal bietet Möglichkeiten zum Online-Streaming, unterstützt Distance Learning und digitale Formate.

Ein weiteres Beispiel ist die Neugestaltung der Webseite der PLUS. Auch dafür holte Lohninger die Nutzer an Bord. Er will ihr Feedback transparent darstellen, um den Service jenseits von Bug-Fixes und Support weiter zu verbessern. User können Verbesserungsvorschläge in ein Tool namens "Roadmap" eingeben und darüber abstimmen. "Wir wollen einen transparenten und demokratischen Ansatz, um den Service ständig zu verbessern", so der CIO. Die Nutzer sehen direkt, was vorgeschlagen, diskutiert und umgesetzt wird.

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