Produktpiraterie

IT-Schutz vor Plagiaten liegt brach

CIOs könnten Unternehmensprodukte durch IT besser gegen Nachbauten absichern. Das ergab eine Untersuchung der TU München.

Die Manager von Siemens und Thyssen Krupp staunten nicht schlecht, als China Anfang dieses Jahres eine eigene Magnetschwebebahn vorstellte. Ministerpräsident Edmund Stoiber sagte, das rieche nach Technologieklau. Neben diesem spektakulären Fall gehen andere Produktpiraterien unter. So beziffert der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) den jährlichen Schaden für deutsche Maschinenbauer durch Plagiate auf rund 4,5 Milliarden Euro. In einer Umfrage des VDMA gaben zwei Drittel der Befragten an, von Nachbauten betroffen zu sein. Auf bis zu fünf Prozent vom Umsatz beläuft sich der Schaden bei einem knappen Drittel aller befragten Firmen. Eine Wende scheint in weiter Ferne.

Der juristische Weg dauert zu lang, und politischer Druck wirkt zu spät. Viele Unternehmen sind sich allerdings der Gefahren nicht bewusst. Erst wenn sie eine Maschine als Kopie auf einer Ausstellung oder im Internet finden, steigt der Leidensdruck schlagartig. „Doch meist gehen sie konventionell gegen Nachbauten vor. Sie klappern auf Messen die Stände nach Plagiaten ab“, sagt Manfred Broy, Professor für Software und Systems Engineering an der Technischen Universität München (TUM). „Das macht wenig Sinn.“

Broy ist einer der fünf Autoren der Studie, die erstmals Ansätze gegen Produktpiraterie untersucht hat. Der vom Bundesministerium für Forschung und Bildung geförderte Bericht „Handlungsspielräume der produzierenden IndustrieIndustrie gegen Produktpiraterie“ wurde von der TUM und dem Forschungszentrum Karlsruhe erstellt. Dabei untersuchten die Autoren insbesondere, welchen Beitrag die IT dabei leisten kann. Top-Firmen der Branche Industrie

Unternehmen hinken hinterher

Zu den untersuchten Bereichen gegen den Nachbau gehörte unter anderem die gesamte Lieferkette. Firmen sollten sie verbessern, beschleunigen und lückenlos überwachen, um die Daten über den ganzen Prozess abzusichern. Zudem können sich Unternehmen besser schützen, indem sie mechanische und elektronische Teile in eine Black-Box untrennbar integrieren. Guten Schutz bieten auch Verfahren, bei denen sich Bauteile durch IT gegenseitig identifizieren. Erkennen die Bausteine einander, läuft die Maschine optimal. Andernfalls bringen sie nur verminderte Leistung oder laufen gar nicht. Weitere Möglickeiten sind: RFID-Chips auf Bauteilen, Authentifizierungssysteme für Beteiligte und Tracking-und-Tracing-Verfahren, um Maschinen zu verfolgen. „Es gibt viel mehr technische Möglichkeiten, als wir dachten“, resümiert Broy. „Allerdings haben Unternehmen bisher nur wenige umgesetzt.“

Dass es schon ausreichend Sicherheitstechniken gibt, dem stimmt CIO Michael Kranz vom Abfüll- und Verpackungsmaschinenhersteller Krones aus Neutraubling bei Regensburg zu. „Das Problem ist aber, dass sie erst einmal in neuen Anwendungsfeldern getestet und eingesetzt werden müssen.“ Daran hapert es aber noch. So hält es Kranz zwar für eine clevere Idee, wenn sich Bauteile gegenseitig erkennen. „Darüber haben wir nachgedacht. Aber die Kunden müssen erst von dem damit einhergehenden Qualitätsgewinn überzeugt werden“, sagt der CIO. Denn Kunden fürchten eine zu große Abhängigkeit, wenn sie alles nur von einem Lieferanten kaufen. Zwar kann der Kunde komplexe Maschinen wie Abfüllanlagen meist nur aus einer Hand anschaffen. Um aber nicht zu sehr am Haken des Lieferanten zu hängen und um Geld zu sparen, kaufen sie Ersatzteile und Services oft bei anderen Unternehmen ein.

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