Trump setzt China unter Druck

Kapitalflucht aus dem Reich der Mitte

21.12.2016
Fast ein Jahr ist es her, dass China zuletzt die weltweiten Finanzmärkte ins Schlingern brachte. Jetzt könnte ein Deja-vu drohen.

Immer mehr Chinesen schaffen Geld aus dem Land und ausländische Investoren ziehen sich zurück, denn neben den chronischen Problemen der chinesischen Wirtschaft setzen nun auch ungünstige Vorzeichen zur künftigen US-Präsidentschaft Donald Trumps Peking unter Druck. Die Renditen auf chinesische Staatspapiere steigen, an den Börsen herrscht schlechte Stimmung und die Landeswährung Yuan (Renminbi) ist unter Druck - Experten warnen vor einer Abwärtsspirale. Peking steuert mit drastischen Mitteln gegen.

Obwohl noch nicht im Amt, sorgt der zukünftige US-Präsident Trum schon jetzt für Turbulenzen an den Finanzmärkten.
Obwohl noch nicht im Amt, sorgt der zukünftige US-Präsident Trum schon jetzt für Turbulenzen an den Finanzmärkten.
Foto: Joseph Sohm - shutterstock.com

Der künftige US-Präsident Trump sorgt in Peking schon jetzt für Wirbel. Denn um die Aussichten auf das künftige Verhältnis zum wichtigsten Handelspartner USA steht es nicht gut. Trump stellte Taiwan als Teil Chinas infrage, setzte im Streit um eine durch Peking konfiszierte US-Unterwasserdrohne auf Konfrontation und will den amerikanischen Markt abschotten. Chinas Vize-Finanzminister Zhu Guangyao warnt bereits vor einem Handelskrieg zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten der Welt.

Zu allem Überfluss ist seit Trumps Wahlsieg der Dollar im Höhenflug, weil Anleger mit höheren Staatsausgaben, geringeren Steuern, weniger Regulierung und dadurch einer zumindest kurzfristig brummenden US-Konjunktur rechnen. Das sorgt für eine Kapitalflucht aus dem Reich der Mitte, weil die Geldanlage in den USA vergleichsweise attraktiver wird. Bereits im dritten Quartal 2016 hatten Unternehmen und Privatpersonen unterm Strich mehr als 200 Milliarden Dollar aus China abgezogen. Jetzt steigt der Druck zusätzlich.

Inzwischen ist der Yuan so schwach wie seit acht Jahren nicht mehr. Davon profitiert zwar Chinas Exportindustrie, weil deren Produkte im Ausland erschwinglicher werden. Aber eine zu schnelle, drastische Abwertung könnte zu einer gefährlichen Abwärtsspirale führen, die die Finanzmärkte weltweit ins Schlingern bringen könnte. Fast ein Jahr ist es her, dass China zuletzt für einen Crash gesorgt hatte. Die Kurse an den Börsen rauschten in de Keller. Anleger - darunter viele chinesische Kleinsparer - verloren einen großen Teil ihres Geldes und Unternehmen gerieten in Schieflage.

Enorme Überkapazitäten der chinesischen Industrie, riesige Schuldenberge der Unternehmen, die Gefahr einer Überhitzung am Immobilienmarkt und eine Verlangsamung des Wachstums machen Anleger misstrauisch. In diesem Umfeld können schon kleine Auslöser wie etwa schlechte monatliche Stimmungsdaten zur Industrie oder eine Yuan-Abschwächung die Kurse zum Absturz bringen.

Der chinesische Staat bekam am Mittwoch bereits die Folgen der Kapitalflucht zu spüren. Auf dreijährige Schuldpapiere musste er so viel Rendite bezahlen wie zuletzt vor über eineinhalb Jahren. Kurz zuvor hatte China schnell noch das angepeilte Anleihevolumen fast halbiert, um ein noch schlechteres Ergebnis zu verhindern. Denn dass der Zeitpunkt ungünstig ist, war klar. Die Rendite auf zehnjährige chinesische Staatspapiere ist diesen Monat um fast einen halben Prozent gestiegen, so stark wie zuletzt im Vorkrisenjahr 2007. "Die anhaltende Yuan-Schwäche verstärkt den Geldabfluss und könnte so für den Anleihemarkt einen Teufelskreislauf in Gang setzen", sagt Eugen Keller, Experte beim Bankhaus Metzler.

Zuletzt verstärkte die Furcht vor einem Zahlungsausfall eines chinesischen Wertpapierhandelsunternehmens den Druck noch zusätzlich. Zwar konnten Pekings Behörden eine Pleite jetzt verhindern. Aber der Fall zeigt laut Beobachtern, wie fragil der Markt ist. Seit der US-Präsidentschaftswahl setzt die Kapitalflucht auch die chinesischen Börsen unter Druck - jüngsten Bemühungen Pekings zum Trotz, ausländischen Geldgebern den Zugang zum heimischen Aktienmarkt zu erleichtern.

Die chinesische Führung tut deshalb alles, um möglichst viel Geld im Land zu halten. Ganz im Widerspruch zu den Vorwürfen Trumps, die Chinesen würden ihre Währung durch Manipulationen künstlich schwächen, um die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Exportunternehmen zu stärken, verkauft Chinas Notenbank jede Menge Dollar, um eine zu schnelle Abwertung des Yuan zu verhindern. Seit Mitte 2014 schmilzt der über lange Zeit gehortete chinesische Devisenberg fast kontinuierlich ab, inzwischen um fast eine Billion auf eine immer noch kaum vorstellbare Summe von drei Billionen (3000 Milliarden) Dollar.

Um die Lage am heimischen Finanzmarkt zu beruhigen, hat Chinas Notenbank außerdem zuletzt Milliardenbeträge in Form von Krediten in den Finanzsektor gepumpt. Und nach Jahren der Liberalisierung setzt Peking wieder verstärkt auf Kapitalverkehrskontrollen. Seit diesem Monat wollen Chinas Behörden Auslandsüberweisungen ab einer Höhe von 5 Millionen Dollar genauer unter die Lupe nehmen. "Seit Anfang Dezember müssen Firmen fürchten, ihre Dividenden nicht mehr ins Ausland überweisen zu können", sagt Lutz Karpowitz, Experte bei der Commerzbank. Das Problem: Kurzfristig könne dadurch zwar die Kapitalflucht gebremst werden, so der Ökonom. Langfristig würden aber Investoren abgeschreckt. Das könnte die Kapitalflucht sogar noch beschleunigen. (dpa/ad)

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