Dual Career in der Praxis

Karriere? Nicht ohne meinen Partner!

04.10.2011
Von Winfried Gertz

Dual Career in der Praxis

Aufklärung tut Not, nicht zuletzt um Dual Career kein dubioses Image zu verpassen. Jeder Bewerber müsse sich denselben Anforderungen stellen, sagt Infineon-Manager Memmel. Positionen würden nur besetzt, wenn sie auch vakant sind. "Wir schaffen keine Stellen, um Leute unterzubringen", räumt Memmel jeglichen Zweifel vom Tisch. Fakt ist: IT-Experten werden händeringend gesucht - nicht nur im Münchner Raum, auch in der IT-Hochburg Karlsruhe. Obwohl dort viele Positionen nicht besetzt werden können, allein 50 Stellen für Softwareentwickler beim Web-Dienstleister 1&1, fristet das Thema ein Schattendasein.

"Wir haben letztes Jahr einen Produkt-Manager eingestellt und seine Gattin im Support untergebracht", sagt 1&1-Sprecher Michael d’Aguiar. Das sei aber eine Ausnahme. Spreche ein Kandidat das Thema Dual Career an, könne man zwar das Bewerbungsverfahren verkürzen und Partner zügig zum Gespräch einladen. "Um jeden Preis engagieren wir uns aber nicht." Auch unter den rund 60 IT-Firmen vor Ort, die sich im sogenannten "Cyber Forum" zusammengeschlossen haben, ist kaum jemand bereit, interessanten Kandidaten zu sagen: "Wir wollen nicht nur Dich, wir wollen auch, dass Dein Partner im Karlsruher Raum seine Karriere fortsetzen kann und Du Dich mit Deiner Familie wohlfühlst."

Vor dem Problem verschließt Cyber-Forum-Chef David Hermanns nicht die Augen. "Dual Career wird auch für uns wichtig. So können wir vielleicht viel mehr herausragende Leute in die Region locken." Freilich fehlen den überwiegend kleinen und mittleren Firmen die nötigen Mittel, um sich stärker zu engagieren. Denn eines ist den Akteuren klar: Im Arbeitsmarkt verschieben sich die Gewichte. Zusehends sind Unternehmen mit hochqualifizierten Kandidaten konfrontiert, die akademisch gebildete Partner haben. Auch sie stellen Forderungen und denken nicht daran, ihre eigene Karriere zu unterbrechen.

Ein Trend, der sich auch bei der Allianz in München bemerkbar macht. Christina Franz, die sich neben ihrer Aufgabe als Risk Managerin auch um das Dual-Career-Thema kümmert, kann vor Blauäugigkeit nur warnen: "Wenn Partner und Familien sich nicht wohlfühlen, ist das Projekt zum Scheitern verurteilt und es drohen hohe Folgekosten." Ausgaben für Besichtigungsreisen, Umzug und Headhunter summieren sich auf eine sechsstellige Höhe und sind im Nu verbrannt, wenn der frisch angeheuerte Mitarbeiter wieder abspringt. Dagegen fällt die Dienstleistung, wie sie etwa Beraterin Burth für "Spouse Management" in Rechnung stellt, mit einigen Tausend Euro vergleichsweise bescheiden aus.

Doch nicht nur Unternehmen reizen die Möglichkeiten, umworbenen Kräften eine echte "Work-Life-Balance" zu bieten, zu wenig aus. Auch Kandidaten, zumindest im deutschen Arbeitsmarkt, wissen oftmals nicht, welchen Trumpf sie möglicherweise mit Dual Career ausspielen könnten. Headhunter Breiski zufolge fordern viele begehrte Fach- und Führungskräfte nicht selbstbewusst ein, dass auch ihren Partnern Chancen zur Fortsetzung der Karriere eröffnet werden. Breiski: "Ich vermute, dies ist häufig der entscheidende Grund, warum sie die angebotene Position nicht annehmen." (Computerwoche)

Winfried Gertz ist freier Journalist in München

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