Umstrittener Investor

Karstadt steckt in der Krise fest

11.07.2014
Eine glücklose Managerin und ein umstrittener Investor: Für die Warenhauskette Karstadt geht es mehr als 130 Jahre nach der Gründung mal wieder ums Ganze. Vier Jahre nach dem Ende der spektakulären Insolvenz ist die Zukunft ungewiss.

Karstadt zwischen Hoffen und Bangen: Vier Jahre nach seinem Einstieg bei der Essener Warenhauskette steht der einst als Retter gefeierte Investor Nicolas Berggruen vor einem Scherbenhaufen. Der plötzliche Abgang der erst vor knapp fünf Monaten angetretenen Karstadt-Chefin Eva-Lotta Sjöstedt hat offensichtlich gemacht, wie prekär die Lage des Traditionsuntenehmens nach wie vor ist. Die 17 000 Mitarbeiter bangen um ihre Zukunft.

Während das Unternehmen auf alle Anfragen mit beharrlichem Schweigen reagiert, machen Spekulationen die Runde. Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung vom Freitag soll Karstadt-Eigentümer Berggruen bereits über einen Verkauf an die österreichische Investorengruppe Signa verhandeln. Die Signa-Gruppe des Tiroler Unternehmers René Benko soll früheren Medienberichten zufolge eine Option haben, die Mehrheit an den 83 regulären Karstadt-Warenhäusern zum symbolischen Preis von einem Euro zu übernehmen.

Doch Fachleute wie der Handelsexperte Thomas Roeb sind skeptisch: "Die Übernahme von Karstadt macht für Benko nur dann Sinn, wenn er daran glaubt, dass Karstadt sich sehr schnell grundlegend sanieren lässt, wofür aber im Moment wenig spricht", sagt er.

Fest steht: Die Sanierungsbemühungen der vergangenen Jahre sind zum großen Teil verpufft. "Die Häuser, die wir saniert haben, funktionieren nicht besser als die Häuser, die wir nicht saniert haben", gestand Berggruen selbst schon vor einigen Monaten. Doch stand nach Einschätzung vieler Branchenkenner ohnehin nicht annähernd genug Geld für eine erfolgreiche Neuausrichtung zur Verfügung. Der Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein schätzt, dass in den 83 Warenhäusern des Konzerns inzwischen ein Investitionsstau von mindestens 1,5 Milliarden Euro entstanden ist.

"Berggruen hätte wahrscheinlich sein gesamtes Vermögen investieren müssen, um Karstadt fit zu machen für das Internetzeitalter. Was er im Übrigen ja immer noch tun könnte nach Vorbild der US-Warenhauskonzerne, wenn er es wirklich ernst meinen würde", meint er. Schließlich gehe es darum, in den Geschäften ein überzeugendes Einkaufserlebnis zu bieten und gleichzeitig mit zukunftsfähigen Systemen stationären HandelHandel und Online-Geschäft wirkungsvoll zu verknüpfen. Top-Firmen der Branche Handel

Dass Warenhäuser auch heute noch in Deutschland erfolgreich agieren können, wenn genug investiert wird und das Management stimmt, zeigt der Rivale Kaufhof. Während Karstadt rote Zahlen schreibt, gelingt es der Metro-Tochter, sich erfolgreich auf dem hartumkämpften Markt zu behaupten. Doch Kaufhof-Mutterkonzern Metro steht nicht als Retter für den kriselnden Rivalen bereit. "Karstadt ist für uns überhaupt kein Thema", betonte Metro-Chef Olaf Koch.

Dabei galt eine Fusion von Kaufhof und Karstadt zu einer Deutschen Warenhaus AG noch vor einigen Jahren unter vielen Handelsexperten als naheliegende Antwort auf die Probleme der Vertriebsschiene, der Konkurrenten wie H&M und Zara, aber auch der boomende Online-Handel zu schaffen machen.

Umso schwerer wiegt der überraschende Abgang an der Karstadt-Spitze. "Bei Karstadt fehlt jetzt der erfahrene Manager, den man meines Erachtens bräuchte, um die anstehenden Sanierungsanstrengungen nicht nur durchzuziehen, sondern auch der Öffentlichkeit gegenüber plausibel zu machen", meint Roeb. Einen Nachfolger außerhalb des Konzerns zu finden, dürfte nach dem lautem Abgang Sjöstedts allerdings schwer sein.

Schon wird spekuliert, dass Aufsichtsratschef Stephan Fanderl im Chefsessel Platz nehmen könnte. Anders als Sjöstedt, die offensichtlich auf eine "sanfte Sanierung" setzte, hat Fanderl allerdings bereits in der Vergangenheit, deutlich gemacht, dass er auch zu schmerzhaften Einschnitten bereit wäre. Schon zum Jahresanfang verlangte er in einem Interview: Alle Filialen müssten auf den Prüfstand gestellt und schmerzhafte Konsequenzen bis hin zur Schließung dürften nicht ausgeschlossen werden. (dpa/rs)

Zur Startseite