Produktivitätskiller Meeting

Keine Zeit verschwenden

Reppesgaard studierte in Hannover und arbeitete danach als Reporter und Moderator bei Hörfunk von Radio Bremen zu innen- und jugendpolitischen Themen und in den Bereichen Technologie und Wissenschaft. Seit dem Jahr 2000 lebt er in Hamburg, seit 2001 arbeitet er mit Christoph Lixenfeld im druckreif Redaktionsbüro zusammen.

Bitter für Change-Manager: Die Zahl der Besprechungen nimmt durch neue Organisationsstrukturen mit flachen Hierarchien und einem Mehr an Team- und Projektarbeit eher noch zu. Immerhin: Besserung ist in Sicht. "In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie diesen, wo alles auf Effizienz getrimmt wird, muss sich die Meeting-Kultur anpassen", betont Studienautor Alexander Schell von Schell Marketing Consulting.

Nicht kapitulieren

Bei BMW werden die Teilnehmer mittlerweile sehr gezielt eingeladen - getreu dem Motto "Weniger ist mehr". Eine feststehende Agenda und Entscheidungsvorlagen sollen die Treffen produktiver machen, konkrete Vereinbarungen zu den nächsten Schritten beschlossen werden. TUI Infotec bietet Führungskräften und Mitarbeitern im Rahmen von Seminaren Hilfe in Sachen Zeitmanagement. Auch der Mobile-Entertainment-Anbieter Handy.de hat aus etlichen Chaos-Meetings gelernt. Vorschläge werden heute auf einem Formblatt eingereicht und beim freitäglichen "Ideen-Meeting" der Geschäftsführung präsentiert. Angenommene Anträge finden sich mit einer Prioritätennummer im Produktionsplan wieder.Dass Meetings form- und damit auch folgenlos bleiben, ist so fast ausgeschlossen.

Diskutiert wurde das Thema Meeting-Kultur auch beim eingangs erwähnten Wehrtechnikhersteller - allerdings "nicht konstruktiv", wie der CIO bedauert. Dabei hätte er eine Reihe guter Ratschläge, um Meetings konstruktiver zu gestalten. So rät er anderen Führungskräften, sich zur Vorbereitung über Inhalte und Resultate vergangener Meetings zum selben Thema zu informieren, um den eigenen Wissensstand zu aktualisieren. Außerdem plädiert er dafür, nur Personen einzuladen, die etwas zur Lösung eines Problems beitragen können; auf Eitelkeiten sollte keine Rücksicht genommen werden. Ferner sei eine klare Gliederung der Tagesordnung Voraussetzung dafür, dass Teilnehmer, die nur zu manchen Punkten etwas beitragen, dies am Anfang tun können, um das Meeting anschließend zu verlassen.

Deutsche Mentalität

Der Halbleiterhersteller Infineon Technologies holte sich mit der Face Kommunikationsberatung sogar externe Berater ins Haus, um der Meeting-Flut Herr zu werden. 40 häufig fruchtlose Beratungen pro Woche hatte der Führungskreis des Unternehmens bis dahin über sich ergehen lassen müssen. "Irgendein Handy klingelte immer, fortlaufend haben sich Leute ausgeklinkt, oder zehn Mann am Tisch mussten während eines Telefonats minutenlang ruhig sein", erinnert sich Luis Teuber. Zusammen mit Infineon-Mitarbeitern entwickelte der Berater eine neue Meeting-Struktur. Die Regeln: keine Handys, keine Laptops. Ein vorher bestimmter Moderator bringt zielgerichtet Themen ein, organisiert das Gespräch und stoppt Monologe.

"Der Ruf der Zusammenkünfte in Deutschland ist schlechter, als sie es verdient haben", urteilt Schell. Im internationalen Vergleich sei die Unzufriedenheit der Deutschen dennoch am stärksten, denn nur 51,7 Prozent der Befragten hielten ihre Teamtreffen für produktiv. Spitze seien sie aber auch in einer positiven Kategorie: 91,1 Prozent der Teilnehmer brächten sich aktiv in Besprechungen ein; in Frankreich hingegen täten das nur 84 Prozent. Dass vor allem die Deutschen ihre Meeting-Kultur beklagen, ist laut Schell auch eine Mentalitätsfrage: "Die Franzosen kommen einfach zehn Minuten später, doch die Unpünktlichkeit stresst keinen. Die Deutschen sind pünktlich und ärgern sich, wenn doch jemand fehlt."

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