Lust am Nachwuchs

Kids & Company

28.04.2008
Von Eva Müller

Nach solch kuscheliger Idylle hatte die Zukunft des Paares, das sich Mitte der 80er Jahre an der Universität Münster kennenlernte, zunächst nicht ausgesehen. Die jungen Diplomkaufleute arbeiteten in Frankfurt zwölf Stunden und mehr als Wirtschaftsprüfer, lebten in einer schicken "Double Income, No Kids"-Wohnung, teure Autos und Gourmetmenüs inklusive. Doch nach fünf Jahren fanden sie den Luxus öde und leer.

Sie wollten Kinder, aber "nicht in einem sozialen Umfeld, in dem nur Geld, Macht und Erfolg zählen". Enno Hartmann entschied sich, bei einer kleinen Prüfungsfirma in Osnabrück einzusteigen. Von da an ging es Schlag auf Schlag. Pünktlich jedes zweite Jahr kam Ruth Hartmann nieder, erst mit zwei Jungs, dann mit zwei Mädels. Danach waren eigentlich alle Kinderzimmer belegt.

Doch die Serienmutter überwältigte nach dem letzten Abstillen noch einmal die Sehnsucht nach einem Neugeborenen und "schwupp, war es wieder so weit". Das Dachgeschoss des auffälligen Architektenhauses wurde ausgebaut und so Platz geschaffen für Imke.

Homo oeconomicus

Für sein ungewöhnliches Fortpflanzungsverhalten hat Ökonom Hartmann eine wissenschaftliche Erklärung parat. "Der Homo oeconomicus maximiert nicht allein sein Einkommen, er steigert seine individuelle Zufriedenheit", zitiert der Multivater aktuelle Theorien der Sozialforschung. Für ihn gehörten eben Kinder, viele Kinder, zu einem erfüllten Leben. "Nachkommen sind doch der Urgrund unserer Existenz", formuliert der moderne Mann eine nachgerade archaische Motivation für seine Familiengründung.

Aber geht es nicht auch um so etwas wie die Gründung einer Dynastie? Als "Adel der Neuzeit" charakterisiert jedenfalls Jan Kruse, Familiensoziologe von der Universität Freiburg, die vermehrungsfreudigen Bosse. "Die Spitzenkräfte versuchen gezielt den gesellschaftlichen oder gar ihren eigenen Führungsnachwuchs heranzuziehen, in den sie selbst von frühester Jugend an und mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit investieren können", erkennt der Wissenschaftler als einen Grund für die hohe Fertilität vieler Topmanager. Und mit einer größeren Zahl von Versuchen steigen natürlich die Chancen auf besonders gelungene Exemplare.

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