Projektmanagement


Entwickeln mit Scrum

Klassische Projektleiter in agilen Teams überflüssig

Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

"In der agilen Welt wird nicht in Budgets gedacht"

Alfred OswaldAlfred Oswald und Wolfram MüllerWolfram Müller haben vor zwei Jahren innerhalb der deutschen Gesellschaft für ProjektmanagementProjektmanagement (GPM) die Fachgruppe "Agiles Management? gegründet. Die beiden Berater begleiten Unternehmen im Wandel. Oswald ist Geschäftsführer des Institute for Social Technologies in Stolberg und Müller gehört dem Führungskreis des Beratungsunternehmens Vistem in Heppenheim an. Profil von Alfred Oswald im CIO-Netzwerk Profil von Wolfram Müller im CIO-Netzwerk Alles zu Projektmanagement auf CIO.de

Müssen Projektleiter um ihren Job fürchten, wenn ihr Arbeitgeber agile Strukturen einführt?

Wolfram Müller: Für Projektleiter, die mit komplexen Themen umgehen können und Teams mit mehr als 100 Mitarbeitern managen können, wird es nach wie vor einen Markt geben, denn agile Methoden eignen sich nicht für komplexe Projekte. Dagegen verschwinden viele Führungsaufgaben in kleineren Teilprojekten. Hier übernimmt das Team die Aufgaben und löst sie eigenständig viel schneller und effektiver.

Wolfram Müller, Vistem: "Agile Projekte brauchen keinen Druck."
Wolfram Müller, Vistem: "Agile Projekte brauchen keinen Druck."
Foto: VISTEM GmbH & Co. KG

Alfred Oswald: Wirklich gute und erfahrene Projekt-Manager werden immer ihre Aufgabe finden, auch in agilen Unternehmen.

Gerade herrscht ein ziemlicher Hype um Agilität. Ebbt die Welle bald ab?

Alfred Oswald: Das Thema wird nicht verschwinden. Teamorientiertes Arbeiten entwickelt sich weiter und verändert Wirtschaft und Gesellschaft.

Alfred Oswald, Institute for Social Technologies: „Gute Projekt-Manager werden immer ihre Aufgaben finden.“
Alfred Oswald, Institute for Social Technologies: „Gute Projekt-Manager werden immer ihre Aufgaben finden.“
Foto: Institute for Social Technologies GmbH

Wolfram Müller: Ein weiterer Grund spricht für agiles Arbeiten. In klassischen Organisationen herrscht die Meinung vor, wir überlasten alle Mitarbeiter mit zu viel Arbeit und hoffen, dass wir beste Ergebnisse erzielen. Das ist ein Trugschluss. In agilen Teams begrenzen die Mitarbeiter ihre Aufgaben selbst.

Woran scheitern agile Projekte?

Wolfram Müller:Agile Projekte brauchen keinen Druck. Konflikte entstehen vor allem dann, wenn einem Team immer neue Aufträge auf´s Auge gedrückt werden und sie nicht selbständig handeln können. Daran zerbrechen sie.

Controller und machtbewusste Manager dominieren viele Organisationen. Wie passen die ins Bild?

Wolfram Müller:Controller kommen aus einer Zeit, als es noch Lochkarten gab. In der agilen Welt wird nicht in Budgets gedacht, sondern in Ideen. Trotzdem ist es wichtig, sie ins Boot zu holen. Idealerweise zeigen sich Erfolge schon nach zwei bis drei Wochen und dann sprechen die Zahlen eine Sprache, die auch Controller verstehen.

Alfred Oswald: Selbstorganisierte Teams sind dem mittleren Management oft suspekt. Hier heißt es Berge zu versetzen. Oft hilft es, den Druck rauszunehmen.

Buchtipp: Vom Master of Scrum lernen

Was Scrum mit dem FBI, Militär und Wissenschaft zu tun hat, lernen die Leser von Jeff Sutherland, der die Methode vor gut 20 Jahren entwickelt hat. Mitunter etwas ausschweifend erzählt der Autor über die Anfänge und die Weiterentwicklung des von ihm entwickelten agilen Arbeitens. Ganz ohne Pathos geht es zwar nicht, doch jedes Kapitel schließt mit einer kurzen Zusammenfassung ab, die unübersetzt "Take-away? heißt und jede Menge Tipps für die eigene Arbeit und Anregungen zur Reflexion über das Arbeiten liefert. Wer manches Kapitel nur querlesen möchte, findet dort jede Menge Hinweise.

Auch das ist typisch amerikanisch-optimistisch für das Buch: Scrum ist nicht nur eine Methode, wie Entwickler schneller und flexibler Arbeiten können, sondern mindestens eine Revolution. Deshalb widmet sich das letzte Kapitel auch einem großen Thema, nämlich "Mit Scrum die Welt verändern?. Wer nur die Arbeitsabläufe in der eigenen Firma verbessern will, vertieft sich in die vorangestellten Kapiteln und versucht, die Anregungen umzusetzen, denn Sutherland gewährt interessante Einblicke in bekannte US-amerikanische Firmen und warnt vor möglichen Fußangeln.

Jeff Sutherland: Die Scrum Revolution. Management mit der bahnbrechenden Methode der erfolgreichsten Unternehmen. Campus Verlag, Frankfurt am Main, 2015. 229 Seiten, 39,99 Euro.

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