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KIS-integrierte Applikation steuert klinikweite Behandlungsabläufe

Klinische Behandlungspfade digital

06.09.2006

DOC.Path wurde zunächst in der Nephrologie des Knappschaftskrankenhauses Bottrop pilotiert, aber die ersten Hürden traten schnell auf – allerdings waren sie den organisatorischen Abläufen im Hause geschuldet: „Die prästationären Untersuchungen werden bei uns in der Zentralambulanz durchgeführt, die spätere Aufnahme erfolgt auf der Station. Bei der Papierversion war das kein Problem, da die Dokumentation einfach der Patientenakte beigelegt wurde und mit auf Station ging. In der digitalen Version haben wir den gesamten Prozess in einen prästationären Pfade, der komplett in der Zentralambulanz abgeschlossen wird, und einen stationären, regulären Pfad getrennt.“

Auch um solche Herausforderungen besser meistern zu können, hat das Knappschaftskrankenhaus Bottrop zwei Prozessmanager eingestellt. Beide beschäftigen sich ausschließlich mit den klinischen Behandlungspfaden, einer mit der medizinischen, einer mit der betriebswirtschaftlichen Seite. Zu dessen Aufgaben gehört auch die Entwicklung der Kostenträgerrechnung (KTR), die später einmal direkt an die Pfade angedockt werden soll.

Ständige Pflege muss gegeben sein

Im Mai 2005 startete die stationsweise Inbetriebnahme der digitalen klinischen Pfade, die im Oktober desselben Jahres abgeschlossen war. „Bei der Einführung haben wir bewusst die Nephrologie als Pilotabteilung ausgewählt, da sie sehr hohe Ansprüche stellt“, so Cornelia Müller-Wenzel. Aufgrund vieler multimorbider Patienten sind die Abläufe schwer zu standardisieren. „Das war ein echter Crashtest für die Pfade und das System.“ Heute sind klinikweit 118 Pfade implementiert, mit denen 63 Prozent des Patientenspektrums abgedeckt werden. Die Durchdringung liegt über alle Pfade bei 67 Prozent.

Da es sich bei den Klinischen Behandlungspfaden um ein „lebendes System“ handelt, muss es immer wieder auf den Prüfstand. Um das zu gewährleisten, wurde pro Fachklinik ein Verantwortlicher bestimmt, meist der Leitende Oberarzt bzw. die Stationsleitung. Alle drei Monate wird dann zusammen mit dem Controlling beraten, ob der Pfad, so wie er einmal ausgestaltet worden ist, noch der klinischen Realität gewachsen ist. Nach den positiven Erfahrungen in Bottrop sollen die klinischen Behandlungspfade in DOC.Path ab Herbst 2006 sukzessive in den anderen Knappschaftskrankenhäusern eingeführt werden.

Mit individuellen Lösungen Akzeptanz geschaffen

Und die Erfahrungen sind durchweg positiv – sowohl seitens der Anwender als auch seitens der Verwaltung. Selbst Stationen, die aufgrund wenig standardisierbarer Patienten in der Papierversion eine geringe Durchdringung erreicht haben, wie die Nephrologie und die Gefäßchirurgie, arbeiten heute gerne mit der digitalen Version. „Das ist sicher auch begünstigt durch die Umstellung auf sogenannte Modulpfade, die einzelne Behandlungsschritte bezeichnen“, nennt Cornelia Müller-Wenzel einen Grund für die erfreuliche Entwicklung.

So wurden in der Gefäßchirurgie z.B. speziell ein Diagnostik-, ein OP- und ein Dillatationsmodul eingeführt, bei denen der Arzt nach Abschluss eines jeden Moduls über die weitere Therapie und damit über den nächsten Pfad individuell entscheidet. „Das ist eine exzellente Lösung für Patienten, die durch ihre Nebenerkrankungen nicht so einfach zu standardisieren sind. So haben wir in der Gefäßchirurgie eine Durchdringung von 100 Prozent erreicht.“

Mittlerweile werden die Pfade per Wireless-LAN auch mobil ans Patientenbett gebracht. Jede Station besitzt zwei Tablet-PCs – einer für Ärzte, einer für die Pflege –, mit der sie die digitale Visite durchführt und die medizinischen und pflegerischen Daten direkt am Patientenbett erfasst.

Pfade helfen Potentiale auszuschöpfen

„Ich bin davon überzeugt, dass wir mit Hilfe der klinischen Behandlungspfade eine Menge an Kosten einsparen können“, so Cornelia Müller-Wenzel. Potenzial sieht sie durch Prozessoptimierungen, Kosteneinsparungen durch weniger überflüssige, kostenintensive Untersuchungen sowie höhere Einnahmen durch eine bessere Nutzung der Ressourcen, spez. in den klassischen Dienstleistungsbereichen wie Radiologie und Labor. Darüber hinaus lässt sich eine signifikante Verkürzung der Verweildauer realisieren.

„Nicht zuletzt verbessern wir durch standardisierte und erprobte Abläufe auch die Qualität der Patientenversorgung“, gibt die Controllerin zu bedenken. Durch die Automatisierung würden viele Prozesse vereinfacht und die Tätigkeit der Mitarbeiter erleichtert.

Ein Blick in die Zukunft

Das Projekt „klinische Pfade“ entwickelt sich ständig weiter und wird nie abgeschlossen sein. So kommen von den Stationen fast täglich neue Anfragen nach der Definition und Implementierung von neuen Pfaden. „Unser nächstes großes Vorhaben ist aber die Integration in die verschiedenen Abteilungssysteme mit dem Global Ressource Management (GRM) in iMedOne“, blickt Cornelia Müller-Wenzel in die nahe Zukunft. Damit wird dann die bereits in die Pfade eingebettete Auftragskommunikation um eine automatisierte Terminplanung ergänzt und so können dann die Abläufe noch weiter optimiert werden.

Andreas Voss, MBmedien GmbH

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