Jobverlust auf Vorstandsebene

Manager auf Entzug

23.02.2009
Von Gisela Maria Freisinger
Gerade noch Regent in Nadelstreifen, dann Herrscher ohne Rang und Acker. Was passiert, wenn am Tag X alles vorbei ist? Eine Recherche im Reich mächtig Machtloser, Gestürzter und Stehaufmänner.

Ausgerechnet Gänseblümchen! Auf dem kleinen Dreieck Wiese vor den beiden Türmen der Deutschen Bank auf der Frankfurter Taunusanlage, den eineiigen Zwillingsschwestern der Macht, sprießen sie nur so, die kleinen Blüten der Unschuld. Die Türme im Blick, wirkt das Gebäude gegenüber erbarmungslos zurechtgestutzt: Nr. 17, 2. Stock, ein kleiner Besprechungsraum. Hier blühen weiße Orchideen auf schwarzen USM-Haller-Sideboards, leuchten weiße Designerlampen über schwarzen Eames-Ledersesseln, und Hilmar Kopper, im perfekten Business-Look, sitzt am Glastisch.

Er ist 73 und in bester Form. "Bei mir ist nun alles im Perfekt", scherzt er, "ich fühle mich wie von der Leine gelassen, wie so ein Dackel, der immer herumgeführt wurde und nun wieder stromern darf." Vorbei die Zeiten, als er im Laufe der Jahre neben seinem eigentlichen Topjob alles in allem noch 61 Unternehmen beaufsichtigte, 13 davon Dax-Gesellschaften. Erst im vergangenen Jahr zog er sich von seinem letzten großen Amt als Vorsitzender des Aufsichtsrats von Daimler Benz alias DaimlerChrysler alias Daimler AGDaimler AG zurück. Top-500-Firmenprofil für Daimler AG

Aber was fängt so ein Dackel, der nur auf machtparfümierten Pfaden durchs Leben jagte, mit der neu gewonnenen Freiheit an, in der sich kein Dobermann mehr nach ihm umdreht? Überhaupt, wie ist das Loslassen, Herr Kopper? "Es tut furchtbar weh, denn Macht und Verantwortung haben ist wie eine Sucht." Sich von ihr zu verabschieden sei wie mit dem Rauchen aufzuhören. Kopper weiß, wovon er spricht. Jahrzehntelang qualmte er wie ein Schlot. 70, 80 Zigaretten am Tag. Bis er sich vornahm, am Tag X, wenn der erste Enkel zur Welt käme, dem Nikotin abzuschwören. Und tatsächlich, Großpapa Kopper ging cold turkey, ließ von jetzt auf gleich die Finger vom Glimmstängel. Genauso schlimm wie beim Heroin sei die Sucht, behaupten die Drogenexperten. "Der Entzug hat mich halb umgebracht", sagt Kopper über die Erfahrung am eigenen Leib.

Wie schafft man das? "Man weiß lange genug im Voraus, dass dieser Tag kommt, stellt sich mental darauf ein und muss dann streng mit sich sein. Man muss das aus dem Innersten heraus wollen, sonst klappt das nicht." So weit Koppers Theorie.

Dieser Artikel erscheint mit freundlicher Genehmigung von manager-magazin.de.

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