Jobverlust auf Vorstandsebene

Manager auf Entzug

23.02.2009
Von Gisela Maria Freisinger

Schrempp selbst muss, nicht erst seit seinem Abgang, mit einem Gebräu aus Schimpf und Häme leben, in dem sein Ruf untergegangen ist. Hat er sich deshalb völlig zurückgezogen? "Der Jürgen ist nicht im Reinen mit sich", sagt ein Freund. Ziehvater Kopper würde seinen Mann so gern rehabilitieren, zumindest publizistisch, aber Schrempp lehnt das ab. Er will sich nicht rechtfertigen. Dennoch ist sein Leben zwischen München-Solln, Kitzbühel und Südafrika so schlecht nicht. Auch wenn die Einladungen rarer geworden sind. "Der Jürgen ist uns zu laut", jammert heute dieser und jener Gastgeber von gestern, als man noch damit klarkommen musste, dass Schrempp ab einer gewissen Stunde seine Lieder trällerte. Man hatte eben keine andere Wahl, als amüsiert zu sein.

Macht macht bitter und krank

In keiner Vita eines ehemaligen Säulenheiligen der deutschen IndustrieIndustrie lassen sich die Züge einer griechischen Tragödie deutlicher nachzeichnen als in der Heinrich von Pierers. Aus "Mr. Siemens" wurde ein Paria. Sein Lebenswerk zerstört und vor ihm die bange Frage: Wird bald seine ganze Existenz in Trümmern liegen? Top-Firmen der Branche Industrie

"Macht macht bitter und krank", behauptet der Psychoanalytiker Mario Erdheim. Denn der Mächtige unterstelle jedem in seinem Umfeld, er trage den Dolch im Gewande. So abwegig sind diese Ängste nicht, wie wir wissen. Erdheim weist darauf hin, dass es schon im antiken Mythos einen Priester gibt, der so lange über seinen Tempel herrscht, bis ein anderer ihn umbringt. Der Mörder kam aber nicht nur ungestraft davon, sondern wurde sofort als neuer Priester akzeptiert. Sind vor diesem Hintergrund die vielen Blutgrätschen auf den Schlachtfeldern der Wirtschaft nur kleine Kavaliersdeliktchen? "Sie bleiben da nie ganz unversehrt", sagt unser Mann des Vertrauens. "Aus so einem Leben nehmen Sie immer Ihre Schrammen mit."

Neben all denen, die durch fremde Dolche verbluteten, gibt es auch jene, die über den eigenen Übermut stürzten, indem sie sich - eine Folge von Realitätsverlust? - verführen ließen, den berühmten Satz zu viel herauszuplappern. Wie Rolf Breuer, als er die Finanzlage seines Großkunden Leo Kirch öffentlich kommentierte.

In Berlin besuchen wir einen alten Haudegen der Wirtschafts-Community, Hans-Olaf Henkel. Einst IBM-Chef Deutschland und streitbarer Präsident des BDI. Klassisch für den Abgedankten, verdingt er sich nun als Senior Adviser im Investmentbanking. Dafür hat ihn die Bank of America mitten in der Hauptstadt mit einem lichten Büro ausstaffiert.

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