Hamburger IT-Strategietage


IT-Strategietage

Max Otte: Eine Zwischenbilanz der Finanzkrise

18.02.2014
Von Sven Ohnstedt
Ökonom Max Otte zieht ein durchwachsenes Zwischenfazit nach der Finanz- und Eurokrise. Banken und Staaten werden auf Kosten der Bürger saniert.

„Der Staat ist längst zum Spielball geworden“, sagt Professor Max Otto zu Beginn seines Vortrags über die aktuelle Situation der Kapitalmärkte, „er agiert nicht mehr als ausgleichendes Organ.“ Der rapide Anstieg der Staatsschulden in den vergangenen Jahren stellt die direkte Konsequenz der Exzesse des Finanzsektors dar.

Ökonom Max Otte sprach auf den Hamburger IT-Strategietagen.
Ökonom Max Otte sprach auf den Hamburger IT-Strategietagen.
Foto: Foto Vogt

Die Notenbanken, insbesondere die US-amerikanische Federal Reserve, weiteten die Geldbasis (M0) seit dem Jahr 2008 zwar dramatisch aus, um schwerwiegende wirtschaftliche Folgen zu vermeiden, aber das zusätzliche Geld kommt nicht in der Realwirtschaft an: Die Geschäftsbanken geben es nicht weiter.

Seinen Vortrag hielt Otte auf den Hamburger-Strategietagen. Er lehrt als Professor Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Worms, seit 2011 ist er zudem Professor für quantitative und qualitative Unternehmensanalyse und -diagnose an der Universität Graz.

Letztlich, fuhr er fort, wird das Bankenwesen sowie die Staaten auf Kosten der Bürger saniert – auch Finanzrepression genannt: „Die Realverzinsing ist derzeit negativ“, kommentiert Otte. Die These, dass vor allen Dingen in Deutschland zu wenig konsumiert wird, kann Otte indes nicht bestätigen: Im Moment werden nur etwa 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gespart - in China sind es beispielsweise 35 Prozent. „So sparsam sind wir also gar nicht“, stellt Otte fest.

Der Euro wird überleben

Seiner Meinung nach wird das Euro-System auch weiterhin Bestand haben. „Griechenland war schon pleite, als es der Euro-Zone beitrat“, sagt Otte. Er sei ein Fehler gewesen, das Land dennoch aufzunehmen. Die Geschwindigkeit, in der gemeinsame Vorhaben im Euro-Raum umgesetzt werden, wird sich künftig an den wirtschaftlich instabilen Ländern orientieren müssen.

Selektive Austritte aus der Euro-Zone könnten dabei helfen, diese Länder wieder auf Kurs zu bringen. Sie sollten allerdings auch weiterhin der EU angehören. Zu den bisherigen Finanzhilfen merkt Otte an: „Wir haben nicht den Euro gerettet, sondern das Vermögen gewisser Kreise im Süden.“

Im vergangenen Jahr sorgten insbesondere die Kontokredite der Europäischen Zentralbank an Geschäftsbanken (Target2) für heftige Diskussionen – auch dank der Beiträge von Professor Hans-Werner Sinn. Geschäftsbanken können diese Kredite in unbegrenzter Höhe ziehen, zu einem Zinssatz in Höhe von 1 Prozent. „Diese Maßnahme hat sicherlich Arbeitsplätze gesichert“, kommentiert Otte, „aber das Geld kommt vermutlich nicht wieder zurück.“

Kritik an Rating-Agenturen

Otte äußerte sich abschließend kritisch zu den Rating-Agenturen: Sie arbeiten prozyklisch, verstärken also wirtschaftliche Krisen. Die Agenturen befinden sich mehrheitlich in den Händen von Fonds-Gesellschaften und lassen sich von denen bezahlen, die sie bewerten sollen. So wundert es Otte nicht, dass die Vereinigten Staaten von Amerika in den Ratings weitaus besser darstehen als so manches europäische Land, obwohl ihre versteckten Staatsschulden erdrückend seien. „Das passt einfach nicht“, findet Otte.

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