Ein Windows für alle Geräte

Microsoft baut an neuer Betriebssystem-Generation

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
In Microsofts Windows-Werkstatt herrscht Hochbetrieb. Neben den üblichen Updates für Windows 10 arbeitet der Konzern offenbar an zusätzlichen Variationen des Betriebssystems sowie einer völlig neuen OS-Generation, die alten Software-Ballast über Bord werfen soll.

Neben dem turnusmäßig im Frühjahr anstehenden Update "Windows 10 Redstone 4" will MicrosoftMicrosoft seinen Partnern künftig fünf neue Windows-10-Varianten anbieten, wie der Microsoft-Kenner Paul Thurrott anhand durchgesickerter Dokumente in Erfahrung gebracht haben will. Alles zu Microsoft auf CIO.de

Microsoft macht seine Windows-Palette vielfältiger.
Microsoft macht seine Windows-Palette vielfältiger.
Foto: mmkarabella - shutterstock.com

Diese neuen, sogenannten SKUs (Stock Keep Units) sollen es Hardware-Partnern erlauben, ihre Geräte flexibler und damit auch günstiger mit passenden Windows-10-Variationen auszustatten. Je nach Variante müssen die Geräte unterschiedliche Hardware-Voraussetzungen erfüllen.

Konkret sollen angeblich die ab April dieses Jahres verfügbaren Betriebssystem-Varianten folgende Namen tragen: Windows 10 Entry (25 Dollar), Windows 10 Value (45 Dollar), Windows 10 Core (65,45 Dollar), Windows 10 Core+ (86,66 Dollar) und Windows 10 Advanced (101 Dollar). Je nach Order-Volumen könnten für einzelne Großabnehmer noch zusätzliche Rabatte herausspringen, mutmaßen Experten.

Hardwareleistung bestimmt die Windows-Version

Rechnerhersteller dürfen Windows 10 Entry auf Geräten installieren, die von Intel-Chips vom Typ Atom, Celeron oder Pentium angetrieben werden. Sie dürfen mit maximal 4 GB Arbeitsspeicher sowie einer SSD mit bis zu 32 GB ausgestattet sein. Die Bildschirm-Größe ist auf 14,1 Zoll bei Notebooks und 11,6 Zoll bei Tablets limitiert. All-in-One-PCs müssen mindestens 17,1 Zoll große Displays mitbringen.

Bei Windows 10 Advanced sind aktuelle Core-i9-CPUs, Core-i7-CPUs mit mehr als sechs Rechenkernen, AMD-Threadripper-CPUs oder vergleichbar starke Prozessoren erlaubt. Außerdem dürfen die Monitore 4K-Auflösung unterstützen. Die anderen Variationen Value, Core und Core+ gruppieren sich in verschiedenen Abstufungen zwischen diesen beiden Leistungskategorien ein.

Während die Windows-Vielfalt breiter aufgefächert wird, soll die Version Windows 10 S, die Microsoft erst im vergangenen Jahr eingeführt hatte, wieder verschwinden. Bei 10 S handelt es sich um ein stark eingeschränktes Windows-10-Pro-Betriebssystem. Anwendungen lassen sich mit diesem Release nur aus dem Windows-Store installieren, außerdem sind Verwaltungsprogramme wie Registry-Editor, Eingabeaufforderung und PowerShell blockiert.

Microsoft hatte Windows 10 S gemeinsam mit seinem Surface Laptop vorgestellt.
Microsoft hatte Windows 10 S gemeinsam mit seinem Surface Laptop vorgestellt.

Microsoft hatte Windows 10 S zusammen mit seinem "Surface Laptop" Mitte 2017 präsentiert. In diesem Fahrwasser hatten Microsoft-Partner wie Acer, HP und Lenovo ebenfalls Mobilrechner auf Basis der abgespeckten Windows-Variante angekündigt. Die Preise dieser Geräte bewegen sich zwischen 200 und 350 Euro. Microsoft ging es mit dieser Geräteklasse in erster Linie darum, eine Alternative zu günstigen Chromebooks mit dem Google-Betriebssystem Chrome OS, die vor allem bei amerikanischen Schülern und Studenten Anklang finden, auf den Markt zu bringen.

Windows 10 S ist tot - lang lebe Windows 10 S

Jetzt soll die Variante Windows 10 S offenbar komplett gestrichen werden. Stattdessen soll es künftig die Option geben, sämtliche Windows-10-Versionen im "S-Modus" zu betreiben. Nutzer können Anwendungen damit wie bisher nur aus dem Windows Store beziehen. Klassische Windows-Applikationen sollen sich nicht starten lassen.

Inwieweit weitere funktionale Einschränkungen und Limitierungen mit dem S-Modus der verschiedenen Windows-10-Versionen verbunden sind, ist im Detail noch nicht bekannt. Auch ist derzeit nicht abzusehen, wie durchlässig die Grenzen zwischen den verschiedenen Versionen für Upgrades sind. Die Frage, welche S-Versionen sich zu welchen Preisen in Vollversionen umwandeln lassen, ist ebenfalls noch nicht beantwortet.

Tipps und Tricks rund um Windows 10 finden Sie hier

Für Microsoft dürfte es mit dem S-Windows in erster Linie darum gehen, seine Plattform rund um den Store zu festigen. Die Bedeutung des eigentlichen Betriebssystems sinkt. Heute spielt das Ökosystem, das Nutzern verschiedenste Apps und Funktionen bereitstellt, die entscheidende Rolle. Beleg dafür sind die im mobilen Bereich dominierenden Plattformen iOS von Apple und Googles Android. Microsoft ist mit seinem Versuch, auch Windows in diesem Umfeld zu etablieren, kläglich gescheitert.

Die Verantwortlichen des weltgrößten Softwarekonzerns lehnten es bis dato ab, die Spekulationen rund um die künftige Windows-10-Strategie zu kommentieren. "Windows 10 S bietet ein optimiertes, sicheres und batterieeffizientes Erlebnis, von dem wir glauben, dass es für viele Kunden eine gute Wahl ist", ließ der Konzern unverbindlich und ohne weiter ins Detail zu gehen in einer Erklärung verlauten. Man werde mehr darüber erzählen, was als nächstes für Windows 10 S kommt, wenn man bereit dafür sei.

Neue OS-Generation mit Andromeda und Polaris

Glaubt man den Gerüchten, spielt Windows 10 S für Microsoft auch an anderer Stelle eine zentrale Rolle. Angeblich werkeln die Entwickler bereits an einer völlig neuen Generation von Windows - wie das für gewöhnlich gut unterrichtete Nachrichtenportal Windows Central berichtete, unter dem Codenamen "Polaris". Das kommende System soll alten, über Jahrzehnte angesammelten Windows-Ballast abwerfen und eine neue Epoche einläuten.

Spekulationen, dass Microsoft an einem schlanken Kernbetriebssystem arbeitet, kursieren bereits seit längerem. Bis dato drehten sich diese Gerüchte vor allem um ein System namens "Andromeda OS", das für mobile Geräte gedacht sein sollte. Wie nun durchsickerte, geht es aber um mehr. Mit Polaris entsteht bei Microsoft offenbar auch ein neues Desktop-OS.

Kern des neuen Windows bildet die Universal Windows Platform (UWP) - eine Laufzeitumgebung für Anwendungen. Sie ermöglicht die Entwicklung von Apps, die auf verschiedenen Formfaktoren laufen und sich automatisch an die jeweilige Bildschirmgröße anpassen sollen. Dafür sollen elementare Systemkomponenten der klassischen x86-Architektur auf 32-Bit-Basis wegfallen, die aus Kompatibilitätsgründen seit der DOS-Steinzeit von Windows-Generation zu Windows-Generation mitgeschleppt werden.

Beispielsweise soll die klassische Windows Shell - die grafische Benutzeroberfläche - verschwinden. Microsoft will diese durch eine modulare Neuentwicklung namens Composable Shell, die "Cshell", ersetzen, die individuellere Anpassungen an die jeweilige Hardware erlauben soll. Außerdem sollen in Windows integrierte Werkzeuge wie Notepad und Paint verschwinden.

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