Upgrade-Politik in der Kritik

Microsoft drückt Windows 10 mit aller Macht in den Markt

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Als Ursachen für die schwindenden Absatzzahlen identifizierten die Analysten eine weiterhin sehr starke Nachfrage nach mobilen Endgeräten wie beispielsweise Smartphones und – die kostenlose Upgrade-Möglichkeit auf Windows 10. Nachdem viele Anwender wohl mit dem Abschied von Windows XP und dem Wechsel auf Windows 7 einen neuen Rechner angeschafft haben, sehen sie nun wenig Anlass, sich erneut einen PC zuzulegen, zumal es die Hardwareanforderungen meistens nicht verlangen. Damit bleibt der Effekt aus, an den die PC-Hersteller seit vielen Jahren gewöhnt waren: dass mit dem Release eines neuen Windows automatisch auch der PC-Verkauf angekurbelt wird.

Vertreter aus der PC-Industrie kritisieren mittlerweile offen die "Gratispolitik" Microsofts. "Ich glaube nicht, dass die Upgrade-Strategie von Microsoft richtig war", sagte erst kürzlich Yang Yuanqing, CEO des weltgrößten PC-Herstellers Lenovo, in einem Interview mit der "dpa". Windows 10 sei zwar ein gutes System, hätte jedoch vor allem mit neuen Geräten eingeführt werden sollen, die optimal auf das neue Windows abgestimmt sind. Das beschere den Kunden dann auch ein PC-Erlebnis, mit dem sie zufrieden seien. Installiere man Windows 10 dagegen auf älteren Maschinen, stelle sich diese positive Erfahrung nicht ein – im Gegenteil: Häufig tauchten Probleme auf, deretwegen sich Kunden beschwerten.

Mittlerweile häufen sich aber auch die Beschwerden von Kunden über die allzu offen­siven Upgrade-Maßnahmen Microsofts. So bekommen sämtliche Rechner, die unter Windows 7 beziehungsweise 8.1 laufen, automatisch über das Windows-Update die Installationsdateien – immerhin bis zu rund 6 GB – für Windows 10 aufgespielt, auch wenn die Nutzer ihr Betriebssystem gar nicht upgraden wollen.

Diese Praxis beschäftigt mittlerweile auch die Gerichte. So spricht die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg von "Zwangs-Downloads" und geht seit Mitte Dezember 2015 dagegen vor. "Diese Geschäftspraxis ist inakzeptabel, da sie eine unzumutbare Belästigung darstellt", bewertet Cornelia Tausch, Vorstand der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, die Praxis von Microsoft. Nutzer müssten sich nach dem Download aktiv um eine Beseitigung der Installationsdateien bemühen.

Zwangs-Downloads füllen Speicher

Problematisch ist das Vorgehen aus Sicht der Verbraucherschützer, wenn Anwendern nur wenig Speicherplatz auf ihrer Festplatte oder SSD zur Verfügung steht. Auch bei Internet- Anschlüssen, die nur ein bestimmtes Daten­volumen im Monat zulassen, könne ein solcher "Zwangsdownload" zu Problemen führen. Die Verbraucherschutzzentrale hat Microsoft deshalb bereits abgemahnt. Allerdings habe sich der Konzern bis dato geweigert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. "Wir werden die Geschäftspraxis von Microsoft daher einer gerichtlichen Prüfung unterziehen", stellte Tausch klar.

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