Tagesabläufe von 94 Chefs untersucht

Misserfolgsrisiko CEO

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

Zweitens beleuchten die Forscherinnen aus Italien, mit wem sich die CEOs in ihrer Arbeitszeit treffen. 42 Prozent des gemeinsam mit anderen Leuten genutzten Zeitkontos entfallen auf dabei Insider, also Kollegen und Mitarbeiter aus der Firma, insbesondere aus den Finanz-, Personal- und Marketingabteilungen. Ein Viertel der Arbeitszeit besteht aus Treffen sowohl mit Insidern als auch Outsidern – vor allem Beratern, Kunden, Zulieferern, Investoren und BankenBanken, in just dieser Reihenfolge. Ungefähr 15 Prozent der Wochenstunden bringen CEOs alleine mit Outsidern zu. Top-Firmen der Branche Banken

Präsenz im Unternehmen wirkt positiv

Genau dieser Zeitanteil wirft nach den Erkenntnissen der Studie virulente Kontrollprobleme auf. Leicht verdächtig erscheint schon die allein zugebrachte Arbeitszeit. Sitzt der Chef an Berichten, feilt er grübelnd an der Firmenstrategie, schnauft er an einem stressigen Tag einfach mal durch oder gibt er sich gänzlich dem Müßiggang hin? Ähnlich verhält es sich mit den Stunden, die der CEO alleine mit Outsidern verbringt. Womöglich geht er mit Geschäftspartnern golfen: Wie viel davon ist Arbeit, wie viel Freizeit? Oder lässt sich das überhaupt nicht voneinander trennen? Vielleicht führt er aber auch anstrengende und wichtige Verhandlungen: Drehen diese sich aber tatsächlich um bessere Perspektiven für die Firma? Oder netzwerkt der CEO in eigener Sache, weil er in einem geeigneten Moment den Absprung plant?

Alles das stellt die Studie spekulativ in den Raum, denn wissen können das die Wirtschaftswissenschaftlerinnen aus Harvard im Detail auch nicht. Empirisch nachweisen können sie aber verblüffende Korrelationen anhand der aufgeschlüsselten Zeitkonten. So verbringt ausgerechnet die Gruppe derjenigen, deren Arbeitspensum insgesamt am geringsten ist, mit Abstand die meiste Zeit alleine mit Outsidern – etwa vier Stunden wöchentlich. Just bei diesen CEOs fällt aber auch die unterdurchschnittliche Produktivität ihres Unternehmens auf.

Demgegenüber sei ein hoher Anteil an Gesprächen mit Insidern ein Indiz für eine gesunde Unternehmensführung, so die Wissenschaftlerinnen. Einen Zusammenhang gibt es nämlich auch zwischen normalem Arbeitspensum, vielen internen Meetings, nahezu keiner Zeit allein mit Outsidern und besserer Performance.

Dieser Befund lässt die Autorinnen darauf schließen, dass die vermuteten Phänomene tatsächlich eine wichtige Rolle für den Erfolg eines Unternehmens darstellen. Die Ressourcen können nicht optimal genutzt werden, weil der Frontmann es schleifen lässt. Ursache dafür sind nach Erkenntnissen der Forscherinnen organisatorische Mängel in der Governance. Offenkundig stimmen in solchen Fällen die Anreize nicht, und es fehlt es an wirksamer Kontrolle.

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