Einfach geil

Mixed Reality im BMW M2 erfahren

Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Maschinenwartung und -einrichtung per Mixed Reality ist ein bekanntes Szenario. BMW hat die Technik nun in einem M2 installiert. Wir konnten einige Runden damit drehen.
Mit 460 PS und einer Beschleunigung im Bereich von vier Sekunden dürfte der BMW M2 wohl zu den schnellsten Spiele-Controllern zählen.
Mit 460 PS und einer Beschleunigung im Bereich von vier Sekunden dürfte der BMW M2 wohl zu den schnellsten Spiele-Controllern zählen.
Foto: BMW Group

Die Idee, in virtuellen Rennspielen auf einem Kurs Bonus-Items einzusammeln sowie Hindernissen auszuweichen und gegen die Stoppuhr zu fahren, ist nicht neu. So feierte etwa Super Mario Kart von Nintendo in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag. Gemeinsam mit dem US-amerikanischen Spielehersteller Epic Games ist es BMWBMW aber mit "///M Mixed Reality" gelungen, diese Idee auf einen ganz neuen Level zu heben. Als Controller für die Hatz in der virtuellen Welt kommt nämlich nicht - wie bei normalen Video- oder PC-Spielen - ein Joystick oder die Maus zum Einsatz, sondern ein reales Auto. Als Spiele-Controller fungiert hier ein BMW M2 Coupé mit Turbo-Reihen-6-Zylinder-Motor und 460 PS. Damit hat BMW als einer der ersten Hersteller eine Mischung aus realem Fahren und virtueller Umgebung realisiert. Top-500-Firmenprofil für BMW

Virtuelle Rennen im realen Auto

Links die virtuelle Spielwelt - rechts Auto und Fahrer in der realen Welt.
Links die virtuelle Spielwelt - rechts Auto und Fahrer in der realen Welt.
Foto: BMW Group

Die erste Begegnung mit dem Mixed-Reality-Spiel - oder sollen wir besser Mixed-Reality-Auto sagen - auf einem ehemaligen Flugplatz in der Nähe von München ist eher unspektakulär, sieht man einmal vom auffälligen Design ab. Da steht der M2 nun einsam auf der nackten Start- und Landebahn des Flughafens - kein Kurs abgesteckt, einfach nichts, nur ein gerades Stück Asphalt. Und das soll nun etwas Besonderes sein?

Die Technik

Als Headset kommt im BMW M2 eine Varjo XR-3 zum Einsatz.
Als Headset kommt im BMW M2 eine Varjo XR-3 zum Einsatz.
Foto: BMW Group

Dass hier dennoch nicht alles normal ist, zeigt sich beim Einsteigen. Sitzt man erstmal in den Schalensitzen, gilt es Hosenträger-Gurte anzulegen. Und ein Blick durchs Auto lässt eine Tracking-Kamera "Smarttrack 3" des bayrischen Herstellers ART entdecken, die auf dem Armaturenbrett thront. Und auf der Mittelkonsole wartet ein ganz edles VR-Headset in Form der über 7.700 Euro teuren Varjo XR-3mit hochauflösendem Display, Eyetracking, LiDAR und einer Bildwiederholrate von 90 Hertz sowie einem Sichtfeld von 155 Grad.

Als Tracking-Kamera dient eine Smarttrack 3 des bayrischen Herstellers ART.
Als Tracking-Kamera dient eine Smarttrack 3 des bayrischen Herstellers ART.
Foto: BMW Group

Nach Aufsetzen des Headsets vermisst die Brille kurz die Blickrichtung der Augen und die Fahrt kann losgehen. Dabei fahren sich die ersten Meter ganz normal, denn die Kameras des Headsets liefern ein scharf gestochenes Bild. Normal, bis der Beifahrer das Spiel startet. Anstelle der Umgebung ist nun die virtuelle Rennstrecke in Form einer Acht mit Leitplanken, Hindernissen etc. zu sehen. Je nachdem wohin der Blick geht, sind die Übergänge zwischen realer und virtueller Welt übergangslos. Wird der Blick etwa gesenkt, zeigt das Headset die realen Instrumente des M2. Ein Blick durch die Windschutzscheibe oder in den Rückspiegel zeigt dagegen die virtuelle Rennwelt.

Fahreindrücke

Das Fahr-Feeling in der Mixed-Reality-Welt ist einfach grandios.
Das Fahr-Feeling in der Mixed-Reality-Welt ist einfach grandios.
Foto: BMW Group

Und das Fahr-Feeling? Grandios. Der Popometer gibt in Kurven und beim Beschleunigen so ein reales Feedback, das kein Vergleich zu den einst so populären Force-Feedback-Joysticks und -Lenkrädern ist. Das Einzige, was den Spaß etwas trübt ist, dass in der virtuellen Welt nicht die reale Fahrbahnbeschaffenheit berücksichtigt wird. In unserem Fall hatte es in der Nacht zuvor geregnet und die Piste war an einigen Stellen noch feucht. Was in der Praxis dann zu manchem unerwarteten Dreher führte, aber dem Fahr- beziehungsweise Spielspaß keinen Abbruch tat. Laut BMW soll in künftigen Versionen auch die aktuelle Straßenbeschaffenheit berücksichtigt werden.

Damit das Ganze funktioniert, ist im Hintergrund ein leistungsstarker Gaming-PC mit starker Grafikkarte im Kofferraum erforderlich. Schließlich wollen neben den Kameradaten von Headset und Tracking-Kamera noch die realen Bewegungs- und Drehachsen-Daten von Gaspedal, Bremse, Lenkwinkel etc. verarbeitet werden.

Perspektiven

Was hier just für Fun genutzt wird, könnte künftig etwa in Simulationen eingesetzt werden. Eine Idee wäre etwa, Fahranfänger auf freien, abgesperrten Flächen in der virtuellen Welt Stadtfahrten üben zu lassen. Und die Technik selbst, die Gaming-Engine Unreal Engine von Epic Games, nutzte BMW bereits, um die iFactory Lydia in China vollständig in einer virtuellen Umgebung zu planen und zu simulieren. Bis Anfang nächsten Jahres will BMW zudem sämtliche Produktionsstandorte mithilfe von 3D-Laser-Scans digitalisieren.

Zur Startseite