Mobbing am Arbeitsplatz

Das müssen Betroffene wissen



Simone Stargardt ist Inhaberin der  Weiterbildungsakademie carriere & more, einem Bildungsträger für Weiterbildungslehrgänge mit IHK-Abschluss, mit Standorten in Fellbach bei Stuttgart, Mannheim und Würzburg. Die Trainerin und Beraterin ist Expertin für Mitarbeiterführung, modernes Personalmanagement und UQ – Unternehmerintelligenz.
Wer Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz wird, sollte sich wehren. Auch rechtlich können Betroffene gegen die Schikane durch Kollegen oder Vorgesetzte vorgehen.
Mobbing ist oft ein Gruppenphänomen. Betroffene können sich die Ursachen meist nicht erklären.
Mobbing ist oft ein Gruppenphänomen. Betroffene können sich die Ursachen meist nicht erklären.
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Mobbing ist in deutschen Unternehmen ein ernstes Problem. In einer Umfrage von Statista und dem Marktforschungsunternehmen YouGov aus dem Jahr 2021 berichteten 30 Prozent der Befragten von Mobbingerfahrungen am Arbeitsplatz. Auch wenn Mobbing in Deutschland kein Straftatbestand ist, können einzelne Mobbinghandlungen strafbar sein und angezeigt werden. Zusätzlich regelt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) die Fürsorgepflichten von Arbeitgebern und bietet einen rechtlichen Rahmen gegen Mobbing am Arbeitsplatz.

Was ist Mobbing am Arbeitsplatz?

Mobbing liegt vor bei wiederholten, systematischen Schikanen durch Kolleginnen, Kollegen oder Vorgesetzte. Dazu gehören etwa persönliche Anfeindungen, Einschüchterungen, Erniedrigungen oder Beleidigungen unter denen die Betroffenen dauerhaft leiden. Ein einmaliger Affront am Arbeitsplatz ist rechtlich gesehen noch kein Mobbing, es beginnt dort, wo menschliche Handlungen in arbeitsbezogenen Konflikten die Grenzen eines "sozial- und rechtsadäquaten Verhaltens" dauerhaft überschreiten.

Woran erkennt man Mobbing?

Mobbing ist ein gezielter Angriff auf eine Person und ihr soziales Ansehen. Das kann sich etwa darin äußern, dass Kollegen Gerüchte verbreiten, jemanden vor anderen demütigen oder lächerlich machen, Schwächen einer Person ausnutzen oder sie vor anderen bloßstellen. Auch sexuelle Andeutungen oder Annäherungen fallen unter Mobbing. Genauso wie ständiges Unterbrechen oder das komplette Ausschließen von Gesprächen. Bei Vorgesetzten als Tätern nimmt Mobbing oft Bezug auf die Qualität der Arbeit. So werden etwa Leistungen unterbewertet, Zuständigkeiten entzogen, Informationen vorenthalten, sinnlose bis hin zu kränkende Aufgaben zugeteilt oder es erfolgt absichtlich unvollständiges Einweisen in Aufgaben. In schlimmeren Fällen werden Mobbingopfer zu gesundheitsschädlicher Arbeit gezwungen, ihnen wird körperliche Gewalt angedroht oder es kommt zu Handgreiflichkeiten.

Wo fängt Mobbing am Arbeitsplatz an?

Mobbing von sozial unerwünschten Verhaltensweisen abzugrenzen, kann sich als schwierig erweisen. Ob Mobbing vorliegt oder nicht, hat schon einige Gerichte beschäftigt. Rechtlich relevant wird Mobbing meist dann, wenn Einschüchterungen, Entwürdigungen, Erniedrigungen oder Anfeindungen über mindestens ein halbes Jahr hinweg regelmäßig vorkommen und Betroffene psychisch oder physisch verletzen.

Welche Mobbing-Methoden gibt es?

  • Verbales Mobbing: Opfer von verbalem Mobbing werden wegen ihres Verhaltens, ihres Aussehens, ihrer Herkunft oder ihrer Kleidung verhöhnt und beleidigt. Den Angreifern geht es vor allem darum, dass die Betroffenen sich schlecht fühlen.

  • Nonverbales Mobbing: Beim nonverbalen Mobbing werden die Opfer gezielt sozial ausgegrenzt. Gespräche verstummen plötzlich, wenn die Person in den Raum kommt oder Kollegen fangen mit hämischen Blicken an zu tuscheln. Weil zwischenmenschliche Beziehungen am Arbeitsplatz besonders wichtig sind, empfinden Betroffene nonverbales Mobbing meist als besonders verletzend.

  • Körperliches Mobbing: Körperliches Mobbing ist sichtbar. Die Täter setzen physische Kraft ein, um ihre Opfer zu terrorisieren. Beginnen kann dies mit einem Schubser. Angreifer testen oft aus, wie weit sie gehen können. In schlimmeren Fällen werden aus Schubsern dann Schläge und Tritte.

  • Cybermobbing: Beim Cybermobbing müssen sich Täter und Opfer nicht am gleichen Ort befinden. Es funktioniert überall wo es Internet gibt. In sozialen Medien finden Täter eine öffentliche Plattform, auf der sie ihre Opfer mobben können - ob im privaten oder beruflichen Umfeld.

  • Sexuelles Mobbing: Bei sexualisieter Gewalt, die immer wieder auch im Arbeitsumfeld stattfindet, spricht man von sexuellem Mobbing. Diese Mobbing-Methode kann sowohl verbal, als auch körperlich stattfinden. Zum Beispiel über sexistische Kommentare, Berührungen, die gegen den Willen der betroffenen Person stattfinden oder das unerwünschte Zusenden pornografischer Bilder und Videos.

Welche Folgen hat Mobbing für den Täter?

Mobbing kann für Täter strafrechtliche Folgen haben, wenn der Tatbestand der Beleidigung, üblen Nachrede, Verleumdung oder Körperverletzung erfüllt ist. Arbeitgeber haben - auch in Person der Führungskräfte - eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und müssen im Fall von Mobbing einschreiten.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) regelt zudem, dass Beschäftigte nicht aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität benachteiligt werden dürfen. Eine von Mobbing betroffene Person kann vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser alle im jeweiligen Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung ergreift: Zum Beispiel eine Versetzung oder Abmahnung des Täters. Ein Anspruch darauf besteht allerdings nicht.

Beweismittel - das Mobbing-Tagebuch

Die Beweislast liegt bei den Betroffenen. Ein Mobbing-Tagebuch (PDF) kann helfen, bei einem späteren Rechtsstreit ausschlaggebende Beweise zu liefern. Obwohl Mobbing an sich kein Straftatbestand ist, können einzelne Handlungen wie üble Nachrede, Verleumdung oder Beleidigung durchaus strafbar sein. In ein Mobbing-Tagebuch sollten Betroffene Datum und Uhrzeit sowie eine Beschreibung des jeweiligen Vorfalls notieren. Weitere Beweismittel können E-Mails, Kurznachrichten oder Screenshots von beleidigenden Kommentaren in sozialen Medien sein.

Mobbing - Arbeitgeber und Betriebsrat

Die Fürsorgepflicht von Arbeitgebern gegenüber ihren Beschäftigten ist neben dem AGG auch indirekt im Grundgesetz verankert. Um die Verfassungsanforderungen zu erfüllen, müssen Unternehmen die Persönlichkeitsrechte, die Ehre und die Gesundheit ihrer Mitarbeiter schützen. Falls Arbeitgeber ihre Fürsorgepflicht nicht erfüllen, obwohl Mobbing-Vorwürfe bekannt sind, kann das Schadensersatz- oder Schmerzensgeldzahlungen an Betroffene zur Folge haben.

Wenn eine Führungskraft in die Angriffe involviert ist, können sich Beschäftigte direkt an die Unternehmensleitung oder Personalabteilung wenden. Von Mobbing betroffene Arbeitnehmer haben außerdem das Recht, sich an den Betriebsrat zu wenden. Der Betriebsrat wiederum muss von sich aus aktiv werden, wenn er von einem Mobbing-Vorfall Kenntnis erhält. Hält er die Beschwerde für berechtigt, muss der Betriebsrat beim Arbeitgeber Abhilfe verlangen. Gelingt dies nicht, kann er die Angelegenheit vor eine Einigungsstelle bringen.

Mobbing, was tun? - Hilfe für Betroffene

Neben dem Führen eines Mobbing-Tagebuchs sollten Betroffene sich gezielt Hilfe suchen und sich etwa Familie oder Freunden anvertrauen. In vielen Städten gibt Beratungsstellen für Mobbing-Opfer sowie professionelle Kurse, in denen Selbstbehauptung trainiert werden kann. Mit dem entsprechenden Selbstbewusstsein können sich Betroffene dann gegen Mobber zur Wehr setzen. Etwa mit direkten Fragen, die den Täter womöglich aus dem Konzept bringen oder mit einer deutlichen Ansage, mit der ein Mobber nicht gerechnet hat. So früh wie möglich sollten Vorgesetzte oder die Unternehmensleitung, sofern vorhanden der Betriebsrat und im besten Fall auch eine Vertrauensperson in der Firma über das Mobbing informiert werden.

Mobbing am Arbeitsplatz kann für Betroffene schwerwiegende Folgen haben. Neben Kränkung und eingeschränkter Leistungsfähigkeit leiden Opfer häufig unter seelischen Beschwerden. Wichtig ist daher eine frühzeitige Gegenwehr. Bringen unternehmensinterne Maßnahmen keine Lösung, sollte mit einem Rechtsbeistand die Möglichkeit einer Klage vor dem Arbeitsgericht geprüft werden. (bw/fm)

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