"Unbundling" in Strom- und Gaskonzernen

Netze entflechten

Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.

„Die deutsche Energiebranche investiert schon seit einiger Zeit erfolgreich in effizientere Prozesse. Aber die Anforderungen, die auf der IT-Seite aus dem Unbundling resultieren, werden das Einsparpotenzial durch Effizienzsteigerung weit übersteigen und zu höheren IT-Investitionen der Versorger führen“, sagt Zarko Sumic,Vice President Research für die Energiebranche bei der Gartner Group. „Denn das Unbundling“, so Sumic weiter, „führt zwangsweise zu ineffizienteren, redundanten Strukturen und zwingt die Unternehmen darüber hinaus, eine Vielzahl neuer Prozesse aufzusetzen.“ Davon seien alle Bereiche von der Stromerzeugung über die Stromübertragung bis zum Verkauf betroffen.

Für die Integration verschiedener Systeme – in Form zweier separater Systeme oder als Mandanten in einem einzigen ERP-System – werden auf Konzernebene zusätzliche Investitionen in Data-Warehouse- und BI-Systeme für das ReportingReporting erforderlich. Aber nicht nur das Unbundling zwingt zu besseren Berichtssystemen. Denn die Bundesnetzagentur verlangt zudem ein verbessertes Monitoring. Laut einer Studie der Gen Group BV glauben zwar 80 Prozent der betroffenen Unternehmen, dass ihre Controlling-Systeme die Anforderungen der Regulierungsbehörden bezüglich Transparenz und Detailiertheit vollständig oder zum großen Teil erfüllen. Aber nur 25 Prozent der befragten Versorger sind nach dieser Studie auf das Unbundling vorbereitet. Alles zu Reporting auf CIO.de

Schon heute müssen die Energieversorger monatlich umfassende Fragebögen mit mehreren hundert Fragen ausfüllen. Noch werden sie per PDF in Dokumentenform verschickt, die Forderung nach einem automatisierten Verfahren ist jedoch absehbar. Parallel dazu sind Meldungen an die andeskartellbehörden und die EUKommission Pflicht, die als europäische Kartellorganisation fungiert.

In vielen Unternehmen allerdings ist nach wie vor Excel der Grundpfeiler von Controlling und Reporting. Ein Data Warehouse als Basis konsistenter Daten wird deshalb immer wichtiger. Gartner-Mann Sumic nennt einen weiteren Grund: „Weil die Stromerzeugung ja zur Zeit des Verbrauchs stattfinden muss – Real-Time-Business im Wortsinne –, sind verlässliche Zahlen für die Kapazitäts- und Bedarfsplanung von essentieller Bedeutung.“

Aber von der Gesetzesnovelle sind nicht allein die Kernsysteme für Billing und BI betroffen: Eine weitere Regelung sieht den Datenaustausch unter Energieversorgern und Netzbetreibern per EDI-Datenformat mit Verschlüsselung und Signatur vor. Der bisher in großen Teilen noch papierbasierte Datenaustausch zwischen den etwa 1000 deutschen Marktteilnehmern soll damit einheitlich geregelt und beschleunigt werden. „Im Sinne der Gleichbehandlung aller Anbieter ist das ein vernünftiger Plan. Natürlich entsteht ein Wettbewerbsvorteil daraus, dass ich innerhalb eines Konzerns in Millisekunden Informationen zwischen Netz und Vertrieb austausche, konzernexterne Vertriebe aber im Extremfall mehrere Wochen auf Vertrags- und Kundendaten warten und diese dann vom Papier wieder erfassen müssen“, sagt Vattenfall-CIO Rösch.

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