Vernetzte Technologien

Neues Licht macht schlau

09.07.2013
Von Thomas Kuhn

Simulierte Schäfchenwolken

Wie sich diese Effekte auch im Büroalltag nutzen lassen, untersucht Oliver Stefani, Lichtforscher am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart. Dort hat er eine Leuchtenkonstruktion an die Decke eines Konferenzraumes montiert, mit der er im Haus die Helligkeit und den Farbwechsel des Lichts im Tagesverlauf simulieren kann.

Steuern kann Stefani das Himmelsspiel über eine App auf seinem Tablet-PC. Wenn er will, kann er selbst simulierte Schäfchenwolken über einen künstlichen, hell strahlenden Himmel ziehen lassen.

"In erster Linie aber", sagt Stefani, gehe es darum, "dass sich jene Menschen, die den größten Teil des Tages unter kargem Kunstlicht verbringen, unter dem realitätsnahen Himmel wieder wacher und wohler fühlen". Wenn sie, wie erhofft, dabei auch produktiver wären, könnte sich der Himmel sogar für die Arbeitgeber rechnen.

Thomas Tölle hat sogar noch weiter gehende Pläne mit der heilsamen Wirkung des Lichts. Gemeinsam mit dem Leuchtenhersteller Osram hat der Leiter des Zentrums für Interdisziplinäre Schmerzmedizin (ZIS) am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München ein neues Lichtkonzept für die neu bezogenen Räume des ZIS entwickelt. Im Empfangs- und Wartebereich sowie in den Physiotherapie- und Gruppenräumen sorgen spezielle LED-Systeme für hoch dosierte Helligkeit - 4000 Lux statt der sonst in Innenräumen üblichen 300 bis 800 Lux.

Die intensive und ebenfalls dem natürlichen Tageslichtverlauf angepasste biologische Stimulation der Netzhaut könnte seinen Patienten gleich in zweifacher Hinsicht helfen, sagt Tölle: Wer Schmerzen hat, schlafe oft schlecht und habe einen gestörten Tag-Nacht-Rhythmus. "Hier könnte angepasster Lichtverlauf ausgleichend wirken", so der Schmerzexperte.

Vor allem aber hofft er, dass seine Installation die Ergebnisse einer US-Studie bestätigt, wonach der Einsatz des dynamischen Lichts auch direkt Schmerzen lindern hilft: Die 2005 veröffentlichte Untersuchung hatte ergeben, dass Patienten, die nach Operationen in einem sonnendurchfluteten Raum lagen, rund ein Viertel weniger Schmerzmittel benötigten als Patienten ohne Lichtbehandlung.

Tölle jedenfalls ist optimistisch: "Wir stehen noch ganz am Anfang, wenn es darum geht, die Möglichkeiten der neuen, digitalen Lichtquellen zu verstehen." Das Potenzial aber sei immens, so der Mediziner: "Sowohl wissenschaftlich als auch ökonomisch, wird das eine ganz große Sache!"

(Quelle: Wirtschaftswoche)

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