Beispiel SAP

Nur auf einem Ohr taub - ERP-Anbieter und Anwenderwünsche

23.11.2006
Von Thomas Mach/CW.at

"Die größeren Anwender haben eine stärkere Lobby und können deshalb ihre Wünsche besser durchsetzen", widerspricht Karin Henkel, Analystin von Strategy Partners. Auch wenn die Hersteller dies abstritten, stießen kleine und mittlere Anwender oft auf taube Ohren und würden mit ihren Problemen meist kaum wahrgenommen. Viele Firmen wüssten zudem auch gar nicht, auf welchem Wege sie ihrem Anliegen bei einem Anbieter wie SAP Geltung verschaffen könnten.

Die großen Anbieter seien komplex organisiert, bestätigt Michael Neff, CIO bei Heidelberger Druckmaschinen. Das treffe neben SAP auch auf MicrosoftMicrosoft und OracleOracle zu. Man habe oft den Eindruck, dass diese Software-Konzerne Themen, die den Anwendern wichtig sind, aus den Augen verlieren. Der CIO empfiehlt, ein Netz zu knüpfen und zu pflegen. Für die Anwender sei es wichtig, die richtigen Ansprechpartner bei den Software-Herstellern zu kennen und diesen auch immer wieder die eigenen Anliegen vor Augen zu führen. Alles zu Microsoft auf CIO.de Alles zu Oracle auf CIO.de

Wer dennoch mit seinen Entwicklungsanträgen auf taube Ohren stößt, muss sich andere Mittel und Wege einfallen lassen, beispielsweise über eine Entwicklungspartnerschaft mit dem Software-Lieferanten. In den zurückliegenden Jahren haben sich vor allem im SAP-Umfeld eine Reihe dieser Kooperationen etabliert, gerade im Hinblick auf Branchen- und Industrielösungen.

Erst eine Abfuhr von SAP, dann doch Interesse

Dabei schienen die SAP-Verantwortlichen an diesem Feld zunächst kaum interessiert, erinnert sich Herbert Reichelt, Vorstandsbevollmächtigter des AOK-Bundesverbands. "Mit der Idee, eine Branchenlösung für Krankenkassen zu bauen, haben wir uns Mitte der 90er Jahre zunächst eine Abfuhr eingehandelt." Es sei ein zu kleiner Markt, habe es von Seiten der SAP geheißen. Erst nach der Entscheidung des Managements in Walldorf, einzelne Industrien gezielt mit Branchen-Software zu adressieren, sei die Krankenkasse wieder ins Gespräch gekommen. Im Jahr 2000 beschlossen beide Seiten, parallel an Versicherungslösungen zu arbeiten.

Reichelt zieht eine positive Zwischenbilanz des Projekts Oscare, ehemals SAP-AOK-Master (SAM). Nur im Rahmen einer solchen Entwicklungskooperation habe man Einfluss auf SAP-Standards nehmen können. Das eine oder andere, was die eigene IT-Abteilung sonst hätte selbst entwickeln müssen, habe der gesetzliche Krankenversicherer im SAP-Versicherungsstandard unterbringen können, berichtet der AOK-Manager.

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