Amazon-Gründer

Online-Mogul Bezos wird zum Zeitungsbesitzer

06.08.2013
Online-Milliardär Jeff Bezos kauft sich mal eben das amerikanische Traditionsblatt "Washington Post". Jetzt gibt es nur noch eine große US-Zeitung im Besitz ihrer Verlegerfamilie. Beginnt ein neues Zeitalter der Mäzene?

Dieser Sommer wird in die Geschichte der amerikanischen MedienMedien eingehen. Innerhalb weniger Tage wechselten drei Ikonen der Branche den Besitzer: "Newsweek", "Boston Globe", "Washington Post". Vor allem der Käufer des Traditionsblattes aus der US-Hauptstadt erregte Aufsehen: Jeff Bezos, Multi-Milliardär und Gründer des Online-Händlers AmazonAmazon. Der 49-Jährige leistet sich die "Post" für 250 Millionen Dollar in bar als Privatmann. Alles zu Amazon auf CIO.de Top-Firmen der Branche Medien

Sind die Tech-Mogule die Ölbarone der heutigen Zeit, die eben mal einige Millionen für eine Zeitung hinblättern können? An den Gedanken muss man sich erst einmal gewöhnen. Kauft jetzt vielleicht auch noch AppleApple die "New York Times", die letzte große US-Zeitung im Besitz ihrer Verlegerfamilie? Alles zu Apple auf CIO.de

Der Amazon-Chef als Zeitungsbesitzer - das birgt viel Raum für potenzielle Interessenkonflikte. Amazon hat schon oft angeeckt: Sei es der gnadenlose Preiskampf mit dem traditionellen Einzelhandel, seien es die nach Ansicht einiger Politiker allzu kreativen Steuermodelle oder die Arbeitsbedingungen in den riesigen Warenlagern, die zuletzt vor allem in Deutschland für Wirbel sorgten.

Angesichts der Bedenken beeilte sich Bezos, ein klares Bekenntnis zur redaktionellen Unabhängigkeit der "Washington Post" abzugeben. Die Zeitung werde weiterhin den Lesern und nicht den privaten Interessen seiner Besitzer dienen, versicherte er. "Wir werden der Wahrheit folgen, wohin auch immer das führen mag. Und wir werden hart daran arbeiten, keine Fehler zu machen." Zugleich zeigte Bezos in einem Brief an seine neuen Angestellten Verständnis dafür, dass manche die Nachricht mit Sorge aufgenommen haben dürften.

Noch mehr Sorgen kamen allerdings auf, als die "New York Times" am Wochenende den "Boston Globe" an den Bostoner Unternehmer John Henry verkaufte, der auch Eigentümer des Baseball-Teams Boston Red Sox ist. Sportredakteure der Zeitung fragten sich öffentlich, ob in Zukunft noch eine objektive Berichterstattung über die Mannschaft möglich sein wird, denn Henry sei bisher der Presse nicht besonders freundlich entgegengetreten. Überhaupt: Werden Zeitungen wie bisher Fußball-Klubs zum Spielfeld reicher Unternehmer? Schließlich kaufte sich auch der legendäre Investor Warren Buffett eine Palette von Regionalzeitungen zusammen.

Bei der "Washington Post" schrieb Don Graham, der als Spross der bisherigen Eigentümerfamilie die schwierige Entscheidung traf, es sei letztlich eine Wahl zwischen immer weiteren Sparmaßnahmen und dem Verkauf an Bezos gewesen. Die "Washington Post" konnte - wie auch andere US-Blätter - den Umsatzrückgang durch den Abfluss von Anzeigen ins Internet nicht auffangen.

Dass Medienunternehmen ihr Geld isn Internet stecken, zeigte sich auch schon 2011 am Verkauf rein digitalen "Huffington Post", die dem Internet-Konzern AOL 315 Millionen Dollar wert war - auch wenn unklar ist, ob sich die Investition jemals lohnen wird. Dagegen sehen die 70 Millionen, die für den "Boston Globe" flossen, mickrig aus. Und die dahinsiechende und nur noch online erscheinende "Newsweek" dürfte vom Internet-Medienhaus International Business Times noch viel günstiger aufgeschnappt worden sein.

Beim Online-Netzwerk TwitterTwitter machten nach Bekanntwerden des Deals sofort Scherze die Runde, etwa ob Bezos wie bei seinem Online-Kaufhaus mit einem Klick und kostenloser Lieferung zugeschlagen habe. Oder es hieß in Anlehnung an die üblichen Amazon-Werbemails: "Auf Basis ihrer bisherigen Käufe könnten für Sie folgende Artikel interessant sein: "Los Angeles Times", "Orlando Sentinel", "Newsweek"." Es dominierte jedoch eine Stimmung ungläubiger Ratlosigkeit. Alles zu Twitter auf CIO.de

Bezos wird zeigen müssen, ob er seine Erfahrung als Internet-Innovator auf dem neuen Feld anwenden kann. Rückendeckung bekam er jedenfalls von Carl Bernstein, einem der beiden legendären Reporter, die Anfang der 70er Jahre für die "Washington Post" den Watergate-Skandal aufgedeckt hatten. Er spüre zwar eine angemessene Traurigkeit, schrieb Bernstein. Aber er hoffe auch, dass es ein großer Moment in der Geschichte einer großen Institution sei: "Es ist die Anerkennung der Tatsache, dass in Zeiten neuer Technologien eine neue Art von FührungFührung und Unternehmertum nötig ist", die journalistische Werte mit dem Potenzial der digitalen Ära vereine. (dpa/rs) Alles zu Führung auf CIO.de

Zur Startseite