Urteil des Bundesarbeitsgerichts

Personalgespräch nicht während des Krankenstandes

Stefan Engelhardt ist seit 1994 als Rechtsanwalt tätig und Gründungspartner der Sozietät Roggelin & Partner. Seine Schwerpunkte liegen neben dem Arbeitsrecht, im Immobilienrecht und Sportrecht. Er ist als Dozent tätig sowie im Rahmen diverser Publikationen. Zudem ist er Berater des Grundeigentümerverbandes Hamburg und der Handelskammer Hamburg.
Häufig waren Arbeitsgerichte bereits in der Vergangenheit mit der Frage beschäftigt, ob arbeitsunfähige Arbeitnehmer zu einem Personalgespräch erscheinen müssen.

Am 02.11.2016 sprach das Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 10 AZR 596/15 das entsprechende Urteil, das Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen betrifft.

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der seit 2003 beschäftigt war und nach einer längeren Arbeitsunfähigkeit ab Juni 2013 befristet eingestellt war. Nach Ablauf der Befristung wurde der Kläger weiter beschäftigt und, von Ende November 2013 bis Mitte Februar 2014 war er erneut arbeitsunfähig. Die Beklagte lud ihn daraufhin mit Schreiben vom 18.12.2013 "Zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten" zu einem Personalgespräch. Der Kläger mochte dies nicht einsehen, verwies auf seine Arbeitsunfähigkeit, die ärztlich attestiert war und sagte das Gespräch ab.

Ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer kann von seinem Arbeitgeber nur unter ganz bestimmten Umständen zu einem Personalgespräch zitiert werden.
Ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer kann von seinem Arbeitgeber nur unter ganz bestimmten Umständen zu einem Personalgespräch zitiert werden.
Foto: Kristiana Gankevych - shutterstock.com

Daraufhin erhielt er eine neue Einladung, nämlich für den 11.02.2014. Hier war ein Hinweis enthalten, dass für den Fall, dass er diesen Termin aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen könne, seinerseits die Verpflichtung bestehe, mit einem speziellen ärztlichen Attest für diesen Einzeltermin einen Nachweis seiner Arbeitsunfähigkeit beizubringen, weil eine allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht ausreiche

Abmahnung als Folge

Der Kläger nahm auch an diesem Termin unter Hinweis auf seine nach wie vor bestehende Arbeitsunfähigkeit nicht teil. Daraufhin erhielt er eine Abmahnung durch den Arbeitgeber.

In der Regel machen Prozesse zur Entfernung von Abmahnungen relativ wenig Sinn, dies sah der Kläger aber offenbar anders und klagte. Sämtliche Instanzen gaben ihm recht.

Das Bundesarbeitsgericht hat eine eigentliche Selbstverständlichkeit noch einmal zum Ausdruck gebracht. Es erläuterte, dass die Pflichten eines ArbeitsnehmersArbeitsnehmers auch die Pflicht zur Teilnahme an einem Personalgespräch während der Arbeitszeit umfassen - wenn das Personalgespräch sich um Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung dreht, es sei denn, diese sind bereits hinreichend festgelegt. Alles zu Personalführung auf CIO.de

Ein arbeitsunfähiger kranker Arbeitnehmer muss seiner Arbeitspflicht aber nicht nachkommen, sodass er natürlich auch nicht verpflichtet ist, im Betrieb zu erscheinen oder sonstige Nebenpflichten zu erfüllen.

Man kann zwar einem Arbeitnehmer nicht verbieten, während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit mit dem erkrankten Arbeitnehmer Kontakt aufzunehmen. Es muss einem Arbeitgeber erlaubt sein, im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung die Möglichkeit einer weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern. Allerdings ist Voraussetzung hierfür, dass der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse hat. Ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer ist jedenfalls nicht verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen. Anders mag dies aussehen, wenn dies aus betrieblichen Gründen unverzichtbar ist und der Arbeitnehmer hierzu in der Lage ist.

Dies hätte der Arbeitgeber in diesem Prozess darlegen müssen, was er jedoch versäumt hat, sodass die Abmahnung zu Unrecht erfolgt war und aus der Personalakte zu entfernen ist.

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