Strategien


Forrester Workforce Enablement

Ratschläge für die Mobile-Strategie

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Im Zentrum einer Workforce Enablement-Strategie müsse mobile Technologie stehen, meint Forrester. CIOs sollten sich dabei besser an einer langfristigen Strategie als an lautstarken Wünschen orientieren sollte.
  • Der mobile Moment macht’s.
  • Recycling von Kundenanwendungen kann Kosten sparen.
  • Oft wird mit zu vielen Rollenprofilen hantiert.
  • Priorität haben nicht zwingend die Mitarbeiter, die oft unterwegs sind.
Wie die Grafik verdeutlicht, ist das Smartphone aus Mitarbeiterperspektive inzwischen fast so wichtig wie der Desktop.
Wie die Grafik verdeutlicht, ist das Smartphone aus Mitarbeiterperspektive inzwischen fast so wichtig wie der Desktop.
Foto: Forrester Research

Tausend Mal im Meeting gewesen, Tausend Mal ist nichts passiert. Jedenfalls nichts wirklich Wichtiges. Dann plötzlich und unerwartet und womöglich irgendwo in pampaartiger Abgeschiedenheit, bei einem Irgendwer-musste-halt-hin-Termin, schnappt man die Hammer-Information auf, die alles sofort verändert. Die Info, die sofort an die Firma muss, weil sonst der Aktienkurs aus den Fugen gerät oder schlimmste Compliance-Strafen drohen oder weil der wichtigste Wettbewerber eine Sensation plant. Wäre blöd, wenn in so einer Situation das Smartphone hinüber wäre. Gut, dass das Ding geht. Es ist ein "mobiler Moment".

Mitarbeiter und Kunden im Fokus haben

Tim Sheedy, Analyst bei Forrester Research, verwendet den Ausdruck "mobiler Moment" ziemlich oft in seiner Studie, die ihr Thema im Namen hat: "CIOs Must Empower The Digital Workforce". Die Studie kommt von Down Under. Und deshalb fällt man womöglich nicht sofort aus allen Wolken, wenn man hört, dass 70 Prozent Wissensarbeiter aus Australien und Neuseeland ihr Smartphone für unbedingt jobnotwendig und produktivitätssteigernd halten. Denkt man aber an die überall auf der Welt ständig vorhandene Wahrscheinlichkeit eines mobilen Moments, zeigt sich die Dringlichkeit des Themas sofort.

Der Studienautor mahnt an, neben dem Kunden - bekanntlich dem Zentrum jeglicher Digitalisierungsaktivität - auch die eigenen Mitarbeiter in den Fokus zu rücken: "weil die Verbindung zwischen der Technologie, mit der ein Mitarbeiter arbeitet, und dem Kundenerlebnis direkt, signifikant und messbar ist". Tim Sheedy weiter: "CIOs spielen eine zentrale Rolle in der Unterstützung ihrer Mitarbeiter, damit diese die geschäftlich von ihnen erwarteten Ergebnisse liefern können." Im Zentrum einer Workforce Enablement-Strategie müsse mobile Technologie stehen, so Sheedy.

Vermeidbare Fehler

Einprägsam ist die Forrester-Studie, weil sie die Fallstricke in der Praxis anschaulich macht - manchmal anhand "mobiler Momente". Eine abstrakte Empfehlung lautet zum Beispiel, die mobile Strategie für Mitarbeiter und Kunden einheitlich zu gestalten. Bei einer von Forrester befragten Fluglinie ist genau das nicht der Fall. Konkret heißt das, dass der Fluggast eine Information aufs Smartphone bekommt und einen Mitarbeiter um Hilfe bittet. Dumm nur, dass der auf seinem Geräte ganz andere Nachrichten hat. "Die mobilen Momente der Mitarbeiter spiegeln oft jene der Kunden wider", erläutert Sheedy.

Forrester empfiehlt Center of Excellence einzurichten

Als Agenten für eine anzustrebende Vereinheitlichung empfiehlt der Analyst ein digitales oder mobiles Center of Excellence (CoE): "Jetzt wäre eine gute Zeit, in so etwas zu investieren", meint der Forrester-Experte. Ein CoE könne etwa helfen, quasireligiöse technologische Debatten (iOS versus Android versus Windows 10) zu beenden und das Augenmerk auf die Strategie zu richten. Entscheidend sei nämlich, was für Kunden und das Geschäft am Ende herauskommt - und wie viel das kostet.

Darüber hinaus kann laut Forrester ein CoE nützlich sein, bereits implementierte Dinge neu zu nutzen und so Entwicklungskosten zu sparen. "Eine australische Bank konnte bei der Entwicklung seines Mobility-Dienstes für Mitarbeiter 30 Prozent einsparen, indem ursprünglich für Kunden entwickelte Elemente wiederverwendet wurden", berichtet Sheedy.

Die mobile Strategie für Mitarbeiter sollte nach Ansicht des Analysten auf Rollenprofilen basieren. Idealerweise stehen dabei zwei Elemente im Mittelpunkt: die Zahl der für die Erledigung der Arbeit benötigten Apps und der Mobilitätsbedarf.

4 definierte Rollen reichen

Ein gängiger Fehler vieler Unternehmen sei es, mit einer zu umfangreichen Liste an Rollen zu beginnen, so Sheedy. Zehn bis 15 Rollen seien aber zu viel; ein von Forrester betreuter Anwender habe sogar Lösungen für über 100 verschiedene Rollen gestalten wollen. Eine Begrenzung auf vier Rollen helfe demgegenüber, den Bedarf an Informationen, Apps und Geräten der Belegschaft zu umreißen und die Schlüsselmomente für die meisten mobilen Mitarbeiter zu identifizieren.

Aber welche Mitarbeiter bedürfen besonderer Aufmerksamkeit? Hier wird laut Sheedy ebenfalls oft ein falscher Akzent gesetzt. Häufig nehmen die Anwender unreflektiert jene Mitarbeiter ins Visier, die besonders viel unterwegs sind. Vermeintlich haben sie deshalb den größten Mobilitätsbedarf. Der entscheidende Faktor muss das aber nicht sein.

Beste Tools für den IT-Support

Forrester nennt das positive Beispiel einer Universität in Texas. Dort wurde prioritär der IT-Support mit den besten Tools, Apps und Informationen ausgestattet. Just jene Mitarbeiter also, die 70 Prozent ihrer Zeit am Schreibtisch verbringen. Und das aus gutem Grund: Wenn dieser Personenkreis ein Problem zu lösen hat, ist es oftmals eine wichtige Sache.

Der CIO sollte ein übergreifendes Team einrichten

Eine besondere Herausforderung kann auf den CIO zukommen, wenn er die Mobilität der Mitarbeiter anpackt: Der IT-Chef wird plötzlich zum Verantwortlichen für die Arbeitsplatzgestaltung in der Firma. Als Experte für Tools und Prozesse sollte er sich dabei laut Forrester nicht scheuen, den Rat anderer Abteilungen wie HR oder Sicherheit einzuholen oder am besten ein übergreifendes Team zusammenzustellen.

Microsoft und Google haben Lektionen schon gelernt

Um Best Practices im auf Aktivität basierenden Arbeiten zu sammeln, gibt es aber noch andere Anlaufstellen. "Große Technologiefirmen wie Microsoft und Google haben den Wandel bereits vollzogen", schreibt Sheedy an die CIOs gerichtet. "Viele der frühen Lektionen sind bereits gelernt, also investieren Sie Zeit in Bürobesuche bei Partnern und Zulieferern und fragen Sie nach den echten geschäftlichen Vorteilen, die diese Veränderungen vorangetrieben haben."

Ein willkommener Anlass für Workforce Enablement sind nach Einschätzung des Analysten die oft sowieso demnächst notwendigen technologischen Erneuerungen. Sie sollten sich nicht in einem Austausch von Geräten und Betriebssystemen erschöpfen, sondern der Entwicklung einer Empowerment-Strategie für die Mitarbeiter in der digitalen Ära dienen.

Macbook Air muss nicht sinnvoll sein

Nicht sinnvoll sei es beispielsweise, Macbook Airs anzuschaffen, weil die Belegschaft einfach kleine und leichte Rechner haben will. Zuerst muss laut Forrester die strategische Vision kommen, nach der sich die Dinge auszurichten haben. Die vorrangige Frage hat stets zu lauten: Was dient dem langfristigen Ziel des Unternehmens?

Mit dieser Ausrichtung im Hinterkopf empfiehlt sich für den CIO laut Forrester zunächst ein Fokus auf App-Design und Mitarbeiter-Interface. Traditionelle Desktop-Applikation gilt es auf nutzerfreundliche Weise für den Smartphone- und Tablet-Gebrauch umzugestalten. Damit sie zur Hand sind - in den wichtigen mobilen Momenten.

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