Sapphire 2014

SAP-Chef trimmt den Konzern auf Cloud-Kurs

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

SAP will Branchenlösungen aus der Cloud entwickeln

Darüber hinaus gab SAP bekannt, künftig auch speziell für bestimmte Branchen zugeschnittene Cloud-Lösungen anbieten zu wollen. Insgesamt adressiert der Konzern 25 Industrien. Dafür will SAP einen eigenen Geschäftsbereich gründen, den Simon Paris leiten soll. In den verschiedenen Branchen gebe es ganz spezielle individuelle Herausforderungen, sagte der Manager. SAP werde sich auf die wichtigsten Business-Probleme der einzelnen Segmente fokussieren und entsprechende Cloud-Lösungen entwickeln. Dieser Schritt sei längst fällig gewesen, stellte Ray Wang fest, Analyst und Gründer von Constellation Research. Viele Kunden würden sich bereits nach Branchenspezialisten für passende Cloud-Lösungen umsehen. Und gerade das Industrie-Knowhow sei schließlich eine Stärke von SAP.

Die Ankündigungen auf der Sapphire machten wieder einmal deutlich, dass SAP mitten im Umbau in Richtung Cloud-Computing steckt. Daran lässt auch Firmenlenker McDermott keine Zweifel: "Unsere Marschrichtung geht in die HANA-Cloud. SAP ist eine Cloud-Firma", so sein Credo. Auf der Sapphire bemühte sich der SAP-Manager, auch seine Kunden für diesen Weg zu begeistern. 2015 würden erstmals mehr Workloads in der Cloud abgebildet als mit herkömmlicher On-Premise-Software. 80 Prozent der Unternehmen, die den Schritt in die Wolke gewagt hätten, würden damit Geld einsparen. Und zuletzt pries der Firmenlenker die Vorzüge der aufziehenden Network Economy. Diese habe bis 2020 weltweit ein Business-Potenzial von 90 Billionen Dollar - das sei drei Mal mehr als das Potenzial der zurückliegenden Internet-Economy des vergangenen Jahrzehnts.

McDermott betont Einigkeit im SAP-Vorstand

Doch nicht nur seine Kunden muss McDermott mitnehmen, auch die SAP-Organisation selbst muss den neuen Weg mitgehen. Hier gilt es für den CEO, der nach dem Abgang seines Kollegen Jim Hagemann Snabe in den SAP-Aufsichtsrat vor wenigen Tagen nun allein die Zügel in der Hand hält, die entsprechenden Weichen zu stellen. In Orlando demonstrierte McDermott Einigkeit und betonte das Vertrauen, das innerhalb des Vorstands und des erweiterten Führungskreises herrsche. Gleich zu Beginn seiner Keynote dankte McDermott dem SAP-Gründer Hasso Plattner für sein Engagement und seine Impulse in der Entwicklung neuer Lösungen. Auch seinen Führungszirkel mit den neuen Vorständen Bernd Leukert und Rob Enslin stellte er gleich zu Beginn dem Publikum vor und rückte ihn damit ins Rampenlicht.

Für McDermott ist es wichtig, eine geschlossene SAP-Mannschaft hinter sich zu wissen und jede weitere Unruhe nach dem überraschenden Abgang von Technikchef Visahl Sikka Anfang Mai im Keim zu ersticken. So wurde denn auch Sikka, der in den vergangenen Jahren gerade die Entwicklung von HANA maßgeblich vorangetrieben hatte, auf der Sapphire mit keinem Wort erwähnt.

Auch SAP muss "simple" werden

Dass der Umbau innerhalb SAPs nicht ohne die eine oder andere Verwerfung ablaufen dürfte, ließ sich an den Zwischentönen in Orlando hören. McDermott betonte, dass das neue Motto "Run simple" auch für SAP gelte. Der Konzern müsse enger an die Kunden rücken und daher agiler und einfacher funktionieren. Man müsse bestimmte Dinge auch einmal anders sehen und anders machen. Konkrete Details, welche Auswirkungen das auf die Organisation von SAP haben wird, blieb der CEO indes schuldig. Nachdem in den zurückliegenden Wochen verschiedene Gerüchte über einen Jobabbau bei SAP kursierten, bekräftigte McDermott jedoch, dass der Konzern zu Jahresende mehr Menschen beschäftigen werde als Anfang 2014. Allerdings könne es durchaus sein, dass sich der eine oder andere Mitarbeiter mit neuen Dingen und Projekten beschäftigen müsse, forderte der Manager Flexibilität von seiner Belegschaft ein.

Inwieweit Änderungen in der Management-Struktur SAPs anstehen, lässt sich vielleicht daran ablesen, was McDermott seinen Kunden hinsichtlich Komplexität und der nötigen Vereinfachung rät. Aus seiner Sicht erzeugen Manager viel Komplexität. Mit jedem neuen Produkt oder jeder neuen Akquisition würden zusätzliche Ebenen im Management eingezogen - das mache die Strukturen komplizierter. "Ein großes Unternehmen darf nicht wie eine Zwiebel aufgebaut sein", forderte McDermott. "Und es sollte einen nicht zum Weinen bringen, wenn man Schicht für Schicht abzieht." Was das für den Umbau von SAP bedeutet und ob dieser ohne Tränen von statten gehen wird, muss die Zukunft zeigen. McDermott spricht zwar von "One SAP", aber auch davon, dass es nicht einfach wird: "Es ist nicht einfach, einfache Dinge zu tun - es ist hart."

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