Kampf der ERP-Titanen

SAP gegen Oracle gegen Microsoft

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Cloud-Schwerpunkt

Der Bezug von ERP-Anwendungen aus der Cloud spielt bei den Kunden der drei Software-Titanen bis dato nur eine untergeordnete Rolle. Unter den SAP-Kunden gaben 18 Prozent der Befragten an, ERP-Komponenten aus der IT-Wolke zu beziehen, unter den Oracle-Anwendern liegt deren Anteil bei 28 Prozent, knapp hinter den Dynamics-Cloud-Nutzern, die auf 29 Prozent kommen.

Das verhaltene Interesse rührt aus Sicht der Experten daher, dass sich die erhofften Kostenvorteile durch den Umzug in die Cloud nur in Teilen eingestellt haben. Im Durchschnitt konnte nur knapp jeder vierte der befragten Anwender seine erwarteten Kostenvorteile zu mindestens 40 Prozent erreichen. Vor allem Oracle-Kunden scheinen mit ihren Cloud-Erfahrungen zufrieden. Immerhin vier von zehn Anwendern berichteten, ihre Effizienzziele zu mehr als 40 Prozent erreicht zu haben. Unter den SAP-Anwendern lag dieser Anteil bei 17 Prozent. Die befragten Dynamics-Anwender erklärten dagegen durch die Bank, die erreichten Cloud-Einsparungen hätten ihre Erwartungen lediglich zu unter 40 Prozent getroffen.

Funktionen

Der Funktionsumfang spielt bei der Auswahl von ERP-Software nach wie vor eine wichtige Rolle. Allerdings schafft es kaum eine Implementierung, wirklich sämtliche funktionalen Anforderungen eines Kunden abzudecken. In dieser Hinsicht schneidet Microsoft mit seinen Dynamics-Produkten am besten ab. Sieben von zehn Befragten gaben an, mit ihrem Projekt 40 Prozent oder mehr funktionale Abdeckung erreicht zu haben. Unter den SAP-Kunden liegt dieser Anteil bei 56 Prozent, bei den Oracle-Anwendern sind es vier von zehn.

Nach Ansicht der Analysten kann Microsoft an dieser Stelle mit seinem User Interface punkten, das stark an Office- und Outlook-Oberflächen angelehnt und somit vielen Anwendern bereits bekannt ist. Außerdem verfolge der weltgrößte Softwarehersteller einen Implementierungsansatz, bei dem die Anwender mit einer Basis-Funktionalität starteten, die erst im weiteren Verlauf des Arbeitens ausgebaut werde. Dies gebe den Anwendern das Gefühl einer hohen funktionalen Abdeckung ihrer individuellen Anforderungen.

Dass es in vielen Fällen offensichtlich immer noch funktionalen Anpassungsbedarf gibt, zeigt der Grad des Customizings. Zwei von fünf SAP-Anwendern bezeichnen diesen als extrem hoch beziehungsweise ziemlich hoch. Unter den Oracle-Kunden sind es 37 Prozent, und jeder dritte Microsoft-Anwender spricht von einem hohen Customizing-Grad. Kein oder wenig Customizing benötigen 44 Prozent der Dynamics-Kunden. Im Oracle-Umfeld sind es 29 Prozent, und nur jeder vierte SAP-Anwender gab an, mit wenig beziehungsweise gar keinem Customizing auskommen zu können.

Der nach wie vor hohe Customizing-Grad mache deutlich, dass die ERP-Software in der Regel nicht out of the Box einsatzfähig sei, auch wenn das so mancher Hersteller glauben machen möchte, lautet die Interpretation der Panorama-Consulting-Analysten. Allerdings sollten die Anwender möglichst sparsam davon Gebrauch machen, ERP-Anwendungen zu verbiegen. Das Customizing sollte sich auf die Bereiche beschränken, in denen sich die Anwender eine Differenzierung im Wettbewerb und konkrete Business-Vorteile versprechen, mahnen die Experten. Viele Unternehmen starteten ihre ERP-Implementierung mit dem Vorsatz, ganz auf Anpassungen der Software zu verzichten, und ertappten sich später dabei, wie sie die Anwendungen für nicht optimierte, ineffiziente Prozesse umprogrammierten. Ein Reengineering der Geschäftsabläufe sowie ein organisatorisches Change-Management seien im Zuge einer ERP-Implementierung unerlässlich.

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