Strategien


SAP HANA-Umstieg

Saubere SAP S4-ready-Strategie bei Kärcher

Kärcher hat seine IT-Infrastruktur an nur einem Wochenende in die Cloud verlagert und zugleich einen Wechsel von IBMs DB2-Datenbank auf SAP HANA vollzogen. CIO Matthias Mehrtens und sein Team sind jetzt fertig für die S4/HANA-Welt – theoretisch.
  • Um die Komplexität zu beherrschen und die Risiken eines Big Bangs zu umgehen, entschied sich Kärcher für einen zweistufigen Umstieg auf SAP S4/HANA.
  • Im ersten Schritt wechselte Kärcher von DB2 auf HANA, verlagerte die On-Premise-Infrastruktur in eine Cloud und aktualisierte alle Systeme.
  • Applikationen laufen jetzt bis zu 50 Prozent schneller.
  • Die weiteren Vorarbeiten für die S/4-Umstellung laufen auf Hochtouren.
CIO Matthias Mehrtens von Kärcher: "Wir wollten erst auf der Datenbankseite S4-ready sein und später auf der Business-Seite nachziehen."
CIO Matthias Mehrtens von Kärcher: "Wir wollten erst auf der Datenbankseite S4-ready sein und später auf der Business-Seite nachziehen."
Foto: Kärcher

Es liegt nicht nur an der Vielzahl von Produkten, darunter Dampfreiniger, Kehrmaschinen, Mährobo­ter und die allseits bekannten Hochdruckreiniger. Bei KärcherKärcher sind 90 Prozent aller verkauften Produkte weniger als fünf Jahre alt. Angesichts dieser Innovationsfreudigkeit ist es für Vice President Information Systems Matthias Mehrtens absolute Pflicht, dass die IT zukunftsfähig aufgestellt ist. Top-500-Firmenprofil für Alfred Kärcher GmbH & Co. KG

Zu einer modernen IT gehört für ihn derzeit auch, sich intensiv mit dem Umstieg auf SAPSAP S4/HANA zu beschäftigen. Allerdings will er kein zu großes Ri­siko eingehen und S/4HANA in einem Big Bang einführen, weshalb er ein zweistufiges Vorgehen wählte. "Um die Komplexität zu entzerren, haben wir zuerst HANA für die ERP-Suite eingeführt und migrieren in einem späteren Schritt auf S/4", sagt Mehrtens. "Wir wollten erst auf der Datenbankseite S4-ready sein und später auf der Business-Seite die Prozesse nachziehen." Alles zu SAP auf CIO.de

Vorprojekt "Business Warehouse on HANA"

Erste Erfahrungen mit der HANA-Welt sammelte Kärcher bereits 2016 mit dem Vorprojekt "Business Warehouse on HANA". Nach dessen reibungslosem Verlauf und der daraus resultierenden besseren Performance im Analytics-Bereich begann die IT, eine HANA-Migration für die ganze IT-Architektur und IT-Landschaft vorzubereiten. Als günstiges Zeitfenster für den Wechsel erwies sich ein Wochenende im November 2017. Solche Lücken bieten sich nicht allzu viele bei dem 1935 gegründeten Familienunternehmen, da die Werke rund um die Uhr produzieren.

Projekt | SAP HANA-Einführung

Branche: IndustrieIndustrie Top-Firmen der Branche Industrie

Zeitrahmen: 05/2017–11/2017

Mitarbeiter: Kärcher-Kernteam 10 Mitarbeiter, DXC 14 Mitarbeiter

Produkte: SAP Business Suite powered by SAP HANA

Dienstleister: DXC, Smartshift Technologies (Code-Bereinigung)

Einsatzort: unternehmensweit

Internet: www.kaercher.com/de

An diesem Wochenende erledigte das IT-Team gleich drei Schritte in einem: Kärcher wechselte von DB2 auf die HANA-Datenbank, verlagerte die Infrastruktur in eine Virtual Private CloudVirtual Private Cloud beim Dienstleister DXC Technology und aktualisierte darüber hinaus alle Systeme auf den neuesten Software­stand. Alles zu Cloud Computing auf CIO.de

Einführung mit kleinem Big Bang

Zu dem Zeitdruck, alles an einem Wochenende zu schaffen, kam noch die Komplexität der IT-Landschaft. Neben dem zentralen SAP-System im Headquarter betreiben die Auslandsgesellschaften noch vier weitere ERP-Systeme. Anstatt mit den Systemen einzeln umzuziehen, wählte Mehrtens in diesem Fall einen kleinen Big Bang.

"Um Inkonsistenzen zwischen den Daten der ERP-LösungenERP-Lösungen zu vermeiden, haben wir uns für die gemeinsame Umstellung aller ERP-Systeme entschieden", erläutert der IT-Chef. Da­für sprachen auch wirtschaftliche Vorteile, wären die Kosten durch einen parallelen Betrieb der bisherigen On-Premise-Lösung und der neuen Cloud-Umgebung doch deutlich höher ausgefallen. Alles zu ERP auf CIO.de

Die Erfolgsfaktoren

Um das Projekt zügig durchzuziehen und dabei die Komplexität zu beherrschen, kam dem Projekt-Management eine zentrale Rolle zu. So erwies sich als vorteilhaft, dass sich die Teams von Kärcher und DXC schon über Jahre gut eingespielt hatten. Seit 2013 arbeitet Kärcher im Infrastrukturbereich mit dem Dienstleister zusammen, der schon die Mainframes abgelöst und das SAP-System auf Linux-Server gehievt hatte.

Kärcher stellt unter anderem Hochdruckreiniger her.
Kärcher stellt unter anderem Hochdruckreiniger her.
Foto: Alfred Kärcher GmbH

Ein weiterer Erfolgsfaktor lag in den aufwendigen Tests. "Drei intensive Wochen lang liefen die gemeinsamen Tests End-to-End vom Business über die Kärcher-IT bis in die DXC-Infrastruktur. Das war minutiös abgestimmt", blickt Jürgen Stauber, Director DXC Technology Deutschland, zurück. Dazu zählten nicht nur die SAP-Systeme, sondern auch Anwendungen, die auf das ERP-System zugreifen. Zudem mussten die Applikationen von Drittanbietern HANA-ready sein.

Außerdem fielen Änderungen an den ABAP-Programmen an, weil die HANA-Datenbank ein anderes Coding erfordert, um die gleiche Funktionalität und eine höhere Performance zu gewährleisten. Dafür holten Kärcher und DXC den Dienstleister Smartshift Technologies ins Projekt, der die notwendigen Codeumstellungen mit seinen automatisierten Verfahren betrieb.

Applikationen laufen bis zu 50 Prozent schneller

Seit November 2017 arbeiten nun alle Business-relevanten SAP-Systeme wie Logistik, Buchhaltung, Controlling, Vertrieb und Produktionsplanung mit HANA. "Wie wir bisher feststellen, läuft das System im ERP-Umfeld unheimlich schnell und stabil. Die Technologie ist mittlerweile ausgereift", resümiert Mehrtens.

Erste Erfolge in Sachen Performance lassen sich bereits messen. So stehen Nacht-Durchläufe früher zur Verfügung, einige Anwendungen, etwa für betriebswirtschaftliche Zahlen, lassen sich seitdem auch tagsüber nachfahren, und es sind Prozesse möglich, die sich früher aus Performance-Gründen gar nicht ausführen ließen. "Applikationen laufen jetzt bis zu 50 Prozent schneller", sagt Mehrtens. "Auch der Wechsel in die Cloud hat sich gerechnet."

Weitere Vorteile sollen durch Prozessverbesserungen erzielt werden, die durch den Umstieg auf S/4 HANA in Stufe zwei des Projekts erzielt werden. "Technologisch sind wir nach der Mainframe-Ablösung, der HANA-Einführung und dem neuesten SAP-Release-Stand jetzt S4-ready", sagt Mehrtens, der im Dezember 2011 von den Stadtwerken Düsseldorf, wo er auch schon CIO war, zu Kärcher kam.

3 Modelle für die S/4-Umstellung in der Diskussion

Zurzeit diskutiert die IT noch darüber, wann der Umstieg stattfinden und wie viel Prozessoptimierung zu welchem Zeitpunkt erreicht werden soll. Dabei stehen drei mögliche Modelle zur Wahl:

  • zügig auf S/4 gehen und anschließend ein Prozess­optimierungs-Paket schnüren;

  • erst Prozesse optimieren und damit einen längeren Zeitraum bis zur Migration haben;

  • einen Mittelweg zwischen diesen beiden Ansätzen einschlagen.

Die Diskussion ist offen, entschieden ist bisher noch nichts.

Das Zeitfenster für einen baldigen Umstieg wäre allerdings momentan günstig. "Durch die Performance-Verbesserungen hat HANA gerade einen guten Ruf im Unternehmen, so dass Business und Organisation schon Appetit auf mehr neue Infrastruktur haben", sagt Mehrtens. Und von solchen Momenten gibt es im Leben eines CIO ja nicht allzu viele.

Unternehmen |Alfred Kärcher SE & Co. KG

Hauptsitz: Winnenden

Umsatz: über 2,5 Milliarden Euro (2017)

Mitarbeiter: über 12.300 (110 Gesellschaften in 67 Ländern)

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