Rabattaktion

Schlappe vor Gericht für Daimler-Tochter myTaxi

16.06.2015
Mit einer groß angelegten Rabattaktion wollte die Bestell-App myTaxi Boden gewinnen im umkämpften deutschen Markt für Fahrdienste. Doch vor Gericht kassiert die Daimler-Tochter eine Niederlage - für alteingesessene Taxifahrer ist das zugleich ein Punktsieg.

Rabatte der Daimler-Tochter myTaxi sind laut einem Urteil des Stuttgarter Landgerichts rechtswidrig - für viele Taxifahrer ist das etwas Seelenbalsam. Denn seit langem drängt neue Konkurrenz auf den umgekämpften Markt für Fahrdienste, der Wettbewerb wird rauer. Das Urteil vom Dienstag ist ein deutlicher Fingerzeig an die neuen Konkurrenten, dass sie es nicht übertreiben dürfen bei ihrem Kampf um Neukunden. (Az.: 44 O 23/15 KfH)

Worum geht es?

Die Daimler-Tochter myTaxi hatte Mitte Mai in Deutschland und anderen Staaten mit Rabatten von bis zu 50 Prozent für Fahrten geworben, die über die App vermittelt und bezahlt werden. Das war insofern ein juristisch gewagter Schritt, weil auf dem streng reglementierten Taximarkt behördlich festgelegte Preise gelten. Die dürfen laut Gesetz weder unter- noch überschritten werden.

Was genau ist das Problem?

Das Personenbeförderungsgesetz ist auch dazu da, Taxifahrer vor ruinösem Wettbewerb zu schützen. Die Rabattaktion sei aber genau dies - nämlich unfair, so der Kläger, die Stuttgarter Auto-Taxi-Zentrale. Das Gesetz gelte aber nicht für die App, da man nur ein Vermittler sei, argumentiert myTaxi. Außerdem hätten die Fahrer, die durch das Gesetz geschützt werden sollen, den vollen Fahrpreis erhalten. Lediglich den Rabatt an den Kunden habe man erstattet - dies entspreche der gängigen Praxis von Taxigutscheinen.

Gibt es sonst Rabatte für Taxifahren?

Die gibt es. Anbieter von öffentlichem Nahverkehr (ÖPNV) schießen zum Beispiel kleine Beträge für Frauen-Nacht-Taxis zu. Allerdings vermitteln die ÖPNV-Betriebe keine Taxifahrten. Und diese Koppelung war zumindest vor dem Stuttgarter Landgericht der springende Punkt.

Wie ist die Haltung des Gerichts?

Die Richterin vor dem Stuttgarter Landgericht machte früh klar, dass die myTaxi-Rabatte wettbewerbswidrig sind. "Um ein Taxiunternehmen zu sein, ist es nicht erforderlich, dass die Beförderung auch durch das Unternehmen erfolgt", sagte sie während der Verhandlung. Bei der Urteilsverkündung bekräftigte sie, dass sie bei dieser Auffassung bleibe. Denn myTaxi sei eben nicht nur Vermittler, sondern durch die Zahlungsabwicklung auch direkt in die Taxifahrten involviert.

Was heißt das für myTaxi?

Die Rabattaktion von myTaxi ist in Deutschland längst beendet. Das Urteil legt aber fest, dass es in Stuttgart, Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen vorerst auf keinen Fall eine Neuauflage gibt. Außerdem hatte der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband (BZP) vor dem Hamburger Landgericht den Rabatten ebenfalls per einstweiliger Verfügung einen Riegel vorgeschoben. In anderen Regionen Deutschlands könnte myTaxi mit den Preisnachlässen theoretisch wieder auf Kundenfang gehen - dann aber würden dortige Taxizentralen dem Stuttgarter Beispiel wohl folgen. Auf die Frage, ob man daher in Deutschland vorerst die Finger lassen werde von den Rabatten, hält sich ein Daimler-Sprecher bedeckt. Man werde das Urteil prüfen. In Österreich und Italien gibt es solche myTaxi-Rabatte weiterhin.

Könnte myTaxi verboten werden?

Danach sieht es nicht aus. Die Richterin machte während der Verhandlung klar, dass es nicht um den Schutz der Taxizentralen vor Konkurrenten gehe. Diese betreiben teilweise schon ihrerseits Apps, die ähnliche Dienste wie myTaxi anbieten. Die Daimler-Tochter selbst gibt sich trotzig. Man sei weiterhin der Ansicht, gesetzeskonform agiert zu haben, sagt ein Sprecher. Dass in einem möglichen neuen Verfahren das Verbot der Rabattaktion aber doch noch gekippt wird, gilt aber als unwahrscheinlich.

Gibt es einen Zusammenhang zum Dauerstreitthema Uber?

Jein. Der Mitfahrdienst Uber wird vor allem von Fahrern genutzt, die keine Profi-Taxifahrer sind. Hingegen richtet myTaxi sich an lizenzierte Taxifahrer. Aber: Ob myTaxi oder Uber - es geht darum, dass die alteingesessenen Taxifahrer ihre Pfründe verteidigen. Letztlich ist das Stuttgarter Urteil ein kleiner Etappenerfolg der etablierten Branche gegen neue Konkurrenz. Hakan Sandalya, Vorstandsmitglied der Stuttgarter Auto-Taxi-Zentrale, verweist sorgenvoll auf die Konkurrenz auch durch Carsharing und Mietwagen-Firmen. "Das hat uns Arbeit weggenommen", sagt er. Uber gibt es in Stuttgart übrigens nicht: Erst im April hatte ebenfalls die Auto-Taxi-Zentrale durchgesetzt, dass das Unternehmen seine Dienste nicht in Baden-Württembergs Landeshauptstadt anbietet. (dpa/tc)

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