Jetzt Service-Kataloge etablieren

Schmeißt Joe raus!

27.05.2010
Von Nicolas Zeitler
Andreas Dietze Berater bei Roland Berger: "Ich kenne Firmen mit nur 15 Services, aber auch einen Extremfall mit 150."
Andreas Dietze Berater bei Roland Berger: "Ich kenne Firmen mit nur 15 Services, aber auch einen Extremfall mit 150."
Foto: Roland Berger

Während die Applikationsdatenbank einen schnellen Überblick gewährleistet, bezeichnet Karbenk ihren eigentlichen Service-Katalog als "nicht sehr user-freundlich". Allerdings ist der Katalog selbst auch nicht Grundlage für Vereinbarungen zwischen IT und Business. Die Anwender bei Unilever haben über eine Datenbank Zugriff auf den Katalog, in dem Service-Beschreibungen und -Verfügbarkeiten verzeichnet sind. Über eine Kombination von globalen, regionalen und lokalen Service Level Agreements vereinbaren die Fachbereiche dann mit dem für sie zuständigen IT-Business-Partner, welche Services sie konkret nutzen. Jeder IT-Business-Partner ist für einen anderen Funktionsbereich verantwortlich.

Dazu, wie anwendernah ein IT-Service-Katalog sein soll, gibt es auch andere Ansichten. Nach Meinung von Beratern wie Roland Behr und Andreas Dietze steht er idealerweise im Intranet oder Firmenportal und ermöglicht die Bestellung von Services per Mausklick. Diesen Ansatz vertritt auch Wirtschaftsinformatikerin Simone Rudolph. Ein elektronischer Katalog mache es neben der Bestellung auch möglich, die Bedarfsplanung zu strukturieren. "Außerdem kann man sinnvolle Dinge wie eine Übersicht über die bestellten IT-Services für die Fachbereiche einbauen", erläutert sie. Dadurch entstehe nicht nur Transparenz, sondern oft auch Kostenbewusstsein in den Fachbereichen. In einem elektronischen Katalog könne man außerdem einzelnen Fachbereichen nur jene Services anzeigen, die für sie relevant sind.

Sprache der Anwender treffen

"Unsere jetzigen KPIs sind noch sehr IT-lastig. Sie beziehen sich etwa darauf, ob ein SAP-System läuft oder eine LAN-Technologie verfügbar ist."so Petra Karbenk, IT-Chefin bei Unilever.
"Unsere jetzigen KPIs sind noch sehr IT-lastig. Sie beziehen sich etwa darauf, ob ein SAP-System läuft oder eine LAN-Technologie verfügbar ist."so Petra Karbenk, IT-Chefin bei Unilever.

Wichtig ist es auch, die Sprache der Anwender zu treffen. "Die Service-Beschreibungen im Katalog müssen aus der Erfahrungswelt der Mitarbeiter in den Abteilungen stammen", erklärt Simone Rudolph. Wie technisch ein Service-Katalog aufgebaut sein darf, hängt ganz davon ab, wie verbreitet technisches Verständnis in den Fachabteilungen ist. So kennt ein Anwender zwar meist Desktop und Anwendung. "Aber schon die Firewall dahinter kennt er nicht", veranschaulicht Roland Behr.

An Beispielen wie diesem wird deutlich: Entscheidend ist das richtige Maß an Transparenz. So betont Wirtschaftsinformatikerin Rudolph: "Bei der Granularität der Service-Beschreibungen muss man nicht ins Kleinste gehen." Bei der Bereitstellung eines Mail-Zugangs sei es für Anwender schlicht überflüssig, im Einzelnen aufzuführen, welcher Virenschutz in welcher Softwareversion oder welcher Spam-Filter eingesetzt wird. "Übergroße Transparenz ist nicht mehr effizient, weil dies möglicherweise zu mehr Verwirrung als Klarheit und damit zu unnötigen Fragen führt", sagt sie. Andreas Dietze nennt ein weiteres Beispiel für eine
Leistung, bei der zu viel Transparenz seiner Meinung nach nicht sinnvoll ist: die Entgeltabrechnung im Personalbereich. Häufig erbringe ein Shared-Service-Center diesen Service. Bei solchen Diensten reiche es aus, den Fachbereichen mitzuteilen, wie viel dafür pro Person berechnet wird – ohne die Leistung näher in IT- und Prozesskosten aufzuschlüsseln.

Ein weiterer Mangel vieler Service-Kataloge ist übertriebene Kleinteiligkeit. Ein Beispiel: Seit Jahren führt ein Unternehmen einen Leistungsschein für Desktops. Als Single Sign-On eingeführt wurde, setzte die IT-Abteilung diese Funktion als separaten Service auf. "Weil heute aber jeder Single Sign-On braucht und ohnehin zum Desktop dazubestellt, könnte man diesen Service auch gleich als Element in den Service Desktop integrieren", erklärt Roland Behr von Compass. Kleinteiligkeit im Katalog erschwere die Bepreisung der Services und Benchmarking. Sie ist oft die Folge, wenn das Leis-tungsverzeichnis nicht aktuell gehalten wird.

CIO-CIRCLE - Jetzt zum Workshop anmelden

Helmuth Karnath, CIO von Phoenix Contact, lädt über den CIO-Circle zu einem Workshop über Service-Kataloge ein. Diskutieren will er Service-Beschreibungen oder die Gruppierung von Services. Bisher haben sich CIOs von 20 Firmen angemeldet. Bis zu 25 sollen laut Karnath höchstens teilnehmen. Anmelden können sich Interessierte über die Internet-Seite des CIO-Circle (www.cio-circle.org). Die Teilnahme kostet nichts. Genauer Termin und Veranstaltungsort stehen noch nicht fest.

Karnath ist bei Phoenix Contact gerade dabei, sein Leistungsangebot in einem Katalog zusammenzustellen. "Wir richten unsere IT an ITIL aus", sagt er. Eine der Detailfragen, die er im Workshop auch besprechen möchte: "Muss ich Hosting für ERP für die einzelnen Länder und Systeme jeweils als einzelnen Service anbieten, oder reicht ein allgemeiner Service ,Hosting‘, den ich über SLAs anpasse?", so Karnath.

Übrigens: Workshops im CIO-Circle sind zwar gratis, leben aber davon, dass die Teilnehmer sich einbringen.

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