Jetzt Service-Kataloge etablieren

Schmeißt Joe raus!

27.05.2010
Von Nicolas Zeitler
Matthias Seidl von der Lexta Consultants Group.
Matthias Seidl von der Lexta Consultants Group.

Dabei ist Aktualität wesentlich, damit ein IT-Service-Katalog Transparenz schaffen kann. Einen Katalog vor der Erstellung einmal mit den Fachbereichen abzustimmen reicht nicht aus. Er müsse vielmehr ein "lebendes Dokument" sein, wie Simone Rudolph sagt. Sie empfiehlt einen jährlichen Review-Prozess, in dem die Fachbereiche unter anderem Auskunft geben sollen, ob sich ihr Bedarf an IT-Leistungen verändert hat, Service-Levels noch aktuell oder einzelne Service-Beschreibungen anzupassen sind. Regelmäßige Überprüfungen des Katalogs sind zwingend. "Sonst verliert er an Akzeptanz", beobachtet Roland Behr. Finden die Anwender im Katalog nicht, was sie brauchen, kehren sie schlimmstenfalls zurück zum Hey-Joe-Prinzip.

Kataloge wollen gelebt sein

Bei Unilever werde der Katalog „gelebt“, betont Petra Karbenk. Damit das so bleibt, gibt es regelmäßig Service Reviews mit den Abteilungsleitern, Werksleitern und Vertretern aus der Geschäftsleitung. Bei Bedarf werden Services aus dem Katalog entfernt, neue aufgenommen oder unter dem Schlagwort "Service Improvements" Verbesserungen eingeleitet. Meist müsse man aber nur SLAs anpassen, so Karbenk.

Deutlich geworden sei bei diesen Runden bisher, dass die Verständigung zwischen IT und Geschäftsbereichen noch besser werden könne. "Unsere jetzigen KPIs sind noch sehr IT-lastig. Sie beziehen sich etwa darauf, ob ein SAP-System läuft oder eine LAN-Technologie verfügbar ist", räumt sie ein. Da solche Kennzahlen nicht den Anforderungen des Business entsprechen, arbeiten IT-Abteilung und Geschäftsbereiche zurzeit gemeinsam an "business-
relevanten KPIs", so Karbenk.

Was ihr Service-Katalog schon bis heute bewirkt hat, ist, den Stand der IT-Abteilung im Unternehmen zu verändern – und das innerhalb eines Jahres. "Er hat erreicht, dass wir die Erwartungen der Nutzer viel besser steuern können", sagt Petra Karbenk. Vorher sei bei vielen Services nicht eindeutig festgelegt gewesen, welche Leistung der Kunde erwarten konnte – eine "Grauzone", wie sie sagt. Erreichbarkeit rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr hätten Fachbereiche zum Teil verlangt und die Abarbeitung von Problem-Tickets binnen kürzester Zeit. "Das war zum Teil völlig unrealistisch."

Schmackhaft, weil billiger

Als Folge der Harmonisierung von IT-Services müssen Anwender zwar mittlerweile auf manche individuelle Lösung verzichten. Nach Joe sollen sie künftig auf den Fluren der Unilever-Werke dennoch nicht rufen. Die Gefahr, dass jenseits des verbindlichen Service-Katalogs erneut Insellösungen entstehen, scheint indes gering. Meist könne man den Anwendern Harmonisierungen mit Verweis auf mögliche Einsparungen schmackhaft machen, sagt Petra Karbenk.

Kataloge - 20 bis 40 Leistungen anbieten

Wer zu viele Services anbietet, wirkt verwirrend, wer zu wenig anbietet, verblödend. Interview mit Matthias Seidl von der Lexta Consultants Group, Berlin.

Sie sagen, Service-Kataloge zu erstellen sei gerade en vogue. Was ist der Grund?

Matthias Seidl: Es verwundert, dass die IT vielerorts ihre Leistungen nicht schon vorher transparent in Form von IT-Services beziehungsweise -Produkten aufgestellt hat. Manche haben zwar einen Katalog ihrer Services, aber keine aussagekräftigen Leistungsscheine. Gerade die schaffen aber eine saubere Diskussionsbasis mit Fachbereichen und externen Dienstleistern. Wenn jemand der IT mal wieder vorhält, der Rechner koste ja mehr als bei Media Markt, kann der CIO darauf verweisen, was im Leistungsschein alles zusätzlich enthalten ist, zum Beispiel Wartung, Service und Support. Soll er Kosten senken, kann er deutlich machen, wie sehr dadurch Service-Levels sinken. Dass gerade jetzt viele einen Service-Katalog einführen, hat sicher mit der Wirtschaftskrise und den aus ihr resultierenden Spardiskussionen zu tun.

Woran erkennen Sie einen guten Service-Katalog? Gibt es eine Höchstzahl an Services, die man nicht überschreiten sollte?

Ein guter Katalog ist aus Kundensicht gedacht. Er ist nicht rein technisch ausgerichtet, sondern enthält Services, die auch die Fachbereiche verstehen und benötigen. Gute Service-Kataloge haben in der Regel zwischen 20 und 40 Leistungsscheine. Mit der Firmengröße hängt die Zahl der Services nicht so sehr zusammen. Eher damit, wie stark man Services ausdifferenziert – bietet man zum Beispiel nur Bürokommunikation an oder splittet man sie auf in einzelne Service-Elemente wie Desktop-PC, Drucker, Standardsoftware, E-Mail-Account und PDA.

CIOs nutzen Kataloge, um ihr Leistungsangebot zu entrümpeln. Wo fängt man am besten an?

Hilfreich ist es, zunächst zu schauen, wie oft eine Leistung überhaupt abgerufen wird. Was niemand nachfragt, lässt sich ausmustern. Nicht immer sinkt nach der Bestandsaufnahme allerdings die Zahl der Services. Manchmal muss man auch stärker ausdifferenzieren. Ein Unternehmen hatte in seinem Desktop-Service auch den VIP-Service enthalten. Der umfasst unter anderem, dass dem Vorstand bei Computerpannen ein Support-Mitarbeiter nachreist – und das weltweit. Hier war es sinnvoller, den VIP-Notebook-Service als eigenen Leistungsschein aufzustellen. Der Standard-Desktop-Service wurde dadurch nach Kostenverursachung gerechnet und günstiger, die VIP-Variante kostet jetzt das Vierfache.

Zur Startseite