Narzissmus

Selbstverliebtheit begünstigt steile Karriere

05.03.2024
Von Daniel Rettig

Das erklärt auch, warum Narzissten in der Chefetage besonders häufig sind. Zum einen sind sie oft ehrgeizig, hoch motiviert und gieren nach Macht. Zum anderen verfügen sie über die nötige emotionale und soziale Intelligenz, um Untergebene und Kollegen einzulullen. Sie können häufig sehr charmant sein, andere von ihren Ideen überzeugen und mitreißen.

Das legt auch eine Studie aus dem Jahr 2008 nahe. Darin bestimmte Amy Brunell von der Ohio State Universität zunächst die Charaktereigenschaften von knapp 500 Studenten. Dann teilte sie die Probanden in Vierergruppen. Jetzt sollten sie untereinander den fiktiven Vorsitzenden einer Studentenvereinigung wählen. Und siehe da: Narzisstische Studenten waren während der Diskussion nicht nur besonders dominant. Sie wurden auch wesentlich häufiger zum Vorsitzenden gewählt.

Der Umgang mit narzisstischen Vorgesetzten

Kurzum: Die Ausformungen des Narzissmus begünstigen eine steile KarriereKarriere. Und davon können Unternehmen durchaus profitieren. Zu diesem Ergebnis kam erst kürzlich die Studie eines deutsch-amerikanischen Forscherteams. Wolf-Christian Gerstner und Andreas König von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg analysierten die Investitionsentscheidungen von Pharma-Unternehmen zwischen 1980 und 2008. Ergebnis: Ein Unternehmen investierte umso häufiger in neue Technologien, je narzisstischer der jeweilige CEO war. Alles zu Karriere auf CIO.de

Kein Wunder: Narzissten verfügen über ein übersteigertes Selbstbewusstsein, das sie immer wieder aufs Neue bestätigt sehen wollen - und noch dazu über eine gehörige Portion Rücksichtslosigkeit. Eigenarten also, die bei Entscheidungen von Vorteil sein können. Zumindest in Maßen.

Doch Narzissten laufen nicht nur Gefahr, zu hohe Risiken einzugehen. Sie machen auch ihren Untergebenen das Leben bisweilen schwer. Macht und Ansehen sind ihnen wichtiger als Leistung. Sie zeigen wenig Mitgefühl und neigen zu übertriebener Risikobereitschaft. Sie sind nicht für das Unternehmen da, sondern das Unternehmen ist für ihre Bedürfnisse da. "Der sehr narzisstische Mensch hat eine unsichtbare Mauer um sich erstellt", sagte schon der deutsche Psychoanalytiker Erich Fromm. "Er ist alles, die Welt ist nichts - oder vielmehr: Er ist die Welt."

Solange sich dies im Rahmen hält, ist das nicht weiter schlimm. Doch der Grat zum sogenannten reaktiven Narzissmus ist schmal. Einerseits lieben sich solche Charaktere selbst am meisten und neigen zu Arroganz und Selbstgefälligkeit. Andererseits leiden sie unter Minderwertigkeitsgefühlen, die sie durch andauernde Anerkennung kompensieren wollen. Manche scheitern dabei kläglich - und andere haben Erfolg.

So wie Larry Ellison. In einem Fernsehinterview wurde er vor einigen Jahren mal gefragt, was ihn antreibe. "Ich gebe es zu", sagte Ellison, "es hat furchtbar viel mit persönlicher Eitelkeit zu tun."

Aber was können Angestellte tun, die einen narzisstischen Vorgesetzten haben? Dabei helfen können diese fünf Tipps.

  • Akzeptieren Sie den Narzissten so, wie er ist. So banal es auch klingt, aber manche Menschen ändern sich nicht - und für diese Sisyphos-Aufgabe sind Sie ohnehin nicht der Richtige.

  • Stellen Sie seine vermeintliche Großartigkeit nie öffentlich infrage - denn selbst auf konstruktive Kritik reagieren Narzissten häufig allergisch.

  • Seien Sie auf Detailarbeit vorbereitet - aber erwarten Sie nicht, für Ihre Ideen und Überstunden von ihm gelobt zu werden. Denn das Rampenlicht will er nicht mit Ihnen teilen. Deshalb sollten Sie Ihre Zufriedenheit nie von seiner Laune und seinem Wohlwollen abhängig machen.

  • Schützen Sie sich selbst. Bleiben Sie dem Narzisst gegenüber professionell. Ihre Gefühle und Emotionen sollten Sie mit ihm nicht teilen. Dadurch bieten Sie ihm so wenig Angriffsfläche wie möglich.

  • Achten Sie auf Ihre Formulierungen. Wenn Sie etwas von ihm wollen, betonen Sie nicht, was Sie selbst davon haben - sondern welche Vorteile er daraus ziehen könnte.

(Quelle: Wirtschaftswoche)

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