Interview mit Klaus Doppler

"Sie sind ein Sozial-Idiot"

Schon vor fünf Jahren forderte man von CIOs, über den Tellerrand ins Business zu schauen. Das ist wohl nicht so recht geglückt?

Leute aus der IT lieben Zahlen und das binäre Denken. Daraus leitet sich dann auch der Berufswunsch ab. Ein CIO muss über den eigenen Bereich hinausgucken können, eine andere Perspektive einnehmen können. Er muss Grenzen überschreiten können, also in einer Sprache Dinge klar machen, die andere, etwa aus den Fachbereichen, auch verstehen. Und er muss die Politik im Unternehmen mitmachen, also lernen in Interessensbereichen zu denken und über eine Vernetzung wichtige Ideen durchzusetzen. Könnte er das, wäre er sicher häufiger im Vorstand zu finden.

Sie werden von Unternehmen geholt, um Störungen wie Kommunikationsdefizite zu beheben. Wie gehen Sie da vor?

Meist geht es darum, Konflikte zwischen zwei Parteien zu lösen oder Veränderungen zu begleiten. Ich lasse die Teilnehmer etwa ein Bild malen, und schon werden die Konflikte klar. Meist lässt sich daraus ersehen, was mit den Prozessen, Strukturen und der Kommunikation nicht stimmt. Die moderierten Workshops helfen, die eigene Welt als nur eine Perspektive unter vielen zu akzeptieren, die eigene Sicht auch mal zu verlassen und eine andere einzunehmen.

In Ihrem letzten Buch "Incognito" (siehe unten) betrachten Sie Führung von unten. Sie lenken die Aufmerksamkeit von dem "alleinigen Herrscher" eines Bereiches wie etwa IT ab. Welchen Anteil haben Mitarbeiter etwa des unteren oder mittleren Managements an Fehlentscheidungen oder Missmanagement?

Oft stellt sich das mittlere Management als Opfer dar. Dabei ist es häufig Teil des Problems. Nimmt etwa der Chef konstruktive und innovative Ideen nicht auf oder lässt diese versanden, dann ist offene Rückmeldung angesagt, statt sich nur hinter dem Rücken des Chefs mehr oder weniger unflätig über dessen Borniertheit auszulassen. Ohne gezieltes Feedback über die Unzufriedenheit kann sich nichts ändern.

Die Gefahr ist aufgrund des miesen Arbeitsmarktes einfach zu groß, nach einigen gut gemeinten aber harten Feedbacks auf der Straße zu landen.

Ducken gegen die eigene Überzeugung ist tödlich. Denn zum Schluss wissen Sie selbst nicht mehr, was Sie glauben. Sie müssen ein Kräftefeld aufbauen, Kollegen suchen, die genauso denken wie Sie, und eine Gegenmacht aufbauen, eigene NetzwerkeNetzwerke ausbauen - sprich ein Stück weit Politik machen. Wenn nur drei Kollegen mit Ihnen gegen den Chef stimmen, haben Sie schon weit bessere Karten. Mächtige akzeptieren nur die Gegenmacht. Alles zu Netzwerke auf CIO.de

Das ist einfacher gesagt als getan.

Der CEO oder CIO hat eigentlich vorrangig ein Interesse, dranzubleiben. Also betreibt er zu 70 Prozent Politik. Viele himmeln ihn an, lassen sich beeindrucken und schließlich einspannen von ihm - nach dem Motto "Du gehörst zu meinem Heer". Um die Silo-Zuordnung und Grabenkämpfe zu durchbrechen, brauchen Sie Bundesgenossen, mit deren Hilfe Sie Paroli bieten. Sonst bleibt alles so, wie es immer war.

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