Gesprächsleitfaden

So führen Sie Problem-Interviews

Katja Nettesheim ist Expertin für Management und Führung. Sie befasst sie sich mit den neuesten Entwicklungen der digitalisierten Märkte. Als Gründerin und Geschäftsführerin von culcha verbindet sie dieses Wissen mit neurowissenschaftlichen Kenntnissen.
Wer das Geschäft erfolgreich transformieren will, muss interne und externe Kunden verstehen. Dabei helfen Problem-Interviews. Wir verraten, wie es geht.
In Problem-Interviews ist es hilfreich, wenn eine Person die Schriftführung übernimmt.
In Problem-Interviews ist es hilfreich, wenn eine Person die Schriftführung übernimmt.
Foto: fizkes - shutterstock.com

Die digitale Transformation stellt Unternehmen und ihre CIOs vor große Herausforderungen. Eine der wesentlichen Herausforderungen ist die Antwort auf die Frage: Was wollen unsere Kundinnen und Kunden? Verstehen wir wirklich bis ins kleinste Detail, wie unsere Produkte oder Dienstleistungen genutzt werden und welche Bedürfnisse und Wünsche vielleicht auf der Strecke bleiben?

Denn nur wer seine Klientel wirklich versteht, kann das eigene Geschäft erfolgreich transformieren. Und das müssen nicht immer ausschließlich die Endkunden eines Produktes sein. Auch interne Anspruchsgruppen müssen als Customers verstanden werden - gerade bei technologischen Transformationen. Deren Probleme zu durchdringen, ermöglicht es den Transformierenden, Veränderungen leichter durchzusetzen. Weil die Veränderungen konkrete Probleme der Kundinnen und Kunden heilen.

Um tief in die Problemwelten einzutauchen, eignen sich Problem-Interviews mit Kunden. Nehmen Sie sich dafür Zeit, halten Sie die Ergebnisse schriftlich fest und verwenden Sie eine aktive Gesprächsführung mit mehrfachen Nachfragen, um Probleme im Kern zu durchdringen. Dazu finden Sie hier ein Grundgerüst für ein Gespräch, dass sie auf die individuellen Gegebenheiten anpassen können.

Gesprächsleitfaden für Problem-Interviews

Präambel

Danke, dass Sie sich heute die Zeit nehmen, mit uns zu sprechen. Ich habe hier meine/n Kollegin/en dabei, damit ich mich auf die Gesprächsführung konzentrieren und jemand anderes vor allem die Notizen machen kann.

Bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen noch ein paar Hintergrundinformationen geben: Unser gemeinsames Unternehmen … (Namen einsetzen) unterzieht sich gerade großen Veränderungen in Reaktion auf die sich schnell entwickelnde Umwelt. Sie sind für uns dabei als … (Einsetzen: Nutzer, Empfänger der Leistung etc.) ein wichtiger Stakeholder, weshalb wir hier das Gespräch suchen.

Wir sind noch in den Frühphasen der Entwicklung, und ich bin hier absichtlich so vage, um das Gespräch nicht in eine bestimmte Richtung zu lenken. Ziel ist "nur", Ihre Situation ein bisschen besser zu verstehen. Das wird uns helfen, das Transformationsprojekt besser zu machen. Keine Sorge, es gibt dabei keine falschen Antworten - und wir wollen Ihnen auch nichts verkaufen.

Daher gilt auch: Am meisten können Sie uns helfen mit Klarheit und Ehrlichkeit. Sie müssen auch nicht auf Konventionen oder etwa unsere Gefühle Rücksicht nehmen! Je offener Sie sind, desto besser können wir Sie und Ihre Situation verstehen. Alles, was Sie uns sagen, wird von uns vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Stattdessen analysieren wir das Gesagte und ziehen dann Schlüsse daraus für unsere Entwicklung. In dem Zusammenhang zitieren wir vielleicht aus dem Interview, aber immer ohne Namensnennung. Wir bitten Sie, die von uns mitgeteilten Informationen ebenfalls vertraulich zu halten.

Gesprächsverlauf

  • Wenn Sie an … (das Thema, das in Bezug auf diesen User Objekt der Veränderung ist) denken, was ist für Sie die größte Herausforderung?

  • (1-3 Probleme aufgreifen und vertiefen) Wie genau äußert sich das Problem?
    Wann stellt sich das Problem? Wie fühlen Sie sich dabei?
    Warum ist das für Sie ein Problem? Gibt es auch Momente, wo es eigentlich auftauchen müsste, es aber nicht entsteht?
    Wie viel Zeit / Geld / Nerven kostet Sie das Problem?

  • Was haben Sie bisher unternommen, um dieses Problem zu lösen? Welche Produkte / Services / Prozesse nutzen Sie derzeit zur Lösung dieses Problems?

  • Wie würde in Ihren Augen eine perfekte Lösung dieses Problems aussehen?
    Beschreiben Sie uns bitte ganz genau, wie das Produkt / der Service / der Prozess aussehen würde, der das Problem löst?

  • Gibt es wichtige Mitbestimmende für die Entscheidung über den Einsatz einer solchen Lösung in Ihrem Umfeld?
    Welche Rahmenbedingungen sind für diese jeweiligen Personen wichtig?

  • Was wäre Ihnen eine solche Lösung wert?

  • Was möchten Sie uns noch zu Ihrer Situation sagen?
    Wenn Sie dafür einen Wunsch frei hätten, was wäre das?

Egal, an welchem Punkt der Transformation Sie sich befinden: Es gibt eine ganze Reihe Tools und Konzepten, um die Wahrscheinlichkeit für Erfolg zu erhöhen. Das "Problem-Interview" ist eines davon. (kf)

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