Cloud Computing


Multi-Cloud-Strategie?

So sind Sie auf dem Holzweg!

Kommentar  20.09.2019
Matt Asay ist Autor der US-Schwesterpublikation Infoworld.com.
Multi-Cloud-Infrastrukturen sollen Agilität und Innovationskraft stärken, die Kosten dabei aber gering halten. Das Gegenteil ist der Fall.
Multi-Cloud-Strategie gleich multipler Erfolg - wir sagen Ihnen, warum das nicht klappt.
Multi-Cloud-Strategie gleich multipler Erfolg - wir sagen Ihnen, warum das nicht klappt.
Foto: javarman - shutterstock.com

Auf dem Papier wirkt so eine Multi-Cloud-Strategie wie eine wundervolle Idee. Unglücklicherweise erweist sich die Umsetzung dieser Idee in der Praxis aber als problematisch. Oder anders gedrückt: Läuft nicht. Zu keiner Zeit. Denn wo Anwender und Kunden Vorteile erwarten, tummeln sich viele Anbieter, die Multi-Cloud-Strategien feilbieten wie Scharlatane Wundertinkturen im Wilden Westen. Wenn Sie darauf hereinfallen, werden Sie am Ende meist mit einer, bestenfalls rudimentären, Strategie abgespeist, die Ihr Unternehmen mehr aufhält als voranbringt - dabei aber ein Vermögen kostet.

Der Traum vom Multi Cloud Management

Vieles von dem, was Unternehmen bezüglich ihrer Multi-Cloud-Strategie kommunizieren, geht mit Fug und Recht als Fake News durch. Etwa der oft zitierte Multi-Cloud-"Vorteil", der Zugang zu mehreren, verschiedenen Cloud-Instanzen erschließe Unternehmen in Preisverhandlungen eine bessere Position. In der Realität ist diese Vorgehensweise oft nur ein ziemlich sicherer Weg in ein Cloud-Kosten-Labyrinth. Überblick? Wird ohnehin überschätzt. Das ist jedoch nicht der einzige Umstand, der in diesem Zusammenhang für massive "Facepalms" sorgen sollte. Oder empfinden Sie den Gedankengang "Eine Cloud zu managen ist schon schwer - wenn weitere Instanzen dazu kommen, wird es sicher leichter und günstiger" nicht auch als ein wenig bizarr?

Wie Steve Chambers, Chief Operating Officer von Cloudsoft, in einem Fachartikel nahelegt, sei es eine indiskutable Tatsache, dass Cloud-Expertise - schon wenn es nur um eine Instanz geht - absolut unabdingbar ist. Dafür müsse in erfahrene Fachkräfte, entsprechende Schulungen, Prozesse, Tools und Technologien investiert werden. Dabei erweisen sich im Regelfall einige Menschen als absolut Cloud-inkompatibel. Deswegen sollten Sie nach Meinung des Experten damit rechnen, dass:

  • mit jeder zusätzlichen Cloud-Instanz die Gemeinkosten erheblich steigen.

  • bei einer Vielzahl von Instanzen die "Experience" jeder einzelnen Cloud ein Stück geschmälert wird.

Diese geschmälerte Cloud Experience und die steigenden Kosten werden letztendlich dazu führen, dass genau die Vorteile, die Unternehmen mit der CloudCloud erschließen wollen - nämlich Agilität und Innovationskraft - zunichte gemacht werden. Alles zu Cloud Computing auf CIO.de

Da Sie nun sicher schon freudig die "Vendor Lock-in"-Keule hervorgeholt haben, folgt an dieser Stelle der Verweis auf die Cloud-Koryphäe Derek Martin. Er weiß aus Erfahrung, dass der vielbeschworene "Vendor Lock-in" in der Realität eher einem Mythos gleicht, wie er in einem Blogbeitrag beschreibt: "Kein Vendor Lock-in lautet in vielen Fällen das Versprechen. Das C-Level ist von der Idee, Workloads flexibel von einer Cloud in die andere zu hieven, begeistert. Das Problem dabei ist nur: In der Realität ist es mit dieser Idee nicht weit her. Wenn Sie das versuchen, werden Sie Zeit, Geld und Daten verlieren."

Multi-Cloud-Strategie sucht Abnehmer?

Dennoch haben auch solche Experten nicht Unrecht, die in Multi-Cloud-Strategien einen gewinnbringenden Ansatz für Großunternehmen sehen. Zumindest wenn es darum geht, bestimmte Clouds für bestimmte Workloads einzusetzen. Wenn Unternehmen Wert auf konsistentes Multi-Cloud-Management legen, müssen sie auf spezielle Funktionen (beispielsweise RDS oder CosmosDB) verzichten, da die Applikationen, die darauf zugreifen, nicht mehr in andere Cloud-Instanzen transferiert werden können. Wenn sie vor dieser Wahl stehen, ist den meisten großen Firmen mehr an den spezialisierten Cloud Services gelegen, als an Cloud-übergreifender Portabilität. Schließlich sind es gerade diese spezifischen Services, die die Agilität und Innovationskraft innerhalb eines Unternehmens vorantreiben können.

Das heißt allerdings nicht notwendigerweise, dass große Unternehmen die Kontrolle über ihre IT abgeben müssen. Stattdessen sollte das Unternehmen aus einer Partnerschaft ein deutliches Plus an Inhouse-Expertise extrahieren und sich möglichst als VIP in der jeweiligen "Spezialcloud" positionieren. Jeder, der schon mit Enterprise Software gearbeitet hat, weiß, dass die Software-Anbieter tendenziell am ehesten denjenigen Kunden Gehör schenken, die am meisten "Commitment" mitbringen. Das muss sich jedoch nicht unbedingt monetär manifestieren: Wie alle Enterprise-IT-Anbieter neigen auch Cloud Provider dazu, Partnerschaften mit den Kunden einzugehen, die ihnen dabei helfen können, ihre eigene Innovationskraft zu stärken und einen möglichst öffentlichkeitswirksamen Use Case zu produzieren.

Multi Cloud klingt vielversprechend, bietet aber vor allem Cloud-Anbietern eine Chance, die üblicherweise nur die zweite Geige spielen. Für diese ist Ihre Multi-Cloud-Strategie eine willkommene Gelegenheit, eine Nischenrolle in Ihrem Cloud Stack zu besetzen. Lassen Sie sich nicht beirren: Großunternehmen, die sich über multiple Cloud-Instanzen hinweg "ausbreiten", werden in ihrer Innovationskraft und unternehmerischen Agilität gehemmt, während die Kosten steigen und das Security-Niveau schwindet. Lassen Sie das mit der Multi-Cloud-Strategie also besser. (fm)

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