Marketing-Tricks

So ziehen Hersteller Sie aufs Glatteis



Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.

4. Die fehlerhafte Rechnung

Manchmal kostet nicht das, was Sie gekauft haben, sondern das, was Sie nicht gekauft haben und trotzdem in Rechnung gestellt bekommen. Allein in der Telekommunikations-Branche finden nach Angaben der Aberdeen-Markforscher sieben bis zwölf Prozent aller Buchungen zu Unrecht statt. Es hat sich bereits eine ganze IndustrieIndustrie gebildet, die Fehlern in Telefonrechnungen nachgeht und dafür einen Teil des zurückgeholten Geldes einstreicht. Phil Stone, Director of IT Operations bei einem Netzwerk-Anbieter, berichtet von monatlichen 30.000- bis 50.000-Dollar-Rechnungen eines großen TK-Unternehmens für Netzzugänge und verbrauchte Datenvolumen. Es gab nur ein Problem: Man war lediglich als Telefon- aber nicht als Internetkunde beim Konzern gemeldet. Bis sich nach neun Monaten Ärger herausstellte, dass der falsche Kunde abgerechnet worden war, seien der Firma insgesamt 300.000 Dollar zuviel in Rechnung gestellt worden. Zwei problemlose Monate folgten, dann ging das Spiel von vorne los. Stones Unternehmen hat sich zwischenzeitlich komplett vom Konzern verabschiedet und auch für die Telefongespräche einen anderen Anbieter gewählt. Top-Firmen der Branche Industrie

Manchmal seien die Abrechnungstricks wesentlich subtiler, sagt Stone. Für einige Standleitungen vereinbarte er mit einem weiteren TK-Anbieter einen monatlichen Preis von 3000 Dollar. Als der Anwalt die Verträge vor der Unterzeichnung prüfte, stellte man fest, dass dem Unternehmen 60.000 Dollar pro Jahr in Rechnung gestellt werden sollten - 24.000 mehr als vereinbart. Auf Nachfrage teilte man ihm ausflüchtend mit, dass man doch sicherlich noch weitere Leitungen bestellen wolle - so gut wie sie seien. Logische Folge: Das Geschäft kam überhaupt nicht zustande.

Das Kalkül der Konzerne: Nur einer von zehn Kunden bemerke die fehlerhaften Rechnungen rechtzeitig, so Steve Roderick, CEO des Payment-Dienstleisters GoToBilling. Er rechnet vor: "Von 100 falsch abgerechneten Kunden beschweren sich acht - das macht über 90 Prozent Erfolgswahrscheinlichkeit." Roderick nimmt seine Branche dennoch in Schutz - die meisten rechneten korrekt ab und kalkulierten nicht mit dem unbegrenzten Vertrauen der meisten Kunden. Die wenigen schwarzen Schafe schockierten ihn dafür umso mehr: "Ich kenne Bezahldienste, die Unternehmenskunden 95 Dollar an jährlichen Bearbeitungsgebühren berechnen, obwohl eine derartige Gebühr in keinem Vertrag steht. Sie rechnen 30.000 Kunden auf die Weise ab und warten auf den Aufschrei einiger weniger. Denen verkaufen Sie den Vorgang als fehlerhafte Abbuchung und erstatten das Geld umgehend zurück."

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