Gesellschaft

Strebt nach eurem Werk!

03.09.2013
Von Ferdinand Knauß

Strampeln ohne voran zu kommen

Nach Ansicht Grünewalds haben die Deutschen das "dumpfe Gefu?hl, von dunklen Mächten der Finanzwelt bedroht zu werden. Man fu?hlt sich einem abstrakten Getriebe hilflos ausgeliefert." In diesem Getriebe immer schneller strampeln zu müssen, wie in einem kafkaesken Albtraum - das erschöpft. Und die Krise bleibt trotzdem.

Obwohl Deutschland besser dasteht als je zuvor - Wirtschaftswachstum heißt ja nichts anderes als, dass jedes Jahr ein neuer Produktionsrekord erzielt wird - mahnen doch alle hörbaren Stimmen zu neuen Anstrengungen. Bloß nicht auf den Lorbeeren ausruhen: Noch geht es uns gut, aber die Chinesen … Der globale Wettbewerb schläft nie. Wie eine Horde von Zombies ist er uns dauernd auf den Fersen.

Nicht nur ein paar wachstumskritische Vordenker, sondern vermutlich die meisten Menschen haben eigentlich den Glauben an die hergebrachte Maximierungskultur verloren. Die Gewissheit, dass "Reformen", der aus ihnen folgende nächste Aufschwung und schließlich ewiges Wachstum uns aus der Krise führen werden, ist tot. Umso innbrünstiger muss der Glaube daran beschworen werden. Und die Deutschen sagen sich wie das fleißige Pferd Boxer in George Orwells "Farm der Tiere": "Ich will und werde noch mehr arbeiten."

Unternehmen und Politik befeuern die Flucht in die besinnungslose Betriebsamkeit mit Appellen an die Leistungssteigerung. Besonders deutlich wird das in der Demografie-Politik: Statt nach Wegen zur Lösung des eigentlichen Problems zu suchen und den Menschen mehr Zeit und Sicherheit zu verschaffen für Kinder, wird das Aussterben der Deutschen zu einem Personalproblem der Unternehmen interpretiert - aus dem Ende der Welt, wie wir sie kennen, machen die Effizienzapostel den Popanz des so genannten Fachkräftemangels. Der Lösungsvorschlag lautet: Mehr Menschen, vor allem Frauen, sollen noch mehr arbeiten.

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