Lob der Dummheit

Stupidity Management als Führungsinstrument

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

Dummheit – als zuspitzender Begriff – also eine schlichtweg feine Angelegenheit, aus geschäftlicher Warte betrachtet? Ganz so simpel ist es dann doch wieder nicht. Die oben angeführten Grundthesen überraschen vielleicht auf den ersten Blick, sind für sich genommen aber nichts Besonderes. In einem Roman wie Musils „Mann ohne Eigenschaften“ ist der Gegensatz von Wirklichkeits- und Möglichkeitssinn umfassend herausgearbeitet, die Antipoden Tatmensch und Geistesmensch sind uralt. Auch in der von den Autoren ausführlich wiedergegebenen soziologischen und psychologischen Forschung hat das Modell der „Bounded Rationality“ schon einige Jahre auf dem Buckel.

Eigene Erfahrungen und Überlegungen dazu dürfte jeder aus der Arbeitswelt haben. Platt gesagt, dürfte die Vorstellung konsensfähig sein, dass die Lektüre antiker Philosophen einen Fließbandarbeiter mutmaßlich vom Produktivsein abhalten und so betrachtet vom Arbeitgeber eher unerwünscht sein sollte. Alvesson und Spicer nehmen sich als Arbeiter im vermeintlich vergeistigten Wissenschaftsbetrieb aber selbst nicht von ihrer These aus: Als Forscher sei man zur Steigerung des „Marktwertes“ in der Community häufig mit einer eher als engstirnig zu begreifenden Verfertigung von Aufsätzen in Fachjournalen beschäftigt als mit wahrer vergeistigter Durchdringung und Kontemplation.

Stupidity Management gehört in den Werkzeugkasten der Führung

Worin liegt nun also am Ende der Kern der Botschaft? Zwei Elemente sind zentral im Aufsatz der beiden Wissenschaftler. Zum einen proklamieren Alvesson und Spicer, dass „Stupidity Management“ in den Werkzeugkasten erfolgreicher Führung gehört. Man sollte sich insofern als Führungskraft nicht allein darauf verlassen, dass sich die nützlichen Beschränkungen des Geistes und der Kommunikation von selbst einstellen – aktive Steuerung ist gefragt.

Aber nur nicht übertreiben, denn im Grunde ist der Text der beiden Wissenschaftler ein Plädoyer der Balance und des Augenmaßes. Zum anderen betonen Alvesson und Spicer nämlich, dass das Stupidity Management auch zerstörerische Folgen haben könne. Die Unterdrückung und Kontrolle von Zweifel, Selbstzweifel und sich verselbständigender, deshalb unliebsamer Kommunikation könne produktive Ergebnisse zeitigen, indem ein notwendiger Grad an Sicherheit hergestellt werde. Genauso könnten aber Unmut und Störungen heraufbeschworen werden.

Das Ganze gilt wohlgemerkt auf der organisatorischen sowie der individuellen Ebene. Soll heißen: Neben dem auf die FührungFührung der Mitarbeiter bezogenen Stupidity Management gibt es auch ein Self-Stupidity Management, das darauf gerichtet, sich kognitiv zu beschränken und auf seine konkreten Aufgaben zu konzentrieren. Alles zu Führung auf CIO.de

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