Telekommunikationsreform kommt voran

TV-Kosten werden neu geregelt

22.04.2021
Mieter können sich darauf einstellen, dass Kosten für ihren TV-Kabelanschluss in einigen Jahren aus ihrer Nebenkostenabrechnung verschwinden. In einer Gesetzesreform geht es zudem um das Recht auf schnelles Internet, von dem allerdings nur Kunden außerhalb der Großstädte profitieren dürften.

Ob bessere Internetverbindungen auf dem Land oder die Streichung von TV-Kabelverträgen aus den Nebenkosten: Die Bürger in Deutschland können sich auf umfassende Änderungen einstellen. Ziel der Koalition ist es, Deutschland in Sachen Internet voranzubringen. Es geht um eine weitreichende Reform des Telekommunikationsgesetzes. Diese nahm am Mittwoch eine wichtige Hürde: Der Wirtschaftsausschuss des Bundestags stimmte zu. Am Donnerstag kommt der Gesetzestext ins Plenum, wo die bisherigen Vorgaben bestätigt werden dürften. Dann ist noch der Bundesrat am Zug. Ein Überblick über die wichtigsten Eckpfeiler des Mammutvorhabens:

Recht auf schnelles Internet

Man mag es kaum glauben, aber nach geltendem Recht hat jeder Bürger nur Anspruch auf einen Internetzugang daheim mit 56-Kbit-Schneckentempo. Dieses Mindesttempo soll deutlich angehoben werden - von einem "Recht auf schnelles Internet" ist die Rede. Es soll Vorgaben geben zum Download, Upload und zur Latenz - also zur Reaktionszeit. Die Freudensprünge hierüber dürften aber nicht allzu hoch ausfallen. Denn die geplante Download-Untergrenze liegt wohl nur im knapp zweistelligen Megabit-pro-Sekunde-Bereich. Wie hoch genau, das muss noch berechnet werden. Klar ist aber, dass die Vorgaben nur auf dem Land oder am Stadtrand relevant sind. In größeren Städten gibt es schon ein Angebot an mehr oder minder schnellen Verbindungen.

Wer also in einem Haus nur Kriechtempo-Internet bekommt, kann sich dem Gesetzesvorhaben zufolge ab Juni 2022 bei der Bundesnetzagentur beschweren. Die Behörde würde die Lage prüfen und gegebenenfalls einen Anbieter mit der Verlegung von Leitungen beauftragen. Die Kosten hierfür würden aus einem Finanztopf beglichen, der von Telekommunikationsunternehmen gefüllt werden muss.

Auch Anbieter wie Whatsapp, deren Dienste Konkurrenz zur Sprachtelefonie sind, könnten zur Beteiligung an den Kosten herangezogen werden - dies soll die Netzagentur noch entscheiden. Anbieter wie Netflix hingegen sollen nach jetzigem Stand außen vor bleiben - entsprechende Forderungen aus der Telekommunikationsbranche konnten aus europarechtlichen Gründen nicht erfüllt werden.

Die Untergrenzen für das "schnelle Internet" sollen jedes Jahr aktualisiert werden, also steigen - dadurch soll verhindert werden, dass die digitale Kluft zwischen Stadt und Land noch größer wird. Aus Sicht von Kritikern ist das neue Mindestniveau aber viel zu niedrig. Anke Domscheit-Berg von der Linksfraktion spricht sich für 100 Megabit pro Sekunde als Download-Minimum überall in Deutschland aus.

TV-Kosten

Etwa 12,5 Millionen Mieter zahlen in Deutschland TV-Kosten über die Nebenkostenabrechnung. In den meisten Fällen geht es um relativ dicke Fernsehkabel, die auch fürs Internet benutzt werden. Acht bis zehn Euro berechnet der Vermieter dem Mieter für den TV-Anschluss über die Nebenkosten. Das ist bequem und wegen der Sammelverträge relativ günstig für die Fernsehnutzer. Der Nachteil: Eine Wahlmöglichkeit haben die Mieter nicht - sie müssen zahlen, auch wenn sie den Anschluss gar nicht nutzen oder andere Fernsehanbieter bevorzugen.

Nutzer eines Kabelanschlusses sollen von der Gesetzesänderung profitieren.
Nutzer eines Kabelanschlusses sollen von der Gesetzesänderung profitieren.
Foto: Concept Photo - shutterstock.com

Die bisherige "Umlagefähigkeit" ist dem Gesetzesvorhaben zufolge ab Juli 2024 Geschichte. Nur noch ein abgespecktes "Bereitstellungsentgelt" darf dann für maximal fünf Euro im Monat berechnet werden - und dies nur, wenn vorher Glasfaserleitungen verlegt wurden. Dieses Entgelt bezieht sich nur auf die Infrastruktur, separat hierfür müssten die Mieter Einzelverträge mit den Anbietern zum Bezug des TV-Signals abschließen.

Der Reformteil zu den TV-Kosten trifft den Marktführer in diesem Segment, Vodafone. Dessen Sammelverträge zu TV-Kabelanschlüssen dürfen ab Mitte 2024 nicht mehr auf die Mieter umgelegt werden - nur wenn Vodafone neue Glasfaserkabel im Haus verlegt, können diese Kosten allen Mietern als besagtes "Bereitstellungsentgelt" in Rechnung gestellt werden.

Vodafones ärgster Konkurrent, die Deutsche Telekom, ist hingegen Profiteur der Reform. Sie könnte besser Fuß fassen im Fernsehmarkt: Die Mieter könnten dazu neigen, sich einen anderen Anbieter zu holen, wenn die TV-Kosten nicht mehr ganz selbstverständlich in den Mietnebenkosten enthalten sind. Die bisherige Regelung, die von der Telekom als "Nebenkostenprivileg" bemängelt wurde, war für sie ein Klotz am Bein. Bald hat der Bonner Konzern im Wettbewerb mit Vodafone bessere Karten.

Mobilfunk

Alle paar Jahre versteigert die Bundesnetzagentur Frequenzen für die Mobilfunkabdeckung. Die Netzbetreiber verpflichten sich hierbei zur Einhaltung von "Versorgungsauflagen". Erstmals sollen Vorgaben zum Mobilfunkausbau gesetzlich verankert werden: Alle Nutzer sollen "möglichst" bis zum Jahr 2026 auf allen Straßen und Schienenstrecken mindestens 4G empfangen können - und zwar "durchgehend und unterbrechungsfrei". Das muss die Bundesnetzagentur gewährleisten. Das Wort "möglichst" bringt hier allerdings eine Unschärfe ins Gesetz - das könnte zu einer Verzögerung der Einhaltung führen, die gesetzlich noch gedeckt wäre.

Insgesamt sind solche Vorgaben härter gefasst als in den Auflagen der Bundesnetzagentur: Fährt ein Verbraucher von einer Funkzelle in die nächste, darf die Verbindung nicht unterbrochen werden. So etwas auszuschließen ist technisch anspruchsvoll, auch weil die Netzbetreiber für ihre Basisstationen, die sie teilweise gemeinsam nutzen, Technik von unterschiedlichen Zulieferern nutzen. Und dass nun auch Kreisstraßen genannt werden, macht deutlich: Es ist das komplette Straßennetz gemeint.

Aus Reihen von Netzbetreibern ist Unmut zu hören - es wird darauf verwiesen, dass man ohnehin schon auf Kooperationen untereinander setze und die Flächendeckung wesentlich verbessert habe. Vertreter der großen Koalition sind hingegen zufrieden: "Der Mobilfunkausbau bekommt neue Spielregeln und die Bundesnetzagentur einen deutlich klareren Regulierungsauftrag", sagt der CSU-Bundestagsabgeordnete Ulrich Lange. Der "Instrumentenkasten der Bundesnetzagentur" werde erweitert. "Notfalls kann auch zum gemeinsamen Netzausbau in ländlichen Regionen verpflichtet werden." (dpa/ad)

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