Strategien


Künstliche Intelligenz

Unternehmen gehen KI-Projekte zu technisch an

Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
In der künstlichen Intelligenz sehen Experten einen Treiber der Digitalisierung. Doch in der Praxis zeigt sich, dass statt dem wirtschaftlichen Nutzen oft technische Aspekte im Vordergrund stehen.

"Jeder Prozess und jedes User Interface muss künftig AI-enabled sein", forderte Frank RiemenspergerFrank Riemensperger auf dem Big-Data- und AI Summit des Branchenverbands Bitkom. "Die Einstiegshürde für die künstliche Intelligenz ist niedrig", ermutigte der Vorsitzende der Accenture-Ländergruppe Deutschland, Österreich und Schweiz die rund 1200 Teilnehmer. Unternehmen könnten heute ohne größere Vorabinvestitionen etwa mit Googles TensorFlow-Framework in das Thema einsteigen. Profil von Frank Riemensperger im CIO-Netzwerk

Künstliche Intelligenz: Algorithmen reichen nicht, um Projekte auch wirtschaftlich erfolgreich zu gestalten.
Künstliche Intelligenz: Algorithmen reichen nicht, um Projekte auch wirtschaftlich erfolgreich zu gestalten.
Foto: Phonlamai Photo - shutterstock.com

Derzeit spielt die Musik in Sachen künstliche Intelligenz (KI) allerdings nicht unbedingt in Deutschland. Riemensperger verwies darauf, dass China im internationalen Vergleich am meisten in KI-Initiativen investiere. Deutsche Unternehmen liefen Gefahr, den Anschluss zu verpassen.

"Künstliche Intelligenz wird eine Schlüsselrolle für die deutsche IndustrieIndustrie spielen und die zweite Welle der DigitalisierungDigitalisierung einläuten", prognostizierte Andreas Dengel vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz. Viele sähen darin aber ein rein technisches Thema. Der Wissenschaftler rät Unternehmen, mehr zu experimentieren und sich im ersten Schritt auf Quick Wins zu konzentrieren. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de Top-Firmen der Branche Industrie

Lufthansa: "Beginnen Sie nicht mit KI-Technik"

Wie so oft mangelt es hierzulande weniger an Forschungsaktivitäten als an der praktischen Umsetzung. "Beginnen Sie nicht mit KI-Technik", warnte etwa Marcel Kling, der bei der Lufthansa das Personalisierungsprogramm "smile" leitet. Die Suche nach der "goldenen KI-Methodik" habe schon viele Projekte ins Stocken gebracht. Entscheider sollten stattdessen mit einem konkreten Anwendungsfall und einem klar erkennbaren wirtschaftlichen Nutzen an den Start gehen.

Mit dem Programm "smile", das die Lufthansa bereits seit dem Jahr 2014 verfolgt, ist beispielsweise das Ziel verbunden, die Customer Experience zu verbessern. Dazu müsse man sämtliche Touchpoints nahtlos verbinden, erläuterte Kling. Überall dort, wo im Konzern Kundeninteraktion stattfinde, müsse die gleiche Informationsbasis vorliegen. Heute gebe es im Kundendialog oft Brüche, die nicht selten zu verärgerten Fluggästen führten. Mithilfe von künstlicher Intelligenz will die Lufthansa vor allem individueller auf Kunden eingehen.

Zu den ersten "smile"-Anwendungen gehören beispielsweise personalisierte Flugangebote und individuelle Zusatzdienste. So könnte einem Kunden auf dem Weg zum Terminal etwa zur richtigen Zeit via App ein Platz in der Lounge angeboten werden. Einen Schritt weiter gehen sogenannte "Customer Retention Services". Ein KI-basiertes System soll dabei aus negativen Serviceerlebnissen wie etwa einer Verspätung lernen und dem Fluggast auf Basis seiner individuellen Vorlieben und Präferenzen Kompensationsvorschläge unterbreiten. Das kann eine Flasche Champagner sein oder auch ein Upgrade in eine höhere Klasse.

Natürlich braucht auch ein Programm wie smile eine technische Infrastruktur. Die Lufthansa setzt dazu auf eine Microservices-Architektur. Klings Team sieht sich im Lufthansa-Konzern auch als Dienstleiser, der anderen Bereichen mithilfe von KI "Decision as a Service" für unterschiedliche Kundenszenarien zur Verfügung stellt. Smarte Systeme könnten im Idealfall automatisiert entscheiden, welche Produkte einem Kunden wann und in welcher Form offeriert werden.

Auch bei der Otto GroupOtto Group und der Consorsbank war nicht in erster Linie die Technik Ausgangspunkt von KI-Initiativen. So bietet Otto seinen Kunden beispielsweise aggregierte Produktbewertungen anderer Kunden als Service auf der Website an. Dafür hat das Unternehmen ein Machine-Learning-System entwickelt, das komplett auf Open-Source-Software basiert. Die Nürnberger Online-Bank Consorsbank versucht mithilfe von Machine LearningMachine Learning, mehr über ihre Online-Community herauszufinden und beispielsweise die wichtigsten Influencer in Fachdiskussionen zu identifizieren. Top-500-Firmenprofil für Otto Group Alles zu Machine Learning auf CIO.de

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