Innovationen

Vergesst das nächste große Management-Ding!

09.03.2015
Von Ferdinand Knauß

Beängstigendes Dogma

Jill Lepore, Harvard-Professorin und neuer Stern der amerikanischen Geisteswissenschaften, hat das Dogma der zerstörerischen Innovation mit einem einzigen Essay im "New Yorker" in die Luft gejagt. Lepore zeigt, dass Christensen ein lausiger Unternehmenshistoriker ist: Die Firmen nämlich, die angeblich zugrunde gingen - amerikanische Diskettenlaufwerkhersteller - existierten meist in leicht veränderter Form erfolgreich weiter, und die angeblich zerstörerischen Innovatoren waren oft nach einiger Zeit selbst zerstört.

Lepore versucht nicht, ein eigenes neues Dogma an Stelle des zerstörten Christensenschen zu platzieren. Sie ist eben keine Management-Autorin, sondern Historikerin.

Wie es sich für gute Geisteswissenschaftler gehört, geht Lepore kritisch der Idee auf den Grund, die durch Christensen und andere Ökonomen in die Köpfe der lesenden Manager gepflanzt wurde: "Die Idee der Innovation ist die Idee des Fortschritts ohne die Hoffnungen der Aufklärung, sauber geschrubbt von den Schrecken des 20. Jahrhunderts, und befreit von seinen Kritikern. Disruptive Innovation geht weiter, sie ersetzt die Hoffnung auf Erlösung durch die Verdammnis, die es benennt: Zerstöre und du wirst gerettet sein."

Christensens Dogma hat, so entlarvt Lepore, vor allem einen Zweck: Es macht Angst. Angst, zerrissen zu werden von fremden Innovationen. Es taugt dadurch als Peitsche in der Hand derjenigen, die ein Interesse daran haben, zum Innovieren anzutreiben.

Der fruchtbare Boden, auf den Christensens Buch fiel, ist kein Indiz dafür, wie innovativ unsere Gesellschaft ist. Sondern dafür, wie wachsend die Nachfrage nach Innovation ist und wie schrumpfend das Angebot.

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