Strategien


Versunkene Kosten

Wann CIOs ein Projekt beenden sollten

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

Die Botschaft für den CIO sollte schon jetzt klar sein. Manchmal wäre es klüger, auf das beharrliche, aber vergebliche Aufbessern eines suboptimalen Systems zu verzichten und eine neue, funktionierende Lösung anzuschaffen. Oder ein schlingerndes Projekt schlicht zu beenden, statt ewig weiter auf Besserung zu hoffen.

Psychologisches Problem

In der Wirtschaftswissenschaft ist diese Lehre im Konzept der „sunk costs“ enthalten. Bei den versunkenen Kosten handelt es sich um Ausgaben, die getätigt und damit unwiederbringlich verbraucht sind und deshalb in einem ökonomischen Kalkül schlichtweg keine Rolle mehr spielen.

Wenn beispielsweise an einem wirtschaftlichen Verkehrskonzept gefeilt wird, braucht man vergangene Ausgaben fürs Straßennetz nicht mehr zu berücksichtigen. Das ist über Jahrzehnte entstanden, war teuer und erfüllt sicher nicht alle heutigen Erwartungen – aber es ist da und die Kosten dafür sind nicht zurückzubekommen.

Soweit dürfte die Theorie auch jeder CIO kennen. In der Praxis ist das Problem indes kein ökonomisches, sondern ein psychologisches: Nützlich wird das Erkennen von „sunk costs“ just dann, wenn man getätigte Investitionen als verloren erkennt und eine neue Kosten-Nutzen-Rechnung ohne jene „versunkenen“ Kosten macht. Dabei müsste man aber zugeben, dass sich vergangene Entscheidungen als falsch entpuppt haben.

An dieser Stelle hakt Enderle ein. „Ob die ursprüngliche Entscheidung zum Kauf einer Technologie klug war oder nicht: Die Technologie wird möglicherweise obsolet sein, oder ihr Aufmöbeln kostet mehr, als sie wert ist – vor allem dann, wenn man sie mit einer geeigneteren Alternative vergleicht“, schreibt Enderle. „Weil wir aber Angst haben, die frühere Entscheidung könnte als Fehler erscheinen, oder weil wir uns zu sehr auf das Beheben eines Problems fokussieren, verpassen wir es, den notwendigen Schritt zurück zu machen, durchzuschnaufen und die Kosten und Nutzen des Herumschraubens an einer Lösung mit jenen einer Neuanschaffung zu vergleichen.“

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