Distributed Ledger

Wann lohnt sich der Einsatz einer Blockchain?

Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Wie die Notenbank von Boston Blockchain testet

Zu den Blockchain-Nutzern der ersten Stunde gehört die traditionell eher konservative Federal Reserve Bank of Boston. Schon 2016 begannen die Notenbanker damit, die Blockchain-Plattform Ethereum zu testen, später wechselten sie auf Hyperledger Fabric. Wie Paul Brassill, Vice President of IT, berichtet, investiert das Institut dabei durchaus größere Summen. Ein Ziel sei es herauszufinden, wie sich Blockchain-Technologie nicht nur im nationalen Banking-Sektor sondern auch in der globalen Finanzbranche auswirkt.

Paul Brassill, IT-Chef der Federal Reserve Bank of Boston, erforscht die Auswirkungen der Blockchain auf die Finanzbranche.
Paul Brassill, IT-Chef der Federal Reserve Bank of Boston, erforscht die Auswirkungen der Blockchain auf die Finanzbranche.
Foto: IDG

"Wenn der private Sektor dabei besser vorankommt als die Bostoner Fed, haben wir Nachholbedarf", so Brassill. Zu den ersten "Learnings" in Sachen Blockchain habe gehört, dass den hauseigenen Entwicklern grundlegende Kenntnisse der Technik fehlten. Also habe man angefangen, die ITler in Eigenregie weiterzubilden. Zu den Lehrmitteln gehörten auch Youtube-Videos. Besonders hilfreich war laut dem Manager ein von IBM produziertes Tutorial, das die Entwicklung einer Blockchain mithilfe des Hyperledger Composer erklärt.

Wie etliche andere Pioniere nutzte auch die Notenbank von Boston für die ersten Gehversuche in Sachen Blockchain Dienste aus der Cloud. So griffen die Entwickler etwa auf Amazon Web Services (AWS) zurück, um Linux-basierte virtuelle Maschinen einzurichten und auf dieser Basis mit Ethereum zu experimentieren. Wertvolle Erkenntnisse habe der Austausch mit Experten der Bank of England gebracht, erläutert IT-Manager Brassill. Die Briten untersuchen unter anderem, wie sich der Interbanken-Handel über eine geschlossene Blockchain auf der Basis von Hyperledger organisieren ließe.

Finanzbranche rechnet fest mit der Blockchain

Die Finanzbranche knüpft generell hohe Erwartungen an die Blockchain. Laut einer aktuellen Umfrage von Infosys Finacle erwarten mehr als 80 Prozent der Finanzexperten weltweit einen kommerziellen Blockchain-Einsatz bis 2020. Bereits im laufenden Jahr investiert demnach mehr als die Hälfte der internationalen Finanzinstitute in die Technik oder plant entsprechende Initiativen. Durchschnittlich investierten die Unternehmen dabei etwa eine Million Dollar in Blockchain-Vorhaben. Getrieben würden solche Projekte mehrheitlich von CTOs und CIOs.

Der amerikanische Finanzdienstleister Northern Trust startete bereits 2017 ein kommerzielles Blockchain-Netzwerk auf Basis von Hyperledger Fabric. Das Management wollte damit die Verwaltung eines großen Private-Equity-Fonds vereinfachen. Die Blockchain ermöglicht den Beteiligten den Austausch von Dokumenten in Echtzeit. Mithilfe von Smart Contracts gelang es dem Unternehmen unter anderem, Genehmigungsprozesse deutlich zu verschlanken.

Forrester-Expertin Bennett hebt den konkreten Nutzen dieser Implementierung hervor: "Statt drei Wochen dauert es jetzt nur noch drei Tage, bis alle Unterlagen für eine Private-Equity-Transaktion vorliegen." Northern Trust habe es sogar einem Auditor gestattet, die Transaktionen auf der Blockchain nahezu in Echtzeit zu prüfen. Üblicherweise würden solche Audits erst mit einigem zeitlichen Versatz für abgeschlossene Transaktionen durchgeführt.

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