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Warum auch Google ein Management braucht

Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Ein internes Statistikprojekt überzeugte die Hightech-Profis: Auch ein technikgetriebener Konzern kommt nicht allein mit guten Informatikern aus.

Brauchen wir überhaupt Manager?" Diese Frage trieb GoogleGoogle von Anfang an um. Viele Entwickler und kreative Tüftler lehnten Vorgesetzte, die sie kontrollierten und "von der Arbeit abhielten", rundheraus ab. Selbst die Gründer Larry Page und Sergey Brin dachten eine Zeit lang, sie kämen mit wenigen Führungskräften aus, und experimentierten 2002 mit ungewöhnlich flachen Hierarchien. Ihre Motive klangen einleuchtend. Sie wollten die kreative Arbeitsatmosphäre, die sie aus ihren Universitätstagen kannten, ins Unternehmen übertragen. Doch eine rasant wachsende Firma funktioniert nicht wie ein Forschungslabor. Page und Brin mussten schnell erkennen, dass Mitarbeiter keineswegs nur mit brillanten Ideen zu ihnen kamen, sondern auch mit lästigem Verwaltungskram. Auch in persönlichen Konflikten mit Kollegen suchten sie den Rat der Gründer. Alles zu Google auf CIO.de

Führungskräfte sind also doch für etwas zu gebrauchen - das wurde Page und Brin dann recht schnell klar. Sie übernehmen wichtige organisatorische Aufgaben, vereinbaren Ziele mit ihrem Team und steuern deren Umsetzung. Doch manche Manager arbeiten trotzdem besser als andere; auch bei Google gab es Stars und Nieten. Das zeigten die hausinternen Beurteilungen. Die Frage lautete also: Was zeichnet einen guten Chef aus, und worin unterscheidet er sich von einem schlechten? Mindestens genauso wichtig war eine andere Frage, die Google umtrieb: Wie lassen sich hochqualifizierte Informatiker und Ingenieure davon überzeugen, dass es ohne ein Management nicht geht?

Google beschäftigt zahlreiche hochqualifizierte Informatiker und Ingenieure. Diese von den Vorteilen guter Führungskräfte zu überzeugen ist nicht immer ganz einfach.
Google beschäftigt zahlreiche hochqualifizierte Informatiker und Ingenieure. Diese von den Vorteilen guter Führungskräfte zu überzeugen ist nicht immer ganz einfach.
Foto: Google

Auf diese Fragen suchte der kalifornische Suchmaschinengigant Antworten. Das "Projekt Oxygen" sollte Lösungen liefern. Hinter dem kryptischen Titel verbarg sich ein groß angelegtes hausinternes Forschungsprojekt. Wie es dem Konzern dann schließlich gelang, seine Techies und Nerds von den Vorteilen guter Führungskräfte zu überzeugen, beschreibt David Garvin, Professor an der Harvard Business School, in einem Artikel für das Magazin "Harvard Business Review" ausführlich.

Daten - Googles Lebenselixier

Googles Geschäftsmodell und Lebenselixier sind die Daten seiner Nutzer. Damit verdient der Konzern viel Geld. Auch über die eigene Belegschaft sammelt Google in zahlreichen Befragungen regelmäßig viele Megabytes. Der 2006 neu ins Unternehmen gekommene Personalchef Laszlo Bock setzte für die Suche nach dem perfekten Manager ebenfalls auf Daten, beispielsweise die regelmäßige Befragung der Mitarbeiter, den "Google-Geist" oder 360-Grad-Feedbackrunden. Leistungsbeurteilungen sowie Zielvereinbarungen zählten bald zum Standard-Repertoire der Personalabteilung. Diese gesammelten Daten sollten Experten systematisch auswerten.

Zunächst sichtete das Team Gesprächsprotokolle von Mitarbeitern, die das Unternehmen verlassen hatten. Allerdings fanden sie keinen klaren Zusammenhang zwischen einer schlecht bewerteten Führungskraft und der Kündigung des Angestellten. Als Nächstes analysierten die Experten die Befragungen der Personaler. Außerdem ergänzten extra für das Projekt Oxygen geführte Interviews die Datenbasis.

Mit dieser aufwendigen und umfangreichen statistischen Maschinerie erreichte das Team zwei Ziele, nämlich Glaubwürdigkeit gegenüber den Googlern und stichhaltige Ergebnisse. Selbst eingefleischte Skeptiker bei Google konnten die Methode nicht anzweifeln, denn die Daten stammten aus dem eigenen Haus, und analysiert wurden sie von ausgewiesenen Experten.

Gute Chefs machen den Unterschied

Beruhigend für das Analyseteam und die Führungsriege von Google war, dass die Auswerter ihre eigene Hypothese widerlegen konnten: Gute Manager machen tatsächlich einen Unterschied und sind keineswegs überflüssig. Zwar erklärt David Garvin nicht den gewählten Projekttitel "Oxygen", doch das Ergebnis suggeriert, dass gute Führungskräfte eine ähnlich wichtige Funktion für Unternehmen erfüllen wie Sauerstoff für einen Organismus.

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