Die "dritte" Cloud

Warum Subscription-Geschäftsmodelle SaaS brauchen

Jean-Michel Cagin ist Senior Partner bei Roland Berger.

Michael Mansard ist Principal Business Transformation & Innovation bei Zuora.

Unternehmen, die Subscription-Economy-Geschäftsmodelle anbieten, benötigen auch intern andere Lösungen, um diese abbilden zu können. Klassische CRM- und ERP-Systeme sind hier überfordert.

Die neuen E-Scooter, die seit einigen Monaten in allen deutschen Großstädten unterwegs sind, verdeutlichen die Richtung, in die sich viele Geschäftsmodelle heute entwickeln: Kaum jemand kauft einen solchen E-Scooter; stattdessen werden sie im Verleih betrieben, und der Kunde zahlt ganz flexibel die tatsächliche Nutzung. Auch wenn die Sinnhaftigkeit dieser neuen Transportmittel umstritten ist, zeigen sie doch die generelle Einstellung vieler Verbraucher. Statt etwas zu besitzen, nutzen sie es lieber.

Technologien wie Cloud und IoT ermöglichen neue Geschäftsmodelle wie die des E-Scooter-Verleihers Lime.
Technologien wie Cloud und IoT ermöglichen neue Geschäftsmodelle wie die des E-Scooter-Verleihers Lime.
Foto: hanohiki - shutterstock.com

Technologie macht neue Geschäftsmodelle erst möglich

Es ist wohl kaum davon auszugehen, dass in den vergangenen Jahren ein grundlegendes Umdenken in den Köpfen der Menschen stattgefunden hat, das jetzt für den Boom der Subscription Economy verantwortlich ist. Vielmehr sind die technologischen Grundlagen für flexible Geschäftsmodelle erst in den letzten Jahren entstanden. Cloud-Lösungen, Künstliche Intelligenz, Blockchain, die ständige Verfügbarkeit des mobilen Internets und das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) sind die wesentlichen technologischen "Enabler", die viele Geschäftsmodelle aktuell grundlegend umkrempeln.

Unternehmen sollten darauf hinarbeiten, innerhalb von fünf Jahren 20 Prozent ihres Umsatzes mit wiederkehrenden Umsätzen durch "As-a-Service" Lösungen für Devices und Services zu generieren.
Unternehmen sollten darauf hinarbeiten, innerhalb von fünf Jahren 20 Prozent ihres Umsatzes mit wiederkehrenden Umsätzen durch "As-a-Service" Lösungen für Devices und Services zu generieren.
Foto: Roland Berger

In der Subscription Economy erfolgt die Monetarisierung über digitale Zusatz-Services, flexible Abonnement- oder Pay-per-Use-Modelle. Dadurch ergeben sich neben neuen Umsatzmöglichkeiten auch weitere Vorteile: Die Anbieter solcher Modelle können die Nutzung ihrer Produkte durch den Anwender viel genauer analysieren und so exakt an die Kundenbedürfnisse anpassen. Kundenorientierung hat sich vermutlich fast jedes Unternehmen auch in der Vergangenheit auf die Fahnen geschrieben. Aber mit den neuen Möglichkeiten lässt sich diese erstmals tatsächlich umsetzen.

Auch für den B2B-Bereich

Modelle der Subscription Economy sind aber nicht nur für Angebote an den Endverbraucher interessant. Im B2B-Bereich wurden in den vergangenen Jahren in fast jedem Unternehmen Programme zur digitalen Transformation ins Leben gerufen. Das Industrial Internet of Things (IIoT) und Industrie 4.0 sind hier die wesentlichen Trends. In vielen Fällen ermöglicht die Subscription Economy hier zumindest Ergänzungen zum bisherigen Geschäftsmodell.

Ein typisches Beispiel ist die vorausschauende Instandhaltung, neudeutsch Predictive Maintenance, bei der durch Online-Auswertung von Daten etwa aus Maschinen und Anlagen eine zielgerichtete Wartung durchgeführt werden kann und somit Ausfallzeiten minimiert werden. Prognosen gehen davon aus, dass dieser Markt bis 2022 auf bis zu elf Milliarden Dollar pro Jahr wachsen wird. Wie erfolgreich Unternehmen sein können, die ihre Geschäftsmodelle in Richtung flexibler Abonnement- und Pay-per-Use-Modelle weiterentwickeln, deutet der regelmäßig erhobene Subscription Economy Index an: Unternehmen der Subscription Economy weisen im Vergleich zum Standard&Poor's-Index in den vergangenen Jahren im Schnitt ein fünf- bis neunmal größeres Wachstum auf.

Die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle im Zeitalter von Industrie 4.0 ist allerdings eine komplexe Aufgabe. Da es um materielle Güter geht, lassen sich die Lösungsansätze der Software- und Medien-Branche nicht Eins zu Eins übertragen. Es gibt aber zahlreiche Beispiele von Unternehmen, die entsprechende Geschäftsmodelle bereits erfolgreich umsetzen.

So bietet etwa Schneider Electric mit seinem EcoStruxure Facility Advisor eine Anwendung, die Gebäude-Eigentümer oder -Betreiber dabei unterstützt, die Energieeffizienz von kleinen bis mittelgroßen Gebäuden zu verbessern, den reibungslosen Betrieb zu gewährleisten und die Betriebs- und Wartungskosten zu optimieren. Der Facility Advisor arbeitet mit einer Cloud-basierten Software, die in Echtzeit auf Daten in den Gebäuden zugreift und diese mit Hilfe moderner Analysemethoden auswertet. Das System ist im Abonnement erhältlich, arbeitet sowohl mit neuer als auch existierender Hardware und ist herstellerunabhängig.

Ein weiteres Beispiel ist der intelligente Luftfiltermonitor Senzit, den der Filterspezialist Mann+Hummel anbietet. Dieser kommt beispielsweise in Land- oder Baumaschinen zum Einsatz und misst den Status von Luftfiltern in Echtzeit. Die Nutzer erhalten alle servicerelevanten Informationen per App und sparen so erheblich Zeit und Kosten bei der Wartung. Der Luftfilter meldet sich, bevor ein Service erforderlich ist und hilft so dabei, die Wartungseinsätze optimal zu planen. Über die App sind alle relevanten Informationen, wie Beladungsstatus oder Reststandzeit des Filterelements, verfügbar. Senzit ermittelt diese Daten mit einer Vielzahl von Sensoren, die Fahrzeugdaten und Umgebungsbedingungen messen.

Zusätzlich ist eine Ortungsfunktion integriert, die dem Nutzer genau zeigt, wann das Fahrzeug wo und wie lange im Einsatz war. Auch dieses Geschäftsmodell basiert auf dem Prinzip wiederkehrender Umsätze. Der smarte Sensor wird verkauft und beinhaltet eine kostenlose Lizenz der App für 45 Tage. Im Anschluss kann der Kunde den kostenpflichtigen Premium-Dienst verwenden oder aber eine kostenlose Version (Freemium) mit eingeschränktem Funktionsumfang.

In der Medizintechnik bietet Siemens Healthineers ebenfalls Subscription-Modelle an. In der Cloud-basierten Lösung Teamplay können Analysewerte aus bildgebenden Verfahren gemeinsam genutzt werden. Das Erstellen einer Diagnose aus einem Bild erfordert neben der medizinischen Ausbildung auch viel Erfahrung. Eine Online-Diagnoseunterstützung kann hier einen deutlichen Fortschritt bei der Qualität und Zuverlässigkeit von Diagnosen bedeuten. Eine Online-Zusammenarbeit und der Austausch von Diagnosedaten sind technisch einfach möglich, wobei eine sichere Umgebung mit hohen Datenschutz- und Sicherheitsstandards im sensiblen Bereich der Patientendaten selbstverständlich ist.

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