Strategien


Innovationsmanagement

Warum Unternehmen Angst vor Kunden haben

05.07.2018
Von Ulrich Groothuis

Zehn Monate dauerte es vom Telefonanruf der italienischen Kunden bis zum Prototyp. Eingeführt wird der innovative Klebstoff voraussichtlich Anfang 2013. Bei 3M sind sich die Verkaufsstrategen einig, dass durch die Veredelung des ursprünglichen Klebstoffs auch die Nachfrage in diesem speziellen Segment weiter anziehen wird.

Der Kunde muss mitdiskutieren dürfen

"Die Idee ist der embryonale Zustand eines zukünftigen Produktes", betont Stephan Rahn, bei 3M in Neuss verantwortlich für das Innovationsmanagement. Dass die Kunden dabei ein gewichtiges Wort mitreden, ist ausgemachte Sache. In weltweit 30 sogenannten Customer Technical Center können sie mit Forschern diskutieren und sagen, was sie wie verbessern würden. Diese Zentren sind somit eine Art Umschlagplatz für Ideen. "Rund 80 Prozent unserer Innovationen stammen aus den Dialogen mit Kunden", betont Rahn.

Allein ins Neusser Customer Technical Center, mit rund 300 Wissenschaftlern und Technikern aus 14 Nationen das größte 3M-Labor in Europa, pilgern jährlich rund 7.000 Besucher. Dort testen und bewerten sie die neuen Produkte.

Kritische Kunden

Dem Urteil einer solchen Kundenjury mussten sich auch zehn verschiedene Displayschutzfolien für Laptops stellen. Mit Stiften und Radierern malträtierten die Hobby-Tester die Folien und überprüften sie auf verschiedene Eigenschaften: Wie schnell lösen sich die Folien vom Display? Wie gut lassen sie sich säubern? Sind sie anfällig für Kratzer? Reflektieren sie zu stark? Danach kürten sie ihr favorisiertes Modell. Es gehört heute genauso zur 3M-Produktpalette wie reflektierende Folien für Autokennzeichen und Straßenschilder oder Verschlusssysteme für Windeln. Mehr als 52.000 Produkte sind es mittlerweile, hinter denen weltweit über 26.000 Patente stehen.

Auch der Hausgerätehersteller Miele macht sich mit seinen Innovationen einen Namen. Selbst der verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs lobte das ostwestfälische Familienunternehmen aus Gütersloh für seine Produktentwicklung. Das Erfolgsrezept: "Die Abteilung ist bei uns in den jeweiligen Werken angesiedelt", sagt Markus Miele, Mitglied der Geschäftsführung und Urenkel des Firmengründers Carl Miele, "eine zentrale Entwicklungsabteilung auf der grünen Wiese nebst zentralem F&E-Chef gibt es nicht."

Näher ran an den Endverbraucher

Das Unternehmen ist weltweit in 47 Ländern mit eigenen Vertriebsgesellschaften vertreten. Diese dezentrale Struktur erlaubt es den Länderchefs rund um den Globus, autark über Modellpolitik, Preisgestaltung und Werbung zu entscheiden. Von ihren Endkunden und von den Händlern vor Ort erfahren sie, was gefragt ist - und das fließt in die Produktentwicklung mit ein. So wurde der Raum eines Dampfgarers für asiatische Kunden extra größer ausgelegt, um dort ganze Fische hineinlegen zu können. Das ergebe Sinn, denn mit gekrümmten Meerestieren brächten die Kunden in Asien Krankheiten und Unglück in Verbindung, teilte der Vertriebsaußendienst dem Marketing mit.

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