Führung

Was ist Servant Leadership?

Andrea König schreibt seit 2008 für CIO.de. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit für die CIO-Redaktion sind Themen rund um Karriere, soziale Netzwerke, die Zukunft der Arbeit und Buchtipps für Manager. Die Arbeit als freie Autorin für verschiedene Redaktionen ist mittlerweile kein Vollzeitjob mehr - hauptberuflich arbeitet sie als PR-Beraterin bei einer Hamburger Kommunikationsagentur.
Servant Leader dienen ihrem Umfeld und helfen anderen dabei, zu wachsen. Dieses Führungsverständnis ist nicht nur im agilen Umfeld beliebt.
Was machen Servant Leader anders als klassische Führungskräfte? Lesen Sie, was diesen Führungsstil ausmacht.
Was machen Servant Leader anders als klassische Führungskräfte? Lesen Sie, was diesen Führungsstil ausmacht.
Foto: Jacob Lund - shutterstock.com

Welche Führungsstile gibt es? - Experten unterscheiden verschiedene Theorien und Modelle mit unterschiedlichen Führungsstilen. Ein Führungsstil beschreibt die Grundhaltung einer Führungskraft sowie ihr Verhalten gegenüber MitarbeiterInnen. Eine bekannte Einteilung stammt vom Sozialpsychologe Kurt Lewin, der zwischen den Führungsstilen autoritär, laissez-faire und kooperativ unterschied:

  • Beim autoritären Führungsstil gibt die Führungsperson ihren MitarbeiterInnen Anweisungen, was zu tun ist. Diese haben die Anweisungen zu akzeptieren und auszuführen.

  • Beim Laissez-faire Führungsstil überträgt die Führungskraft Aufgaben auf die MitarbeiterInnen. Vorgesetzte machen klare Zielvorgaben, definieren die erwarteten Arbeitsergebnisse und delegieren die Aufgaben.

  • Dazwischen liegt der kooperative Führungsstil, bei dem Führungskraft und MitarbeiterInnen Verantwortung teilen oder gemeinsam übernehmen.

Ein weiterer Ansatz ist der dienende Führungsstil, der auf den Philosophen Robert Greenleaf zurückgeführt wird. Greenleaf veröffentlichte 1970 den Essay "The Servant as Leader" und schrieb darin, dass ihn Hermann Hesses Erzählung "Die Morgenlandfahrt" auf die Idee des Servant Leaderships gebracht hat. Greenleaf schreibt in seinem Essay: "Der dienende Führer ist zuerst Diener […] Es beginnt mit dem natürlichen Gefühl, dass man dienen will, dass man zuerst dienen will […] Diese Person unterscheidet sich stark von einer Person, die an erster Stelle führen will." Die Grundidee dieses dienenden Führungsverständnisses findet sich bereits bei Friedrich dem Großen. In seinem politischen Testament von 1752 heißt es: "Als Träger der höchsten Staatsgewalt hatte ich die Gelegenheit und die Mittel, mich meinen Mitbürgern nützlich zu erweisen."

Das Führungsverständnis des Servant Leader

Ralf Kruse ist agiler Organisationsentwickler und Geschäftsführer von EnableChange. Sinnvoll findet er Servant Leadership aus den folgenden Gründen: "Menschen müssen von ihrem Tun überzeugt sein, um effektiv zu arbeiten und nachhaltige Ergebnisse für die gesamte Organisation zu erzielen. Beides erreicht man durch Servant Leadership. Wenn ich als Servant Leader agiere, diene ich den Personen in meinem Umfeld und helfe anderen dabei, zu wachsen.

Gleichzeitig erziele ich mit diesem Führungsverständnis nachhaltigere Ergebnisse für die Organisation. Die Menschen sind überzeugt von den Dingen, die sie tun. Wenn ich umgekehrt über formale Anweisungen führe, laufe ich immer Gefahr, dass die beteiligten Menschen nicht überzeugt sind."

Eine formelle Bestätigung zur Ausführung ihrer Rolle benötigen Servant Leader nicht. Sie können laut Kruse durch ihr Handeln FührungFührung übernehmen: "Ein Servant Leader muss keine formelle Autorität besitzen. Es gibt immer auch informelle Führungskräfte, bei denen vieles zusammenläuft. Sie geben anderen Orientierung und die Menschen hören auf Sie." Alles zu Führung auf CIO.de

Doch wie kann man sich selbst zu einem Servant Leader entwickeln und worauf kommt es dabei an? Für Organisationsentwickler Kruse sind dabei zwei Aspekte wichtig: "Zwei Dinge sind für die Entwicklung zum Servant Leader entscheidend: Klarheit über das eigene Selbst sowie die dienende Haltung gegenüber anderen. Besonders die Klarheit über das eigene Selbst haben viele Menschen noch nicht", sagt Kruse. Die folgenden Fragen können dabei helfen, sich und die eigene Rolle zu reflektieren:

  • Blick nach innen: Wie gut ist mein Selbstmanagement? Nach welchen Mustern und Automatismen agiere ich? Was will ich? Wie wirke ich?

  • Dienende Haltung: Wie gucke ich auf das System? Wie agiere ich mit Menschen? Möchte ich anderen dabei helfen, dass sie sich entwickeln?

Die wichtigsten Eigenschaften eines Servant Leaders

Erfolgreiche Servant Leader sind sich der eigenen Stärken und Schwächen bewusst und stellen sich in den Dienst ihrer Umgebung. Kruse beobachtet diese und weitere Kerneigenschaften, die gute Servant Leader ausmachen:

  • Überzeugungskraft: Um als Servant Leader auch ohne Weisungsbefugnis erfolgreich führen zu können, sollte man Beteiligte motivieren und überzeugen können, gewisse Wege gemeinsam einzuschlagen. Auch die Fähigkeit zur Inspiration spielt dabei eine wichtige Rolle.

  • Awareness: Ein Servant Leader benötigt ein gutes Selbstmanagement und sollte seine eigenen Stärken, Schwächen, Werte und Emotionen kennen. Und er sollte diese Bewusstheit über die eigenen Stärken und Schwächen auch anderen vorleben.

  • Konzeptualisierung: Ein Servant Leader braucht Klarheit über die aktuelle und zukünftige Lage, um Anregungen zur Verbesserung geben zu können. Er ist in der Lage, diese Anregungen klar zu benennen.

  • Dienst an der Umgebung: Erfolgreiche Servant Leader stellen sich in den Dienst ihrer Umgebung. Sie verfolgen das Ziel, die Personen aus ihrer Umgebung und ihre Umgebung als Ganzes weiterzuentwickeln.

  • Community Building: Über ihren eigenen Wirkungskreis hinaus schaffen Servant Leader Teamgeist und Räume für Austausch. In dieser Community tauschen sich Gleichgesinnte aus und gehen gemeinsam Themen an.

Servant Leadership am Beispiel Scrum Master

Ein Beispiel für einen Servant Leader ist der Scrum Master. Scrum Master nehmen keine klassische Führungsrolle ein, sondern unterstützen Teams bei der Selbstorganisation. "Ein guter Scrum Master agiert als Servant Leader und braucht das Mandat, auch ohne Personalverantwortung zu führen. Es geht darum, einen Rahmen für andere zu schaffen.

Der Scrum Master muss die Ziele der Gruppe verstehen, um konkret Unterstützung anbieten zu können. Dann füllen alle Beteiligten gemeinsam den Rahmen", sagt Kruse. Er erlebe es in Projekten als sehr erfüllend, wie viel Dynamik und Eigenverantwortung entstehe, wenn man als Scrum Master so einen Raum für Menschen öffne. "Die richtige Ansprache kann einen gewaltigen Unterschied machen", so Kruse.

Doch ein Patentrezept für jede und jeden ist Servant Leadership nicht. "Es gibt Menschen in Organisationen, die gern im Mittelpunkt stehen und gesehen werden möchten. Dann ist Servant Leadership nicht der richtige Führungsstil und die Menschen wollen in der Regel auch nicht so führen", erläutert Kruse. Doch eine klassisch agierende Führungskraft führe gerade in der Wissensarbeit dazu, dass sie zum Flaschenhals wird. "Leistungsfähige Organisationen brauchen Menschen, die die Leute befähigen, statt sie anzuweisen", sagt Kruse.

Auch Studien bestätigen die positiven Effekte von Servant Leadership auf die beteiligten Personen. So zeigen beispielsweise Studiendaten einer Metaanalyse einen positiven Einfluss auf die Jobzufriedenheit der Mitarbeiter. Darüber hinaus kamen WissenschaftlerInnen der Universität Dortmund in einer Studie zum Ergebnis, dass Servant Leadership emotionaler Erschöpfung am Arbeitsplatz entgegenwirkt.

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