WINDOWS XP

Wenig Mehrwert für Profis

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.
Das neue Betriebssytem von Microsoft startet offiziell am 25. Oktober 2001. Vorfreude kommt kaum auf jedenfalls nicht bei europäischen Profi-Anwendern.

SPRECHEN DIE IT-MANAGER vom alten und vom neuen Kontinent über dasselbe Produkt? "Windows XP' ist das wichtigste Ereignis in der PC-Industrie seit zehn Jahren", jubelt Scott Borduin, Chief Technology Officer bei Autodesk. Und Doug Cavit, CIO bei Mc-Afee, setzt noch eins drauf: "XP ist die wichtigste Systemeinführung, die es je bei MicrosoftMicrosoft gegeben hat." Die europäischen Kollegen dagegen grummeln über Preis und Leistung: "Unsere Kunden brauchen keine zusätzlichen Funktionen im NT-Betriebssystem; deshalb wäre eine Preiserhöhung aus der heutigen Sicht völlig unverständlich", beschwert sich Josef Hagler, Geschäftsführer von Porsche Informatik. "Schön bunt, aber ohne jeden Mehrwert", klagt auch Andreas Cwiklinski vom internen System-Management der VW-Tochter Gedas. Sein Resümee: "Ich werde an anderen Aufgaben gemessen als an Gimmicks." Alles zu Microsoft auf CIO.de

Zwei Gründe gibt es für die widersprüchlichen Urteile: Die Amerikaner beziehen sich, erstens, vornehmlich auf die "Home Edition" von XP, die für Heimanwender Vorteile beispielsweise beim Bearbeiten digitaler Fotos bringt; und zweitens: Die Jubel-Anwender Autodesk und Mc-Afee feiern auf der XP-Release-Party am 25. Oktober 2001 ihre Chance auf größere Märkte und Gewinne im Gefolge von XP, während für die europäischen Business-Anwender jetzt schon klar ist, dass sie die Party bezahlen müssen. Dabei quält sie eine böse Vorahnung, was Microsofts Lizenzvereinbarung mit den Kunden angeht: "Die ist derzeit nichts anderes als eine versteckte Mietvereinbarung über drei Jahre. Danach werden die Zähler auf Null gesetzt, und wir dürfen für die nächsten drei Jahre wieder mieten", befürchtet Porsche-Mann Hagler. Deshalb zieht er die Konsequenz und verhält sich -- trotz Microsofts Sonderkonditionen -- konservativ: "Ich bleibe bei NT. Wenn Microsoft in einem Jahr die Wartung einstellt, dann mache ich das eben selbst."

Offiziell verlangt Microsoft auf dem amerikanischen Markt 199 Dollar für ein Update und 299 Dollar für eine Vollversion. Bei Volkswagen prüft man im Augenblick, wie weit die Software-Bauer von diesen Preisvorstellungen abweichen. Dabei scheinen die VW-Leute aber eher enttäuscht vom Nachlass zu sein, mit dem Microsoft das Testen der Beta-Versionen belohnt. Die Ergebnisse waren allerdings gut: XP laufe stabil, anders als die frühen NT-Versionen, heißt es bei der Gedas Ein Mehrwert ist Projekt-Manager Andreas Cwiklinski indes nicht aufgefallen.

Sollte Microsoft bis Ende 2002 XP dennoch häufiger verkaufen als jedes Betriebssystem zuvor, wie es IDCAnalyst Al Gillen prophezeit, dann wird dieser Boom nicht von Deutschland ausgehen -- zumal der Hersteller selbst den IT-Profis dafür keine zwingenden Gründe liefert: "Im Wesentlichen verhält sich das Ding wie Windows 2000", gesteht Alfons Stärk, Leiter des technischen Marketings bei Microsoft. "Für den Heimanwender ist es ein Quantensprung, für die Firmen einfach nur ein sinnvolles Update."

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